0870 - Die rote Hexe
verlassenen Suite.
Zamorra betrachtete die Schutzzeichen. »Hier stimmt was nicht«, murmelte er.
Er kletterte wieder auf den Tisch und betrachtete die Pappe vor der Klimaanlage etwas genauer. Die Anlage selbst hatte sich automatisch abgeschaltet, als keine Luft mehr zirkulierte. Aber das war es nicht, was Zamorra auffiel.
Die Pappe wölbte sich etwas, so als hätte jemand versucht, hindurchzustoßen.
Zamorra drückte probeweise dagegen. »Tatsächlich«, murmelte er. »Das Biest muss versucht haben, sie zu lösen, ist aber gescheitert.« Er tastete die Ränder ab. Hier war alles fest.
Er grinste und sprang wieder auf den Fußboden.
»Eines muss man ihr lassen - diese Hexe ist zäh und beharrlich«, sagte er. »Sie will einfach nicht aufgeben.«
»Wir müssen eine Möglichkeit finden, sie endgültig unschädlich zu machen«, sagte Nicole. »Aber wie killen wir diese Hexe? Sie scheint ja nicht materiell zu sein.«
»Eine Projektion vielleicht«, sagte Zamorra. »Aus einer anderen Welt…?«
»Du meinst, die richtige Hexe befindet sich in diesem Anderswo?«
»Wäre doch möglich, oder? In dem Fall müssten wir sie genau dort aufsuchen.«
»Aber wie?«
»Merlins Stern kann doch kurzzeitig kleine, künstliche Weltentore erzeugen«, überlegte der Dämonenjäger. »Wenn die Projektion wieder auftaucht, versuche ich das.«
»Aber du weißt doch nicht, wohin dieses Tor zielen muss.«
»Muss ich das wissen? Es reicht vermutlich, das Tor um die Projektion herum zu errichten, ich glaube, dann richtet es sich automatisch auf die richtige Dimension aus. Zugleich greife ich sie mit dem Dhyarra-Kristall an. Sie will flüchten - benutzt das Tor, und wir folgen ihr sofort.«
»Ich sehe zwar noch nicht, wie das funktionieren soll«, erwiderte Nicole, »aber einen Versuch ist es allemal wert. Das mit dem Dhyarra-Kristall lass aber besser mich übernehmen. Du wirst mit dem Weltentor genug zu tun haben.«
Sie öffnete den Einsatzkoffer und nahm einen der beiden Blaster heraus. »Den werde ich zusammen mit dem Dhyarra einsetzen«, sagte sie. »Das gibt dann ein richtig schönes Remmidemmi. Sag mal… können wir nicht vorher zusehen, dass wir ein paar Klamotten kaufen?« - »Und aus einem Geldautomaten ein bisschen Bestechungsgeld ziehen«, erinnerte sich Zamorra. »Ich bin nämlich jetzt, was Bares angeht, endgültig blank.«
Nicole verdrehte die Augen. »Bestechungsgeld… denkst du zur Abwechslung vielleicht auch mal an was anderes?«
Zamorra grinste anzüglich. »Ja - daran, dich aus deinen Klamotten zu schälen und zu vernaschen.«
»Pah!« Nicole tat so, als wäre ihr der Gedanke nicht schon selbst wieder gekommen. »Heute Nacht wolltest du nicht, jetzt will ich nicht!«
»Spielverderberin!«
Nicole schob die angenehmen Gedanken an den Professor und sie im Bett energisch zur Seite. »Nun sag an: Gehen wir erst mal auf Shopping-Tour? Kreide sollten wir übrigens auch kaufen.«
Zamorra schloss die Augen. Das Geschäftliche konnte wohl nicht warten. Nach einer Weile öffnete er sie wieder.
»Ja«, sagte er seufzend. »Machen wir. Es dürfte allerdings riskant werden. Denn da draußen können wir uns kaum absichern.«
»Ich weiß. Deshalb ist die Kreide das Wichtigste.«
»Ohne Bargeld? Die Verkäufer werden sich tierisch freuen, wenn ich für ein Euro dreißig Cent mit der Kreditkarte winke.«
»Das machen wir ganz anders«, beschloss Nicole und griff zum Zimmertelefon. Sie rief den Zimmerservice an und erteilte den Auftrag, eine Schachtel Kreide zu besorgen und im Zimmer abzuliefern. »Und möglichst schnell bitte.«
An der Rezeption wunderte man sich nicht. Die Gäste des Jolly-Hotels hatten oft noch viel ungewöhnlichere Wünsche.
***
Es dauerte eine halbe Stunde, dann meldete sich der Zimmerservice. Zamorra öffnete die Tür einen schmalen Spalt und nahm die Schachtel mit der Kreide entgegen. Bevor er die Tür wieder schließen konnte, reichte Nicole einen Zehn-Euro-Schein hinaus. Dann war das Zimmer wieder dicht.
Die Hexe hatte die Chance nicht nützen können, sich hereinzumogeln. Entweder hatte die Aktion sie überrascht, oder sie grübelte irgendwo, was sie als Nächstes unternehmen konnte.
Zamorra sah Nicole etwas verblüfft an. »Du hast Bargeld bei dir?«
»Ich hatte - bis jetzt.«
Er zuckte mit den Schultern. Dann machte er sich wortlos daran, die Kreide magisch aufzuladen. Nicole lächelte spitzbübisch und nahm eines der Stücke an sich. »Halt mal still«, verlangte sie. Dann malte sie
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