0870 - Die rote Hexe
hier immer geboten.« Zamorra öffnete die Zimmertür und schlüpfte rasch hinaus. Er sah das völlig verwirrte Service-Mädchen, das langsam zum Lift ging.
»Was - was war das eben?«, stieß sie hervor, als sie Zamorra sah.
»Stellen Sie sich einfach vor, es war ein wenig Zauberei.« Er lächelte. »Können Sie mir noch Alleskleber beschaffen? Eine ganze Tube, und so schnell wie möglich. Ein Stück Pappe, so groß wie die Ventilatorabdeckung der Klimaanlage, wäre auch nicht schlecht. Das alles sehr schnell.«
Er steckte ihr noch einen Geldschein zu - seinen letzten. Sie nickte verwirrt und verschwand im Lift.
Zamorra hoffte, dass es nicht zu lange dauerte, bis sie mit dem Gewünschten zurückkam. Er kehrte ins Zimmer zurück.
Er sah das Gitter der Klimaanlage finster an. Ein Gitter ließ sich natürlich nicht einfach so mit aufgemalten Kreidezeichen absichern; die Spalten blieben. Deshalb musste er so etwas wie eine Platte davorkleben.
Das Warten begann.
Vorsichtshalber hielt er Amulett und Dhyarra bereit, um sofort zuschlagen zu können, wenn die Rote in der Zwischenzeit doch hier auftauchte.
»Langsam aber sicher reicht's mir«, murmelte er. »Ich habe keine Lust mehr. Das verdammte Biest muss doch zu vernichten sein. Irgendwie…«
***
Die Rote Hexe musste sich in der weit verzweigten Klimaanlage des Hotels erst einmal orientieren. Da waren so unglaublich viele Schächte und Verbindungen, die zu den einzelnen Zimmern führten. Bei den Suiten gab es auch noch Querverbindungen zu den einzelnen Räumen. Es gab Gemeinschaftseinrichtungen, es gab dies und das.
Sie brauchte daher einige Zeit, um das Zimmer zu finden, in welchem Zamorra sich jetzt befand. Wie viel Zeit, wusste sie nicht. In ihrem augenblicklichen Zustand fehlte ihr jedes Zeitgefühl. Aber dann wurde sie fündig…
***
Das Service-Mädchen brachte tatsächlich den Alleskleber und ein großes Stück Pappe. Zamorra bedankte sich höflich und stellte fest, dass die Rote die Gunst des Augenblicks nicht genutzt hatte. Hastig rückte er den kleinen Tisch unter die Öffnung der Klimaanlage und stieg hinauf.
Er öffnete die Tube und bestrich die einzelnen Lamellen und den Rand so schnell wie eben möglich. Nicole reichte ihm die Pappe an, die er sofort dagegenpresste. Eine, zwei Sekunden warten - dann zog er leicht daran, aber die Pappe hielt tatsächlich. Zamorra lächelte, verschloss die Tube, deren Inhalt halb verbraucht war, und ließ sie einfach fallen. Er hatte zuerst befürchtet, an ein paar Stellen nachkleben zu müssen, aber das erwies sich nun als überflüssig.
Jetzt reichte Nicole ihm die magische Kreide an. »Viel haben wir nicht mehr«, sagte sie. »Das hier ist das letzte Stück.«
»Neue Kreide zu beschaffen und magisch aufzuladen, dürfte ja wohl das Geringste sein. Schade, damit hätte ich das Mädchen gleich mit beauftragen sollen.«
»Mit dem magischen Aufladen?«, lästerte Nicole, während er das nötige Bannzeichen auf die Pappe malte. Hier zumindest kam die Rote jetzt nicht mehr herein.
»Blödsinn! Mit dem Kreidebeschaffen!«, grummelte Zamorra, zupfte vorsichtshalber noch einmal an der Pappe, bekam sie aber nicht los. Zufrieden stieg er vom Tisch, hob die Tube auf und betrachtete wehmütig das jetzt nur noch zwei, drei Zentimeter lange Kreidestück. Für noch ein Bannzeichen reichte es keinesfalls.
»Auf jeden Fall sind wir hier drin jetzt absolut sicher«, sagte er.
Er ließ sich auf das Bett fallen. Im gleichen Moment hörte er, wie etwas von der anderen Seite gegen die Pappe stieß. Und er glaubte einen verwehenden, klagenden Schrei zu hören.
»Sage ich doch. Sicher«, wiederholte er. »Wir sollten uns ein paar Stunden hinlegen und schlafen. Das werden wir brauchen. Morgen - wollte sagen, später - werden wir beide sehr wach sein müssen.«
Nicole nickte.
Sie kuschelte sich an ihn und versuchte ihn auszuziehen, aber Zamorra schob sie vorsichtig auf ihre Betthälfte zurück.
»Nicht heute. Ich sagte schlafen , und genau das meine ich auch. Jedenfalls jetzt.«
»Spielverderber!« Nicole drehte ihm enttäuscht den Rücken zu und schloss die Augen.
***
Zamorra und Nicole schafften es wahrhaftig, sechs Stunden am Stück zu schlafen. Draußen war es bereits hell, als sie verschlafen nacheinander sie das Bad aufsuchten. Beide waren nicht sonderlich erbaut davon, wieder in die Kleidung von gestern schlüpfen zu müssen. Aber das war nun mal nicht zu ändern; ihr »Notgepäck« befand sich nach wie vor in der
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