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0873 - Gabentisch des Grauens

0873 - Gabentisch des Grauens

Titel: 0873 - Gabentisch des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht so sehr, am häufigsten wurde Bier bestellt.
    Julie Jenkins war dicht hinter dem Eingang stehengeblieben, um die Disco auf sich wirken zu lassen. »Ist ja schon toll«, lobte sie. »Hätte ich nicht gedacht, daß sie mich so anmacht.«
    »Es ist die beste«, sagte Marty.
    »Und auch die größte.«
    »Kann sein, ich kenne die anderen nicht.«
    Gäste schoben sich an ihnen vorbei. Sie alle waren ungewöhnlich gekleidet, und manche Mädchen oder Frauen hatten den Nonnenlook auf ihre Weise abgeändert. Zur Haube trugen sie ein Minikleid und hatten auch auf Strapse nicht verzichtet. Einige wirkten auch wie das Abziehbild der Sängerin Madonna, die praktisch diese Szene aufgebaut hatte. Ihr Auftreten war die Initialzündung gewesen, und noch immer wurde sie imitiert, obwohl ihre große Zeit vorbei war.
    »Ist echt klassisch«, sagte Julie.
    »Finde ich auch.«
    Sie tippte Marty an. »Ich lade dich ein. Wir trinken ein Bier oder auch was anderes.«
    »Bier ist schon gut.«
    »Wo?«
    »Laß uns zur Theke gehen. Da sind die Sitze gepolstert, auf den Bänken ist es mir oft zu hart.«
    Noch war es so leer, daß man sich die Plätze an der Theke aussuchen konnte. Sie schritten durch Licht und Schatten. Auf den Tischen verströmten Kerzen ihre Helligkeit und auch einen bestimmten Geruch, aber in die Decke eingelassen waren auch kleine Strahler, die ihre hellen Lanzen gegen den Bereich der Theke schickten, schließlich wollte die Bedienung das Geld nicht im Kerzenlicht zählen.
    Sie nahmen Platz. Die Sitzflächen der Hocker waren mit dunklem Samt bezogen. Die Schlitze in Julies Kleid hatten sich durch die veränderte Sitzposition geweitet, und Marty gelang ein Blick auf kräftige, weiße Schenkel.
    Julie sah es und lächelte. »Frömmigkeit und Sünde. Wie dicht liegen sie oft beieinander. Das war schon immer so und wird auch noch so bleiben, glaube ich.«
    Marty widersprach nicht. Bedient wurden sie nicht von den beiden Mädchen, sondern von einem hellblonden Typ in einem weißroten Meßdienergewand.
    »Salve«, sagte er zur Begrüßung. »Was wollt ihr trinken?«
    »Bier.«
    Der »Meßdiener« nickte Marty zu. »Welches?«
    »Das Klosterbräu aus Andechs.«
    »Habe ich in Flaschen.«
    »Dann öffne zwei.«
    Sie bekamen die Flaschen und auch die entsprechenden Krüge, in die sie das Bier laufen ließen. Es schimmerte braun, und Marty sprach davon, daß es sehr stark war.
    »Es macht mir nichts.«
    Sie tranken sich zu. Wenig später wischten beide den Schaum von ihren Lippen und Julie schlug die Beine übereinander, bevor sie sich umschaute. »Es gefällt mir hier. Das hat Atmosphäre.« Sie ließ ihre Blicke so gut wie möglich über die Wände gleiten und entdeckte auch die zahlreichen Bilder mit den Motiven aus dem Leben der Heiligen. Ob Mann, ob Frau, die Menschen trugen Gewänder, sie waren demütig, und sie hatten zumeist einen hellen Schein, der ihre Köpfe umgab.
    Die Musik wechselte.
    Choräle drangen aus den versteckt angebrachten Lautsprechern. Noch war die Anlage nicht voll aufgedreht, so daß der Gesang mehr einem Summen glich, aber die Gäste lauschten bereits entzückt diesen alten Melodien. Später würden sie danach tanzen. Noch war die Nacht jung. Die Seelenwanderung, wie die Besucher es nannten, stand erst gegen Mitternacht bevor. Da würde dann das besondere Feeling über sie herfallen, von dem auch Julie schon gehört hatte. Sie sprach Marty darauf an.
    »Kannst du es mir erklären?«
    »Schlecht. Entweder man hat es, oder man hat es nicht.«
    »Wie fühlt man sich denn da?«
    »Allein und trotzdem nicht allein.«
    Julie hob die Augenbrauen und schob ihren Bierkrug hin und her. »Das verstehe ich nicht.«
    »Ist auch schwer zu erklären. Du hast eben das Gefühl, eine andere Person geworden zu sein. Dann erlebst du tatsächlich eine andere Wirklichkeit. Dich stört kein harter Techno-Sound. Die Dinge, mit denen du sonst umzugehen pflegst, verändern sich. Du merkst plötzlich, daß du ein Unterbewußtsein besitzt. Du nimmst alles viel deutlicher wahr und lernst dich im Schein der Kerzen richtig kennen. Wir sind ja keine Grufties, deshalb leuchten auf den Tischen keine Grablichter, sondern wunderbare Kerzen, und dein Outfit paßt dazu. Schau dich um. Die Szene hüllt sich in Mönchs- und Priesterkutten. Es ist einfach hip, in Jesus-Sandalen durch die Disco zu wandern. Ich habe hier schon Leute gesehen, die Kreuze auf ihren Schultern trugen.«
    »Stark«, sagte Julie.
    »Und ob.«
    »Aber was ist mit der

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