0872 - Der Templer-Friedhof
Augenblicken praktischer.
Er sprach mich auf die von uns niedergeschlagenen Wächter und auch Leichentransporteure am Friedhof an. Er wollte wissen, wie lange sie ungefähr in ihrem Zustand liegen würden.
»Das weiß ich nicht. Kommt darauf an, welche Konstitution sie haben. Ich denke nicht, daß sie sehr gefährlich werden können. Wenn sie sehen, daß dieses Lager leer ist, werden auch sie verschwinden. Sie können den Grund ja nicht wissen.«
Bloch nickte. »Also haben wir so etwas wie einen Sieg errungen, sage ich mal.«
Ich lächelte. »Du bist vorsichtig. Ich stimme dir im letzten Teil durchaus zu. So etwa, Abbé.«
Er schaute zu Boden und sammelte seine Gedanken. »Normalerweise könnten wir zufrieden sein. Diesen armenischen Prinzen Mleh gibt es nicht mehr. Sein Heer ist geflohen, aber wir sitzen hier fest, und zumindest ich sehe noch keine Chance, wieder zurück in unsere Zeit zu gelangen. Oder liege ich da falsch?«
»Überhaupt nicht.«
»Willst du dir etwas einfallen lassen?«
Eine Suggestivfrage. »Wollen schon. Es stellt sich nur die Frage, ob ich es kann?«
»Das ist ein Problem.« Bloch blieb nicht mehr auf seinem Platz stehen. Er begann mit seiner Wanderung durch das relativ große Zelt. Vor dem Wasserbehälter blieb er stehen. Er tauchte die Kelle hinein, schöpfte sie voll und trank das Wasser in kleinen Schlucken. Erst als die Kelle leer war, drückte er sie wieder zurück. Danach nahm er die Wanderung wieder auf. Seinem Gesicht sah ich an, daß er sich über eine Lösung den Kopf zerbrach.
Die Flammen brannten ruhig. Wie blasse Schatten lagen sie über den Flüssigkeitsspiegeln der kleinen Ölgefäße. Ein ungewöhnlicher Geruch strömte durch das Zelt. Ungewöhnlich deshalb, weil er mit dem Gestank draußen nicht zu vergleichen war. Für mich roch es nach Gewürzen und Blüten.
Damit mußte die brennbare Flüssigkeit angereichert sein. Ich konzentrierte mich auf den Templer, der es mit einem Lächeln versuchte. Er überdeckte seine Schmerzen und flüsterte: »Wahrscheinlich bin ich nur eine Last für euch.«
»Nein, mein Freund. Menschen können keine Last sein.«
»Aber was soll ich tun? Ich bin nicht tot. Ich weiß auch nicht, ob ich weiter am Leben bleiben werde. Mein und unser aller Schicksal liegt in der Hand des Allmächtigen. Ihr wollt zurück in eure Zeit, ich aber muß hier im Zelt bleiben. Ich wüßte nicht, wer meine Wunden heilen sollte. Die gewissenlose Brut wird irgendwann hierher zurückkehren. Man wird mich finden, und ich weiß schon jetzt, daß ich dann verloren bin, denn man wird mich töten. Die Muselmanen kennen keine Gnade, aber die haben wir auch nicht gekannt«, fügte er resignierend hinzu. »Es war schrecklich. All dieses Morden, die Toten, das Blut, die Schreie. Wir haben im Namen des Allmächtigen getötet, und ich stelle mir schon die Frage, John, ob es auch in seinem Sinne gewesen ist, all dieses Töten und Vernichten.« Er blickte mich aus großen Augen an. »Was meinst du dazu? War es denn in seinem Sinne?«
»Nein«, sagte ich und schüttelte dabei den Kopf. »Ich glaube es nicht. Krieg, Haß und Gewalt sind nie in seinem Sinne. Aber so wie du haben Menschen zu allen Zeiten gedacht. Nur hat es leider nicht geholfen. Es sind immer wieder Kriege ausgebrochen. Auch in unserer Zeit, wo die Welt ganz anders aussieht, es die großen König- und Kaiserreiche nicht mehr gibt, finden sehr viele Kriege statt. Überall auf dieser riesigen Welt schlagen sich die Menschen gegenseitig die Köpfe ein. Sie haben sich eigentlich nicht verändert.«
»Macht dich das nicht traurig?«
»Schon«, gab ich zu, »aber ich habe es nicht ändern können. Das ist das Schlimme.«
Godwin de Salier überlegte. Dann sagte er: »Ich glaube nicht, daß ich in eurer Zeit und Welt leben möchte, aber ich freue mich, daß es dort noch immer die Templer gibt.« Er sah mein etwas verloren wirkendes Lächeln und hakte sofort nach. »Stimmt etwas an meinen Worten nicht? Habe ich vielleicht unrecht?«
»Nein, das hast du nicht. Es gibt die Templer. Nur sind die Mitglieder längst nicht mehr so zahlreich vertreten. Im Laufe der vergangenen Jahrhunderte ist viel mit ihnen geschehen. Es wird nicht mehr sehr lange dauern, dann werden die Templer von der offiziellen Kirche gejagt werden. Es wird zu schrecklichen Greueltaten kommen, weil man den Orden vernichten will.«
Godwin de Salier war plötzlich aufgeregt. »Und? Wird man es schaffen?«
»Fast.«
»Wer?«
»Andere Orden, die Angst
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