0875 - Die Rückkehr des Jägers
einer sehr einfachen Frage: Haben Sie mir etwas verschwiegen, Paul?«
Mit einem leisen Surren fuhr der Rollstuhl vor. Fast amüsiert blickte Gautard den Jäger an. »Verschwiegen?«
»In wenigen Tagen wollen wir der Menschheit die Existenz der Hölle beweisen, aber wie wir das machen wollen, ist mir bisher ein völliges Rätsel. Immer wenn ich Sie nach Details frage, blocken Sie ab. Dabei habe ich den Eindruck, dass Sie alles schon ganz genau ausgetüftelt haben. Und dass Sie ein sehr konkretes Ziel im Auge haben. Jemanden, der sich gerade mächtig auf den Schlips getreten fühlt. Also: Gegen wen genau richtet sich unser kleiner Schlachtplan?«
Ein leichtes Lächeln umspielte Gautards Lippen. »Ich dachte schon, Sie würden nie fragen. Haben Sie schon mal von Stygia gehört?«
Für einen Moment schien selbst Jean Fournier sprachlos zu sein. Mit diebischer Freude beobachtete der Milliardär, wie der Jäger mühsam um Fassung rang.
»Die Fürstin der Finsternis?«
»Wie ich sehe, ist Ihnen die Dame vertraut.«
»Zamorra hat mir von ihr erzählt. Sie war es also, die damals…«
»Meine Familie ausgelöscht hat. Ganz genau. Und dafür wird sie jetzt bezahlen. Für das und alles andere, was sie der Menschheit angetan hat.«
»Offenbar ist ihr nicht verborgen geblieben, dass Sie noch ein Hühnchen mit ihr zu rupfen haben. Oder wie erklären Sie sich die Attacke von heute Abend?«
»Kein Spiel ohne Risiko. Oder wollen Sie jetzt etwa einen Rückzieher machen?«, fragte Gautard lauernd.
Darf ich ihn dann fressen?
Bitte. Dann habe ich keine Verwendung mehr für ihn.
Doch zu Gautards Verblüffung lachte Fournier laut auf.
»Einen Rückzieher? Sind Sie wahnsinnig? Die Fürstin der Finsternis, was für ein Comeback!«
»Sie sind also dabei?«
»Worauf Sie einen lassen können, Paul.«
»Gut, dann ist es beschlossen. Zögern Sie nicht, mich aufzusuchen, wenn Sie noch etwas brauchen… wenn auch vielleicht in einem etwas gesellschaftsfähigeren Aufzug. Wir wollen doch die Dienerschaft nicht verschrecken.«
Unbeeindruckt betrachtete Fournier sein blutverschmiertes Hemd und wischte sich einen imaginären Fussel ab. »Was immer Sie wollen.«
»Gut.« Gautard lenkte den Rollstuhl wieder zum Schreibtisch. Die Audienz war beendet. Der Jäger wollte gerade gehen, als der Milliardär ihn zurückhielt.
»Und Monsieur Fournier…«
»Ja?«
»Ich lege Wert auf korrekte Umgangsformen. Nennen Sie mich nie wieder Paul.«
Jean verzog seine Lippen zu einem wölfischen Grinsen.
»Wie Sie wollen. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Paul.«
Und ich werde ihn doch fressen.
Paul Gautard lachte.
Alles zu seiner Zeit, mein Freund. Alles zu seiner Zeit.
***
»Paul Gautard!« Nicole stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Wer hätte das gedacht!«
»Der Milliardär?« Zamorra sah irritiert von seinem Computerbildschirm auf. »Was ist mit dem?«
Die beiden Dämonenjäger saßen an zwei der drei Terminals am hufeisenförmig geschwungenen Schreibtisch in Zamorras Arbeitszimmer. Diesmal hatten sie keinen Sinn für den atemberaubenden Panoramablick, der sich ihnen vom Nordturm des Châteaus auf das winterliche Loire-Tal bot. Seit über einer Stunde durchforsteten sie das Internet nach brauchbaren Neuigkeiten über Die Rückkehr des Jägers , aber bis auf lautes Marketinggeschrei hatten sie nichts gefunden. Bis jetzt.
Nicole deutete auf die Seite eines investigativen Wirtschaftsmagazins, die sie gerade aufgerufen hatte. »Gautard hat vor sechs Monaten CTN gekauft«, erklärte Nicole. »Und nach Informationen dieses Reporters soll er sich sofort danach mit Jean getroffen haben. Klingt nicht gerade nach einem Zufall.«
»Allerdings nicht«, sagte Zamorra. Er erinnerte sich vage, von dem Verkauf gelesen zu haben. Da ihn Neuigkeiten aus der Medienbranche nicht allzu sehr interessierten, hatte er die Nachricht gleich wieder vergessen. Jetzt sah die Sache allerdings ganz anders aus. »Aber was will ein schwerreicher Unternehmer mit einer Horrorshow?«
»Sich gruseln?«
»Das kann er auch bedeutend billiger haben. Dafür muss er nicht gleich einen ganzen Sender kaufen.«
»Vielleicht solltest du mal mit Robert reden.«
Zamorra nickte. »Gar keine schlechte Idee. Am besten mache ich mich gleich auf den Weg.«
Ihr gemeinsamer Freund Robert Tendyke war als Inhaber von Tendyke Industries selbst in der Welt der Großunternehmen zu Hause. Vielleicht wusste er mehr über Paul Gautard und dessen plötzliches Interesse an obskuren
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