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0867 - Die Pesthexe von Wien

0867 - Die Pesthexe von Wien

Titel: 0867 - Die Pesthexe von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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spaßen. Soldaten erschienen. Sie bekamen den Befehl, Abraham a Sancta Clara zu töten, wenn er den Kelch nicht innerhalb von fünf Stunden herbeischaffte.
    Die Tür öffnete sich. Marco d'Aviano trat ein. Der päpstliche Legat, der im Entsatzheer Sobieskis mitgeritten war, hielt einen goldenen Schrein mit gläsernen Sichtlöchern in der Hand.
    Er sah Abraham durchdringend an. »Lieber Bruder«, sagte er schließlich, »ich habe jedes deiner Worte gehört. Ich fürchte mich vor dir. Du bist nicht mehr der, den ich kenne. Nimm diesen Kasten und verschließe den Kelch in ihm. Er ist geweiht, darin wird das dämonische Instrument seine verderbliche Wirkung nicht mehr entfalten können. Vielleicht wird es auch dir wieder besser gehen, wenn der Kelch aus dieser Welt ist.«
    Abraham fügte sich nun trotz seines aufkeimenden Hasses. Aber nicht etwa, weil er größten Respekt vor der Persönlichkeit d'Avianos hatte, sondern weil ihm die Soldateska im Nacken saß. Was glaubten diese kleinen Ratten eigentlich, wer sie waren? Wie konnten sie es wagen, ihm den Kelch wegzunehmen? Nun, er würde ihn sich wiederbeschaffen.
    Abraham führte seine Eskorte in die immer noch rauchende Leopoldstadt. Er holte das Relikt aus einem leeren Kellerraum und schloss es in den Schrein ein. Ein kleiner Triumph blieb dem Augustiner dennoch. Die beiden Landsknechte, die ihn beim Verpacken überwachten, starben zwei Tage darauf unter schrecklichen Schmerzen am Schwarzen Tod.
    Leopold höchstpersönlich deponierte den eingeschlossenen Kelch in einer kleinen, eilends geschaffenen Nische hinter dem Tabernakel der Hofburg-Kapelle. Er atmete auf, als das Werk getan war und betete inbrünstig, dass ihn die Pest nicht doch noch erwischte.
    Die Gefahr eines erneuten Kelchmissbrauches drohte indes von einer ganz anderen Seite. Von einer, die er am wenigsten erwartet hätte.
    ***
    Gegenwart:
    Vassagos Bilder verschwanden. Die Wasseroberfläche in der Schüssel war tatsächlich wieder eine solche.
    Aber was er ihnen gezeigt hatte, war mehr als überraschend.
    »Assi!«, stieß Nicole hervor. »Ich hätte es mir ja denken können, dass der Kerl mal wieder in die Ereignisse verwickelt ist.« Sie konnte ihren hervorbrechenden Zorn kaum zügeln. Der Ex-Teufel von eigenen Gnaden wurde für sie in letzter Zeit immer mehr zum roten Tuch. Richtig leiden können hatte sie ihn ohnehin nie.
    »Hm«, gab Zamorra zurück, »viel erstaunlicher dünkt es mich, dass Kaiser Pferdinand III. und seine dritte Frau, Kaiserin Eleonora Gonzaga von Mantua-Nevers, Ewige waren. Alphas sogar, daran lässt die Übermittlung Vassagos keinen Zweifel. Was, beim entzündeten Rachenzäpfchen der Panzerhornschrexe, hatten Ewige auf dem Habsburger Thron zu suchen?«
    »Keine Ahnung, Chéri. Interessant ist das allemal. Nur, ob's noch in irgendeiner Form von Bedeutung ist, ist eine ganz andere Frage.«
    »Äußerst intelligente Anmerkung«, erwiderte Zamorra grinsend. »Nun weiß ich endlich wieder, warum ich dir so ein horrendes Sekretärinnengehalt zahle.«
    »Mann, Macho, Chauvi, Dummkopf, Erbsenhirn«, fauchte sie ihn an. »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Nichts. Wollte ich nur mal wieder so gesagt haben. Damit es nicht in Vergessenheit gerät. - Auf jeden Fall scheint es wohl so zu sein, dass Asmodis der angeblichen Kaiserin Eleonora alias irgendeinem Alpha ans Leder wollte. Dazu musste aber erstmal die heilige Kreuzpartikel weg, die wohl seine Kreise gestört hat. Damit beauftragte er die Hexe Theresia Maria von Waldstein.«
    »So interpretiere ich Vassagos Bilder auch, also wird's wohl so gewesen sein«, stimmte Nicole ihrem Liebsten zu. »Und damit wird jetzt auch klar, woher die Hexe wusste, was ein Dhyarra ist. Sie hat ihren Papa Pferdinand, wie du ihn so schön nennst, öfters damit herumhantieren sehen.«
    »Ja. Und nun wissen wir auch, warum es zwei heilige Kreuzpartikel gibt. Das echte Teil steckte tatsächlich in den Rippen der Hexe.« Zamorra schüttelte den Kopf. »Ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, wie es die Hexe geschafft hat, ihr Skelett so plastisch auferstehen zu lassen, obwohl sie doch an der Macht der Reliquie nicht vorbeikam. Mechanisch. Sie hat's ganz einfach mechanisch gemacht.«
    Nicole dachte an den toten Amerikaner Jerry Kretchmer, in dem die Hexe wiedergeboren worden war. Theresia Maria hatte die schrille englische Touristin Amber Haggerman, die Jerry mit ihren Avancen verfolgt hatte, hypnotisiert und in die Katakomben unter dem Stephansdom gelockt.

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