0875 - Die Rückkehr des Jägers
ihnen.
Angespannt betrat das Trio den leeren Gang. Zamorra und Nicole nahmen Gryf in ihre Mitte. Der Silbermond-Druide versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber der Parapsychologe kannte Gryf gut genug, um zu merken, wie sehr ihm der Verlust seiner Kräfte zusetzte. Der Vampirjäger hatte auch angesichts stärkerer Gegner nie Angst gezeigt, doch jetzt fühlte er sich nackt und hilflos.
Die Türen, an denen sie vorbeikamen, waren unverschlossen. Die großzügigen Räume, die sich hinter ihnen verbargen, waren ebenso geschmackvoll wie luxuriös eingerichtet. Und doch wirkten sie auf eigentümliche Weise steril und unbewohnt.
»Unheimlich. Das ist ja wie in einem Museum«, flüsterte Nicole. »Als wenn hier überhaupt niemand wohnen würde.«
»Vielleicht sind das die Gästezimmer«, vermutete Zamorra.
»Wer sollte so einen Typen besuchen kommen?«, höhnte Gryf. »Solche Leute haben keine Freunde, es sei denn, sie kaufen sich welche.«
Nach gut 30 Metern bog der Flur nach rechts ab. Vorsichtig näherten sich die Dämonenjäger der Ecke, doch der Gang vor ihnen war genauso leer wie der hinter ihnen.
Zumindest auf den ersten Blick.
»Seht ihr das?«, fragte Nicole.
»Was?«, fragten Zamorra und Gryf wie aus einem Mund.
»Die Schatten: Sie bewegen sich!«
***
Die Marketing-Maschinerie lief auf Hochtouren. CTN sendete seit Wochen Wiederholungen der alten Jäger- Folgen, und auch die rechtzeitig als Ultimate Edition neu aufgelegten DVD-Boxen verkauften sich glänzend. Doch die größte Werbung kam von ganz anderer Seite: Mit Schaum vorm Mund wetterten Politiker und hochrangige Kirchenvertreter gegen die geplante Sendung. Nicht wenige forderten ein rigoroses Verbot der Rückkehr des Jägers , und ein erzkonservativer Bischof machte Jean Fournier sogar persönlich für den Amoklauf eines Schülers in der Provinz verantwortlich. Schließlich waren in der umfangreichen Filmsammlung des Jungen auch Jäger-DVDs gefunden worden.
»Wir brauchen keinen Beweis dafür, dass es die Hölle tatsächlich gibt. Dieser Mann ist der leibhaftige Teufel«, keifte der geistliche Würdenträger mit hochrotem Kopf auf allen Kanälen, und sah dabei aus, als müsse er jeden Moment vor lauter heiligem Zorn einen Schlaganfall bekommen.
Jean Fournier badete genüsslich in dieser Welle aus Abscheu und Hysterie. Die Warnungen hatten natürlich nur den Effekt, dass sich das Publikum erst recht für das bevorstehende TV-Ereignis interessierte. Branchenkenner sagten eine Einschaltquote von weit über 50 Prozent voraus, in Zeiten unzähliger konkurrierender TV-Kanäle fast eine Unmöglichkeit. Im ganzen Land wurden Sportveranstaltungen, Geschäftsessen und sogar Hochzeiten verschoben, damit jeder Die Rückkehr des Jägers live erleben konnte.
Natürlich glaubten nur die Wenigsten, dass die Show wirklich die Existenz der Hölle beweisen würde. Andererseits war einem Freak wie Jean Fournier eigentlich alles zuzutrauen. Was das Publikum aber auf jeden Fall erwartete, war ein Spektakel, das alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte - oder einen gigantischen Flop, nachdem sich der Jäger wie ein geprügelter Hund aus der Öffentlichkeit zurückziehen würde. Für die Zuschauer war das einerlei, für sie hatte beides größten Unterhaltungswert.
Eigentlich lief alles bestens, doch Jean wurde immer unruhiger, je näher das Ereignis rückte. Der TV-Star war ein absoluter Kontrollfreak, der nie auch nur das kleinste Detail dem Zufall überlassen hatte. Aber Paul Gautard enthielt ihm immer noch lebenswichtige Informationen vor. Jean hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie Stygia eigentlich in ihre Gewalt bringen wollten. »Alles zu seiner Zeit, Monsieur Fournier, alles zu seiner Zeit«, sagte Gautard immer nur mit undurchdringlichem Lächeln, wenn der Jäger ihn darauf ansprach. »Ich versichere Ihnen, es läuft alles genau nach Plan.«
Missmutig nippte Jean seinem Whisky, während er zum x-ten Mal den Ablaufplan der Sendung durchging. Noch ein Tag, und an den entscheidenden Stellen schien ihn immer noch ein dickes Fragezeichen zu verhöhnen. Unwillig blickte Jean auf, als die Gegensprechanlage summte. Es war Gautard.
»Monsieur Fournier, hätten Sie eine Minute Zeit für mich?«
Es war keine Frage, es war ein Befehl.
Sicher, Paul, ich bin gleich da.
»Sehr fein. Ich habe eine Überraschung für Sie.«
Da bin ich aber mal gespannt , dachte Jean grimmig. Führst du eine Stepptanznummer für mich auf? Oder sagst du mir endlich, was
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