0872 - Der Templer-Friedhof
geben!«
»Nein, Baphomet.«
»Sprich den Namen nicht aus!« keuchte der Gefangene. »Es ist eine Sünde, eine große Sünde.«
»Für mich nicht mehr, mein Freund. Ich werde Baphomet, einen der größten Templer-Führer überhaupt, bringen. Ich werde alles schaffen, und du wirst mir dabei helfen. Ich weiß, daß du und deine Freunde zusammen mit den Engländern an seiner Seite geritten sind. Ich weiß auch, daß er sich auf dem Rückzug befindet und mit den Resten seines Heeres durch dieses Gebiet ziehen wird. Ich will von dir wissen, wo sie das Gebirge überqueren werden, und da werde ich ihn mir holen.«
»Ich weiß es nicht!«
Der Prinz lachte. Er schaute auf seinen Dolch. Blitzschnell rammte er ihn vor - und hieb ihn dicht neben dem Hals des Gefangenen in das Holz des Stamms.
Der Mann war nicht einmal zusammengezuckt. Mleh zog die Klinge wieder hervor und fragte dabei:
»Welchen Weg wird Richard Löwenherz nehmen? Sag es mir!«
»Nein!«
»Willst du grausam sterben?«
»Ich muß es so oder so.«
Der Prinz hatte die Worte gehört und den Kopf gesenkt. Er dachte wohl darüber nach, wie er doch noch zu seinem Ziel gelangen konnte. »Ich habe Männer erlebt, die unter der Folter zu greinenden Kindern geworden sind. Und ich werde auch dich greinen hören, darauf kannst du dich verlassen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis dein Körper nur noch aus Blutblasen besteht und du darum betteln wirst, mir etwas sagen zu dürfen. Wir werden dir die wichtigen Dinge anschließend abschneiden…«
Er zählte auf, was er alles tun würde, und ich merkte, wie dem Abbé, aber auch mir die Galle hochstieg.
»Wir müssen etwas unternehmen, John.«
»Stimmt. Noch droht er nur.«
»Und wenn es anders wird?«
»Abwarten.«
Bloch schaute mich gequält an. Ich konnte verstehen, daß es ihm verdammt schwerfiel, hier ruhig neben mir zu hocken und zuzuschauen, was mit den Menschen geschah, die zu seinen Brüdern zählten, auch wenn sie Hunderte von Jahren früher gelebt hatten.
Aber wir durften uns nicht zum falschen Zeitpunkt zeigen. Mein Plan stand noch immer. Wenn sich die Chance ergab, würde ich mir Mleh als Geisel holen. Er hatte sich bereits von seinem Gefangenen abgewandt und einem der beiden Folterknechte Bescheid gegeben. Das kurze Zeichen mit der Hand hatte ausgereicht.
Der Halbnackte grinste diabolisch, als er sein Brandeisen ins Feuer hielt.
Zahlreiche Augenpaare schauten zu, wie das Eisen allmählich aufglühte. Nun zog der Folterknecht das Brandeisen hervor und drehte sich gemächlich um.
»Nimm dir zuerst seine Beine vor!«
Der Mann nickte.
Ich wunderte mich darüber, daß er die französische Sprache verstand. Möglicherweise hatte der Prinz ihn irgendwo aufgegabelt und in seine Dienste gestellt.
Der Folterknecht bewegte sich zielsicher auf sein Opfer zu.
Der Mann rührte sich nicht. Er hatte nicht einmal versucht, den Kopf zu heben, um auf das glühende Eisen zu starren. Er hing in seinen Stricken und schien zu beten.
Ich wechselte die Beretta in die linke Hand, um mir die rechte abzuwischen. Die Haut glänzte schweißnaß. Ich stand ebenfalls unter einer irrsinnigen Nervenanspannung und war nur froh, daß mir der Prinz den Rücken zudrehte. Es war bis zu ihm keine große Entfernung, die ich in wenigen Sekunden zurücklegen konnte.
Ich nahm die Waffe wieder in die Rechte.
Der Folterknecht hatte sein Opfer erreicht. Er hielt den Blick auf die Beine gesenkt.
Ich drückte mich hoch.
Und da fiel der Schuß!
Der Folterknecht stieß nicht einen Schrei aus. Die Kugel war schräg in seinen Kopf gefahren, und der halbnackte Mann brach auf der Stelle zusammen…
***
Geschossen hatte Abbé Bloch, das wußte ich. Der Templer hatte sich halb aufgerichtet, er zitterte leicht, atmete stoßweise und hatte meinen Plan zunächst zerstört, denn auch ich mußte meine Überraschung verdauen.
Es war still geworden. Weder der Folterknecht noch dessen Herr bewegten sich. Auch die anderen Soldaten saßen oder standen unbeweglich auf ihren Plätzen. Keiner begriff, was hier vorgefallen war. Sie sahen nur den toten Folterknecht, dessen Kopf nicht mehr so aussah, wie noch vor einer Minute.
Schußwaffen hatte es in dieser Zeit noch nicht gegeben, und sicherlich dachten einige von ihnen an Zauberei, denn so etwas hatten sie noch nicht erlebt.
Die Stille war bedrückend. Nur das Prasseln der Flammen war zu hören. Die gefangenen Templer hatten nicht mitbekommen, was vor ihnen abgelaufen war, sie waren einfach zu
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