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0867 - Die Pesthexe von Wien

0867 - Die Pesthexe von Wien

Titel: 0867 - Die Pesthexe von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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mit haarsträubenden Manövern, dem Kampfhubschrauber zu entkommen, der leicht erhöht in seinem Rücken flog. Als der Pilot die Cessna in eine scharfe Linkskurve zog und Richtung UNO-City abdrehte, löste sich die Luft-Luft-Rakete vom Körper der Bell Kiowa. Auf feurigem Schweif raste die Stinger auf die Cessna zu. Präzise schlug sie ein. Das private Kleinflugzeug explodierte in einem riesigen Feuerball. Für einen Moment hing eine zweite Sonne am Himmel über Wien. Trümmer wurden nach allen Seiten davongeschleudert. Sie zogen Rauchfahnen hinter sich her, als sie zum Teil über Stadtgebiet niedergingen. Der Kiowa drehte ab.
    Nicole sackte förmlich in sich zusammen, Totenblässe im Gesicht. Unwillkürlich hielt sie sich an Zamorras Oberarm fest.
    »Er hat's getan. Er hat's tatsächlich getan«, flüsterte sie. »Chéri, die sind wahnsinnig geworden. Total wahnsinnig. Das waren unschuldige Menschen in der Cessna.«
    Der Meister des Übersinnlichen nickte mechanisch. Er biss sich auf die Lippen. Auch ihn ließ dieses furchtbare Ereignis, das dem Verhängnis eine neue Dimension gab, nicht kalt. »Sie sind so panisch, dass sie anfangen, den-Verstand zu verlieren«, gab er zurück, und es klang, als rede er mit sich selber. »Wenn es uns nicht bald gelingt, diese dreimal gottverfluchte Hexe unschädlich zu machen, kommt es hier zur totalen Katastrophe.«
    Sie standen beide am Donaukanal, ganz in der Nähe des Hundertwasserhauses. Die Straßen waren nahezu gespenstisch leer. Ein Kapuzinermönch hatte sie alarmiert, dass die Hexe hier gesehen worden sei. Aber wie schon zum hundertsten Mal in den vergangenen sechs Tagen jagten sie ihr vergeblich hinterher. Wenn die beiden Dämonenjäger ankamen, hatte sie ihr grausiges Werk längst getan und war schon wieder weg. Vielleicht auch nicht. Vielleicht beobachtete sie aus einem sicheren Versteck heraus die hilflosen Aktionen der beiden Franzosen.
    »So vorgeführt habe ich mich noch nie gefühlt«, gestand Nicole ein und aus ihren Augen funkelte die blanke Mordlust. »Dieses Mistvieh macht den Kasper mit uns. Und die Leute hiersterben wie die Fliegen. Weißt du, was ich mit ihr mache, wenn wir sie in die Finger kriegen? Und irgendwann kriegen wir sie, das schwöre ich dir.«
    Seit knapp einer Woche breitete sich die Pest rasend schnell in der österreichischen Hauptstadt aus. Es gab bereits viele tausend Tote zu beklagen. Die Krankenhäuser waren überlastet und ohnehin hilflos. Nur Zamorra konnte helfen. Zwei Tage hatte er damit verbracht, sich unsichtbar in Wiener Hospitäler zu schleichen und dort Befallene zu heilen. Da er dies mit jedem Einzelnen durch Auflegen des Amuletts tun musste, war diese Aktion schnell über seine Kräfte gegangen. Ein paar hundert Menschen hatte er immerhin helfen können, bevor er einen Schwächeanfall erlitt und neben dem Bett eines Patienten im Allgemeinen Krankenhaus entdeckt worden war. In der ganzen Hektik war er aber als Befallener durchgegangen, der sich innerhalb der Isolierstation selbstständig gemacht hatte. Es wurden bereits so viele Pestkranke hier behandelt, dass dem Personal nicht mehr jeder bekannt war.
    Zwei aufgedunsene Leichen schwammen den Donaukanal herab. Gemächlich schaukelten sie auf den leichten Wellen, gebrochene Augen blickten anklagend aus einem tief schwarz verfärbten Gesicht. Zamorra drehte den Kopf weg. Mehr konnte er ohnehin nicht tun. Anblicke wie dieser waren ihm seit einigen Tagen nur zu vertraut. Wie bei den Pestepidemien des Mittelalters lagen die Leichen inzwischen auf der Straße. Niemand kümmerte sich mehr um sie. Das heißt, bis auf die allgegenwärtigen Raben, Katzen, Hunde und Ratten, die sich daran gütlich taten. Aber auch die Tiere kamen mit ihrem grausigen Werk nicht nach. Zu schnell starben die Befallenen. Langsam begann sich unerträglicher Gestank in der Stadt auszubreiten.
    Vorgestern, als die Wiener aus den Nachrichten erfahren hatten, dass es kein Mittel gegen diese unheimliche Seuche gab, waren sie zu Tausenden aus der Stadt geflohen. Zamorra hatte die schlimmen Szenen noch lebhaft vor dem inneren Auge: Autos rasten durch die Straßen, sämtliche Verkehrsregeln missachtend. Es kreischte hässlich, als sie auf Kreuzungen zu Dutzenden ineinanderknallten, sich verkeilten oder gegen Hauswände geschoben wurden. Fußgänger kamen zu Schaden, Brüllen und Hupen mischten sich zu einem grässlichen Stakkato, während weitere Autos und Motorräder in die Schrottberge knallten. Bald waren die

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