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0870 - Tabitas Trauerhalle

0870 - Tabitas Trauerhalle

Titel: 0870 - Tabitas Trauerhalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Tür aufstieß und das Fahrzeug verließ. Bis zur Tür waren es nur wenige Schritte. Sie öffnete das Schloß und zog das kleine Holztor auf. Licht machte sie nicht. In der Finsternis war der Innenausbau der Scheune mehr zu ahnen, als zu sehen. Dicht unter der Decke befand sich das Gebälk. Es sah aus, als würde es über dem Boden schweben.
    Sie ging wieder zum Wagen zurück und holte die Tote hervor. Tabita schloß die Heckklappe - die Tote hatte sie hingestellt und gegen sich gelehnt - und drehte sich um.
    Ein Windstoß fuhr durch das Laubwerk über ihr. Die Blätter raschelten gegeneinander. Tabita warf einen Blick in die Höhe. Das sich bewegende Laub erinnerte sie an tanzende Geister. Der Nebel war wesentlich dünner geworden.
    Wieder trug sie die Leiche auf ihren vorgestreckten Armen. Der Mund war zu einem Lächeln verzogen, sie fühlte sich sehr gut, und sie hatte auch den Schleier über ihren Kopf gelegt. Er war so groß, um das Gesicht zu bedecken. Das war sie der Würde der Toten einfach schuldig.
    Tabita betrat ihr Reich!
    Ein bestimmter Geruch durchwehte den dunklen Raum. Es roch nach kalten Flammen und nach Kerzenwachs.
    Tabita kannte sie auch. Ohne irgendwo anzustoßen, ging sie nach links und legte die Leiche ab. Sie fand ihren Platz auf einer alten Holzbank und sollte zunächst dort liegenbleiben, denn das Ritual mußte sehr genau durchgeführt werden.
    Tabita schloß die Tür.
    Jetzt war sie allein, abgesehen von der Leiche. Sie nickte vor sich hin und bewegte sich nach rechts.
    Dort stand eine Kommode. Tabita zog eine Schublade auf und holte eine kleine Schachtel hervor, in der es raschelte, als sie diese bewegte. Es waren die Zündhölzer, die sich bewegten, und Tabita nahm ein Streichholz heraus. Sie riß es an, die Flamme entstand, und Tabita entzündete damit eine Kerze.
    Ein gelbroter, ruhig leuchtender Kreis war in der Finsternis entstanden, der Tabita als Orientierung diente.
    Sie nahm die Kerze in die rechte Hand und bewegte sich von der Leiche weg.
    »Kerzen«, flüsterte sie, »lebendiges Licht. Ein Licht, das auch den Toten den Weg zeigte. Es wird uns begleiten, es wird IHN anleuchten, und ER wird sich freuen…«
    Tabita hatte nicht übertrieben, denn die Kerzen standen an der rechten Seite der Scheune überall verteilt. Manche auf dem Boden, die größeren zumindest, manche hatten ihre Plätze auf Fußbänken oder kleinen Stühlen gefunden, aber auch auf einem Tisch. Im Licht der »Kerzengemeinde« war bald ein hölzernes Motivbild zu erkennen, auf dessen Vorderseite ein Frauengesicht zu sehen war, Tabita.
    Das Gesicht im Holz wirkte wie eine erstarrte Plastik.
    Der Reihe nach entzündete sie die Dochte der Kerzen. Die Helligkeit in der alten Scheune nahm zu und ließ den eigentlichen Zweck des Baus vergessen, denn für einen Beobachter hatte sich das Innere der Scheune in ein Trauerhaus verwandelt. Eine Trauerhalle, in der es nach Wachs, Tränen und Tod roch, als sollten gerade diese drei Dinge die Zufahrt zum Jenseits ebnen.
    Es war Tabitas Trauerhalle, in der sie sich so ungemein wohl fühlte, denn hier befand sich ihr eigentliches Reich. Hier konnte sie auftanken, Kraft schöpfen, hier stand sie dicht an der Schwelle zur Vollkommenheit.
    Sie blieb an einer bestimmten Seite ihrer Trauerhalle stehen. Im Dunkeln war die Abtrennung nicht zu sehen gewesen, nun aber, im Kerzenlicht, sah Tabita den von der Decke herabhängenden, dünnen Vorhang, dessen Saum den Boden erreichte.
    Er erinnerte an ihren Schleier vor dem Gesicht. Er war dünn, durchsichtig, aber trotzdem dicht, denn er ließ keinen tieferen Blick zu.
    Die Falten zitterten, als Tabita in seiner Nähe vorbeistrich, und selbst sie warf nur einen scheuen Blick auf den Vorhang, als würde sich dahinter etwas Schreckliches verbergen.
    Sie stellte auch die letzte Kerze weg und wandte sich dem Schreibtisch zu, auf dem ihr Holzbild stand. Sie beugte sich nieder und küßte es. Dabei hatte sie das Gefühl, von anderen Lippen berührt zu werden, doch dies entsprach einer Illusion, denn in dem Holzbild war kein Leben zu erkennen.
    Es blieb starr…
    Noch einmal streichelte sie es, richtete sich wieder auf und drehte sich um.
    Diesmal richtete sie ihren Blick gegen den dünnen Vorhang. Vorhin noch hatte er starr von der Decke herab nach unten gehangen, jetzt aber bewegte er sich zitternd, was wahrscheinlich an den veränderten Luftströmungen lag, die durch die Wärme des Kerzenlichts in Bewegung geraten waren. Tabita lächelte. Dahinter

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