087 - Gefangen in der Unterwelt
fertiggestellt. Einige Männer und Frauen sahen ihm neugierig zu. Doch die Gespräche drehten sich vor allem um die Warnung der Linken.
Abgu brachte Unga den ersten Pfeil, und Unga fand an ihm nichts auszusetzen. Der junge Mann ging langsam aus dem Lager. Zwanzig Schritte vor einer alten Eiche blieb er stehen. Mit der linken Hand packte er den Bogen und drückte den Pfeil gegen die Sehne. So wie er es bei Sasso gesehen hatte, spannte er nun den Bogen. Dann ließ er den Pfeil los. Der Pfeil flog auf die Eiche zu und bohrte sich tief in die Rinde.
Ein paar Männer und Frauen schrien überrascht auf.
„Laß es mich mal probieren", bat Ranga. Er spannte den Bogen so weit, daß das Holz brach. Wütend warf er den zerbrochenen Bogen auf den Boden.
Unga wußte, daß sie keine Zeit zu verlieren hatten. Pfeil und Bogen waren viel wirksamere Waffen als die Speere. Dem Bogen gehörte die Zukunft. Und er war sicher, daß bei der heute abend stattfindenden Abstimmung die Mehrheit sich für einen Kampf gegen die Linken aussprechen würde.
Ihnen blieb keine andere Wahl. Sie mußten möglichst rasch perfekte Bogenschützen werden. Sonst hatten sie gegen die Linken keine Chance.
Er fertigte verschiedene Bögen an, und einige Jäger halfen ihm dabei. Auch mit den Pfeilen experimentierten sie einige Zeit, bis sie das bestgeeignete Material dafür gefunden hatten.
Unga war der geborene Pfeilschütze. Er ritzte ein Kreuz in den Stamm der alten Eiche und versuchte, es aus verschiedenen Entfernungen zu treffen. Aus fünfzig Schritten Entfernung saß fast jeder Schuß. Als er jedoch aus hundert Schritten Entfernung schoß, traf er nur selten. Oft flog der Pfeil sogar am Baum vorbei. Als es dunkel wurde, gab Unga seine Versuche auf. Mit den anderen ging er ins Lager zurück.
Die Abstimmung verlief so, wie Unga es erwartet hatte. Niemand dachte daran, kampflos den Abri zu verlassen. Lange wurde über die Maßnahmen gesprochen, die getroffen werden mußten. Nie zuvor war der Stamm in einer ähnlichen Lage gewesen, und die Meinungen gingen weit auseinander. An diesem Abend kam der Stamm zu keiner endgültigen Entscheidung. Nur eines stand fest: Alle Männer des Stammes mußten zu Bogenschützen ausgebildet werden.
Am nächsten Tag durchstreifte Unga die Umgebung des Lagers. Er versuchte, sich vorzustellen, wie die Linkshänder angreifen würden. Sie konnten sich nicht unbemerkt nähern. Links lag der Fluß, und rechts befand sich eine Ebene, auf der nur wenige Bäume standen.
Schließlich fand er die Lösung. Sie brauchten nur einige größere Felsbrocken vor das Lager zu rollen. Die Steine würden ihnen Schutz vor den Pfeilen bieten.
Ungas Vorschlag wurde akzeptiert. Drei Tage später lag ein Steinwall um ihr Lager.
Die Männer übten noch immer mit den Bögen. Unga hatte sich zu einem perfekten Schützen entwickelt. Er sah dem bevorstehenden Kampf gelassen entgegen.
Sie hatten zwei Posten aufgestellt, die auf hohe Bäume geklettert waren.
Jeder erwartete, daß die Linkshänder während des Tages angreifen würden. Während der Nacht wagte niemand, das Lager zu verlassen. Da traten unheimliche Geschöpfe die Herrschaft an, vor denen sich alle fürchteten.
Aber vielleicht hatten sich die Linkshänder mit den Geschöpfen der Nacht verbündet? Dieser Gedanke ließ Unga nicht los. Was war, wenn die Linkshänder sie während der Nacht angriffen? Da konnten sie ungehindert das Lager betreten, in die Höhle gelangen und den schlafenden Stamm einfach niedermachen.
Unga unterhielt sich darüber mit Onda. Sie schloß sich seinen Argumenten an.
Es wurde beschlossen, während der Nacht außerhalb des Lagers Feuer zu entfachen. Fünf Männer sollten Wache halten.
Die Scheibe des Mondes war voll. Von den Linkshändern hatten sie nichts gehört. Onda hatte einen mächtigen Zauber veranstaltet und versucht, etwas über die Pläne des Feindes zu erfahren, doch es war ihr nicht gelungen. Sie mußten einen der Linken fangen. Dann erst konnte Onda wirkungsvoll ihren Zauber einsetzen.
Unga hielt mit vier Männern Wache. Außerhalb des Lagers brannten drei Feuer. Immer wieder mußte ein Mann ins Freie und Holz nachlegen.
Es war eine sternenklare Nacht. Der Mond und die Sterne waren den Rechtshändern unheimlich.
Für sie war der glühende Sonnenball heilig.
Nur das Knistern der brennenden Holzscheite war zu hören. Unga fühlte sich unbehaglich. Immer wieder griff er nach seinem Bogen und den Pfeilen. Dabei starrte er angestrengt in die
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