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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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gurgelte.
    »Jerry?«, fragte Nicole erschrocken und fasste ihn am Arm.
    Kretchmer zuckte wie unter einem epileptischen Anfall. Schaum erschien vor seinen Lippen. Er verdrehte die Augen und sackte zusammen. Nicole konnte es nicht verhindern.
    In diesem Moment löste sich ein durchsichtiges Schemen aus Kretchmers Körper.
    Nicole prallte zurück. Das Schemen, das entfernt menschliche Formen aufwies, schoss mit irrwitziger Geschwindigkeit in den Nachthimmel. Es verschwand über den Dächern des 14. Wiener Bezirks.
    In den nächsten Minuten galt Nicoles ganze Aufmerksamkeit der Reanimation Jerry Kretchmers. Der Amerikaner atmete nicht mehr.
    ***
    19. Januar 1679, Hofburg Wien:
    Angespornt durch den Engel des Herrn zogen die beiden Mönche nun den dritten Tag durch Wiens Vorstädte, um zu helfen, wo es etwas zu helfen gab. Erst tief in der Nacht ließen sie sich erschöpft auf ihre Strohlager im Kloster Maria Brunn sinken. Als Abraham a Sancta Clara längst schnarchte, lag Franziskus noch immer wach. Er starrte an die Decke des kleinen Zimmers. Gleichzeitig lauschte er in sich hinein. Doch Svantevit unternahm momentan keinerlei Versuch, ihn zu überrumpeln.
    Bruder Franziskus seufzte schwer. Nicht weniger als dreiundzwanzig Menschen hatte sich der Schwarze Tod allein heute geholt, 273 insgesamt. Wenn es Gott gefiel, die Pest auch in der Stadt selbst wüten zu lassen, würden sie viele zehntausend Tote schleppen und begraben müssen. Wien mit seinen rund 150 000 Menschen, die dicht gedrängt innerhalb der Stadtmauern lebten, würde eine einzige riesige Leichengrube werden.
    Plötzlich erfüllte weißes, sanftes, durchscheinendes Licht den Raum. Bruder Franziskus fuhr hoch. Mit pochendem Herzen starrte er in dessen Zentrum in einer der oberen Zimmerecken. Von dort breiteten sich die Strahlenbahnen nach allen Seiten aus und bildeten einen ebenmäßigen Kranz. Gleichzeitig nahm der Mönch einen sphärenhaften Engelsgesang von unbegreiflicher Schönheit wahr. Und aus dem Zentrum des Leuchtens wuchs der Engel des Herrn, den er bereits kannte. Er starrte entzückt in das zeitlos schöne Gesicht, das weder einem Mann noch einer Frau zuzuordnen war und das ihn in vollkommener Güte anlächelte.
    Franziskus hoffte, dass Abraham aufwachte, um dieses wunderbare Erlebnis mit ihm zu teilen, aber der Augustiner tat ihm den Gefallen nicht. Er schnarchte unvermindert weiter.
    »Ich besuche euch, weil ihr dem hunderttausendfachen Sterben Einhalt gebieten müsst«, begann der Engel zu sprechen und seine Stimme klang erneut so wunderbar wie das Zwitschern eines zarten Vögeleins am frühen Morgen. »Ihr allein, die ihr tapfere Streiter des Herrn seid, vermögt dies.«
    »Aber… aber ich dachte, der Herr selbst schickt den Schwarzen Tod, als Strafe für das verderbte Leben der Menschen.« Bruder Franziskus zeigte sich sichtlich verwirrt.
    »Nun, äh… das ist in aller Regel auch richtig«, gab der Engel zurück. »Doch dieses Mal hat eine grausame Hexe die Pestdämonin Labartu beschworen, um die komplette Menschheit auszurotten. Es gelang mir bereits, Labartu in die Hölle zurückzustoßen. Aber die Hexe läuft noch immer frei herum. Ihr müsst sie finden und vernichten.«
    »Ja, wir wollen dies gerne tun. Aber könntest du das nicht viel leichter als wir, Engel des Herrn?«
    »Ja, Mönchlein. Aber mir bleibt keine Zeit mehr. Der Höchste ruft mich an seinen Thron, ich muss euch demnächst verlassen. Seid meines Beistands aber dennoch gewiss.«
    »Du gehst zu… Gott?«, hauchte Franziskus ergriffen.
    »Äh, gewissermaßen, ja.« Der Engel betrachtete angelegentlich seine Fingernägel.
    »Dann richte ihm doch bitte von mir aus, dass ich ihn liebe und niemals wirklich an ihm gezweifelt habe.«
    »Gut, das werde ich tun. Und nun jagt die furchtbare Hexe. Es gibt nur eine Waffe, mit der ihr sie töten könnt. Ahnst du, welche das ist?«
    »Unsere Kreuze und unser tiefer Glaube natürlich.«
    »Beides sind starke Symbole und Quellen großer Kraft. Aber sie würden nicht genügen. Nur Jesus selbst« - der Engel verzog ein wenig das Gesicht, als er den Namen aussprach - »kann die Hexe bezwingen.«
    »Jesus selbst? Wie… wie meinst du das?«
    Der Engel blickte noch eine Spur gütiger drein. »Na wie wohl? Du bist doch sonst nicht so schwer von Begriff, Mönchlein.«
    Ein Leuchten glitt plötzlich über das Gesicht des Zisterziensers. »Aber natürlich. Wie konnte ich nur so begriffsstutzig sein. Ich weiß nun, was wir zu tun haben.«
    »Sehr

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