0869 - Leichengift
da.«
»Wer?«
»Der Feind!«
Zita, die ein weißes Kleid trug, lächelte breit. »Es gibt keinen Feind für dich«, erklärte sie. »Du bist der Feind für andere. Aber hier gibt es ihn nicht.«
»Doch!« Little blieb bei seiner Meinung. »Ich weiß, daß es einen Feind gibt.«
»Wer soll es sein?«
»Keine Ahnung. Ich habe ihn nicht gesehen. Ich… ich… kenne ihn nicht. Aber ich weiß, daß es ihn gibt. Ich habe ihn gespürt, er ist gefährlich, sogar für mich…«
»Kommt ihr?« Rico Valdez hielt ihnen die Eingangstür auf. »Es wird wirklich Zeit.«
»Natürlich.« Zita nahm wieder die Hand ihres Schützlings und zog ihn auf das Haus zu.
Jim ging mit. Doch immer wieder drehte er sich um. Die neugierigen Zuschauer in den offenen Fenstern kümmerten ihn nicht. Seine Gedanken kreisten einzig und allein um den Feind. Es wurde etwas besser, als er sich im Haus befand, wo ihn wieder ein leichtes heimatliches Gefühl überkam.
Er war wieder zu Hause.
Er roch die Blumen und Gewächse, die in großen Vasen oder Töpfen standen. Der Geruch war ebenfalls mit einer Erinnerung verbunden, und er mischte sich mit dem der Kette.
Auch Särge standen in dem großen Raum. Dunkle, helle, sogar kleine, weiße.
»Wir werden dich wieder dorthin bringen, wo du hergekommen bist. Einverstanden?«
Jim war mit allem einverstanden, was die Frau ihm vorschlug. Sie war ja so gut zu ihm, sie wollte nur sein Bestes, und er zeigte es durch ein Nicken an.
Rico hatte bereits die Tür zum unterkellerten Anbau aufgeschlossen. Die Treppe war nicht lang. Sie endete an einer Tür, die von Valdez ebenfalls aufgestoßen wurde.
Jim Little ging über die Treppe. Er schwankte dabei, aber mit dem Schritt nahm seine Sicherheit zu.
Die Heimat!
Das war sie. Da hatte er lange Zeit verbracht, in einem dunklen Raum, wo die beiden Särge aus Stein standen. Einer war für ihn. Er legte sich hinein. Kein Deckel wurde über ihm geschlossen.
Aber Zita und Rico gingen weg…
***
Wieder allein! Wieder in einem Sarg liegen, aber nicht in diesem engen Gefängnis wie schon einmal. Diesmal war es anders. Diesmal kam nicht die große Angst zurück. Jim Little wußte jetzt, daß es jemand gab, auf die er sich verlassen konnte. Sie standen auf seiner Seite, sie würden ihn schützen.
Er tastete nach der Kette.
Kräfte durchströmten ihn. Eine geheimnisvolle Magie, die in den einzelnen Teilen steckte. Voodoo-Zauber, eingefangen in den Teilen der Fetische, die diese Kette bildeten.
Sie hatte ihm geholfen, sie hatte seine Vergangenheit getilgt und ihn am Leben erhalten. Aber er war auch gestorben. Dieser Gedanke beschäftigte ihn plötzlich. Es war wie ein Druck, der sich immer weiter ausbreitete und ihn zu fassen bekam.
Gestorben, um zu leben.
Dank der Kette, dank der Kraft des Voodoo…
Trommelgeräusche. Dumpf und dröhnend. Sie hallten aus einer unendlichen Ferne durch seinen Kopf. Sie waren da, sie waren Erinnerung. Sie waren auf dem langen Weg nicht verlorengegangen.
Er hörte sie, es paßte zu ihm, denn es war ein Stück seiner Vergangenheit. Sie hatten ihn sich ausgesucht, ihn, einen anderen.
Das Experiment.
Der Tod mit dem Messer und das gleichzeitige Umhängen der Kette. Der Schlaf war lang und tief gewesen. Kaum eine Erinnerung. Nur zwischendurch so etwas wie schattige Flecken, leicht erhellt, mehr nicht. Sein Gesicht war einen bestimmten Weg gegangen, aber nur ein Teil von ihm. Irgend etwas steckte noch in ihm und hatte ihn…
Die Gedanken brachen ab, als hätte sie jemand weggewischt. Ruckartig richtete sich Jim Little auf.
Er öffnete den Mund, er wollte schreien, aber da war eine Kraft, die seine Kehle zuschnürte.
Warum?
Auf einmal wußte er Bescheid.
Die oder der Verfolger war da!
Im Haus - über ihm!
***
»Ein Beerdigungsinstitut.« Suko schüttelte den Kopf, dann nickte er. »Es hätte auch nicht besser passen können, verdammt noch mal. Zudem auf einem Hinterhof, eingehüllt in einen Dunstkreis des Voodoo, das ist ein Hammer.«
Ich schielte ihn an.
Er grinste. »Was ist?«
»Solche Sprüche sind mir neu an dir.«
»Dafür sorgt Shao. Sie soll mir beibringen, mich auch anders auszudrücken. Deshalb liest sie schlaue Bücher.«
»Aha.«
Wir hatten die Einfahrt hinter uns gelassen und standen auf dem Hof, der von Gerüchen erfüllt war, die mich an ein exotisches Land erinnerten. Düfte, fremde Gewürze schwängerten die fast stehende Luft. Immer wieder spürte ich sie nach dem Einatmen auf der Zunge. Die grauen Wolken
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