0870 - Tabitas Trauerhalle
Wasser gesperrt.
Unten stand auch ihr Bett.
Sie kroch förmlich darauf zu.
Schwer wie ein Stück Eisen ließ sie sich auf das Bett fallen.
Im Nu war sie eingeschlafen.
***
Träume, Vorstellungen, Botschaften!
Plötzlich sammelte sich dies alles im Unterbewußtsein der Schlafenden. Sie »sah« viel mehr, sie erlebte die Botschaften intensiver, und sie hatte trotz des Schlafs das Gefühl, daß jemand in ihren Körper eindrang, um diesen zu übernehmen.
Das war ER!
Er ließ sie nicht los, ER trommelte in ihrem Unterbewußtsein und schickte - seine Botschaft.
Noch eine Leiche! Noch eine Leiche! Dann bin ich perfekt! Noch eine Leiche!
Obwohl Tabita schlief, hörte sie die Botschaft intensiv wie eine Person im Wachzustand. Sie erlebte die Worte und es war für sie nicht mal mit Furcht verbunden. So und nicht anders mußte es sein, da gab es keinen Weg zurück, denn alles stand ihr offen. Noch eine Leiche, noch eine Leiche…
Tabita erwachte mit einem leisen Schrei. Er war kaum verklungen, als sie sich ruckartig aufrichtete und an der rechten Seite den kalten, unsichtbaren Nebel spürte, der über ihre Haut strich.
War ER bei ihr gewesen?
Ja, das mußte so gewesen sein. ER hatte ihr bewiesen, daß er seine Welt verlassen konnte, und genau dorthin wollte auch Tabita. Sie wischte sich den Schweiß vom Gesicht weg. Den Schleier hatte sie nach hinten gedrückt, grübelnd saß sie auf der Bettkante und dachte dabei über ihr frisches Wissen nach.
Nur noch eine Leiche!
Es war kaum zu fassen, daß sie das Ziel dann erreicht hatte. An eine Lüge seinerseits wollte sie nicht glauben. Nein, ER war ehrlich. ER würde sie nicht reinlegen.
Tabita stand auf. Sie bewegte sich steif wie eine Puppe und schlenkerte mit den Armen. Sie wollte, daß ihr Kreislauf wieder in Gang kam, daß die Schwere aus ihren Gliedern wich, denn ihr Optimismus sollte einfach für eine Leichtigkeit sorgen.
Wasser gab es noch. Sie trat an das Waschbecken heran, ließ die kalte Flüssigkeit hervorschießen, bückte sich und öffnete den Mund. Dann trank sie. Das Wasser schmeckte muffig und nach Metall, aber das war ihr egal, es sollte nur den Durst löschen.
Sie drehte es wieder ab und dachte an die Botschaft. Noch eine Leiche, nicht mehr.
Tabita überlegte, woher sie den Toten nehmen sollte. Sosehr sie auch grübelte, es fiel ihr nichts ein.
Sie hatte auch keine Botschaft erhalten, wo etwas passieren würde wie in der letzten Nacht, aber die Leiche brauchte sie.
Ihre Gedanken drehten sich um den toten Polizisten. Tabita ärgerte sich jetzt, ihn nicht mitgenommen zu haben. Es wäre dann perfekt gewesen. Vor dem Fenster blieb sie stehen, schaute in die Morgendämmerung und dachte darüber nach, daß sie einen langen Tag Zeit hatte, um sich einen Toten zu besorgen.
Sie dachte an die beiden Dörfer in der Nähe. Es starben immer wieder Menschen, die in den kleinen Leichenhallen bis zur Beerdigung aufbewahrt wurden. Dort würde sie Beute machen können - im Notfall natürlich, denn es fiel auf, wenn jemand eine Leiche stahl.
So sehr konnte sich Tabita mit diesem Gedanken nicht anfreunden, obwohl es jetzt, so dicht vor dem Ziel, eigentlich egal sein konnte, ob sie auffiel oder nicht.
Trotzdem gab es da eine Sperre.
Sie entschied sich für die andere Möglichkeit. Wenn schon keine Leiche greifbar war, dann würde sie dafür sorgen müssen, daß es eine gab. Im Klartext hieß dies Mord!
Ja, so und nicht anders.
Sie lächelte, als sie daran dachte und ihre Hand den Griff des schlanken Messers berührte…
Es waren in London und Umgebung in der letzten Zeit viele Bomben explodiert, es hatte zahlreiche Tote und Verletzte gegeben.
Man recherchierte mit viel Personal und auch sehr gründlich. Dies hatte zur Folge, daß das Gebiet ausgedehnt wurde und wir damit rechnen mußten, irgendwelchen Fahndern über den Weg zu laufen.
Natürlich hatten nicht nur Jane und ich die Aussagen auf dem Band gehört, es war auch von anderen Zeugen ernst genommen worden, und wir wußten, daß nicht nur wir nach einem Ford Caravan Ausschau hielten.
Wir hatten den Großraum London verlassen, bewegten uns aber nicht auf den Motorways weiter, sondern auf der Landstraße, wo der Schwerverletzte gelegen und auch gefunden worden war.
Nach Norden.
Weg aus der Industrie, in die ländliche Gegend hinein, in der es zahlreiche Dörfer gab, deren Namen ich nicht einmal kannte, aber Jane und ich gingen einfach davon aus, daß wir diese Tabita in einem der Orte fanden.
»Sie
Weitere Kostenlose Bücher