088 - Die Alpträume des Mr. Clint
müssen, um die Lücken in
unserer Wissenschaft zu stopfen. Ich besitze sein Vertrauen. Er darf jede Figur
schaffen, die er sich wünscht. Und er läßt mich miterleben, wie sie im Traum
zum Leben erwachen. Er beherrscht sie vollkommen. Er ist ein Schöpfer!«
Ein leises
Rauschen schloß sich an. Bis hierher hatte Dr. Merredith das Band besprochen.
Larry Brent
war wie benommen.
Viele Fragen
tauchten auf. Aber nur eine war in diesem Augenblick maßgebend für ihn: Wo
befand sich Lachlan Moodor-Clint? In welchem Zimmer hatte man ihn
untergebracht? Hatte man Larry nicht alle Räume gezeigt? Es sah ganz so aus.
Auch Dr. Frelly spielte ein doppeltes Spiel. Er war in das Wissen und in die
Experimente und Beobachtungen eingeweiht. Und er tat, als wisse er von nichts!
Larry nahm
das Band mit der Bezeichnung LMC I aus der Schatulle.
Er war
überzeugt davon, daß er irgendwo einen Hinweis fand, der direkt zu Moodor-Clint
führte.
Und er fand
ihn! Durch Dr. Merrediths eigene Worte.
»… werde ich
Moodor-Clint im alten Herrschaftshaus unterbringen. Dort unterhalte ich seit
geraumer Zeit ein kleines, nur mir und Dr. Frelly bekanntes Labor, in dem wir uns
auch alleinstehende Patienten, die uns aus anderen Anstalten überwiesen werden,
vornehmen, um letztlich dem Geheimnis des Geistes und der Seele auf die Spur zu
kommen.«
Larry drückte
die Stoptaste.
»Das darf
doch nicht wahr sein«, murmelte er. Die letzten Minuten kamen ihm vor wie ein
Traum.
»Es ist wahr!«
ertönte in diesem Augenblick eine bekannte Stimme hinter ihm.
Larry warf
den Kopf herum.
Dr. Frederic
Frelly stand vor ihm. Der etwas untersetzte Arzt mit der Stirnglatze war aus
einer Tapetenwand getreten. Zwischen dem Privatraum des toten Dr. Merredith und
denen Dr. Frellys bestand eine Verbindungstür.
Der grinste
triumphierend. »Als ich die Stimme hier im Zimmer hörte, dachte ich erst, ich
würde träumen. Sie waren so sehr in die Ausführungen versunken, daß Sie gar
nicht merkten, wie ich hereinkam.«
Larry blickte
auf die Waffe, die auf ihn gerichtet war. Es war ein Revolver, Kaliber 22. Das
zeigte, daß der dicke Chefarzt einiges mehr konnte, als Irre zu behandeln. Wer
mit einem so kleinen Kaliber schoß, konnte mit der Waffe umgehen.
»Sie wollen
mir doch kein Loch in den Kopf pusten, Doktor?« fragte Larry angespannt.
»Nur wenn Sie
Ärger machen, und das liegt bei Ihnen. Im Moment erscheint es mir besser zu
sein, Ihnen auf die herkömmliche Weise zu zeigen, daß ich es ernst meine. Ich
bewundere allerdings Ihren Scharfsinn, Brent. Sie sind also draufgekommen. Von
Anfang an vermuteten Dr. Merredith und ich, daß Sie nicht der sind, für den Sie
sich ausgeben. Wir begegneten Ihnen mit Vorsicht. Und wie sich herausgestellt
hat, war das richtig. Sie haben es geschickt angefangen. Nur die Tatsache, daß
Sie erstaunliche Kombinationen anstellten, wenn es zu einem Todesfall hinter
diesen Mauern kam, gab uns zu denken.«
Larry nickte.
»Einiges begreife ich inzwischen. Nur verstehe ich nicht: Wenn Sie und Dr.
Merredith einen so hervorragenden Kontakt zu Moodor-Clint hatten, weshalb mußte
Ihr Kollege dann sterben?«
»Der Grund
liegt in der Person Moodor-Clints. Es ist faszinierend, ihn zu kennen und seine
Gabe zu studieren. Aber es ist auch gefährlich. Seine Reaktionen sind
unberechenbar. Er weiß es selbst nicht. Sobald seine Träume Wirklichkeit
werden, ist das Risiko groß, selbst ein Opfer seiner Sklaven zu werden. Dr.
Merredith starb in einem Augenblick, als Moodor-Clint träumte. Mein Kollege
beging den Fehler, daß er sich zu oft mit den Figuren beschäftigte, daß er sie
zu oft und vor allen Dingen zu lange in seiner unmittelbaren Nähe aufbewahrte.
Er schlief kaum noch. Wie ein Kind, das ein technisches Spielzeug bewundert, so
beobachtete er die Tonmännchen. In einem Augenblick, als er sich Notizen über
das Verhalten einer der magischen Skulpturen machte, griffen die beiden anderen
ohne Grund ein. Dr. Merredith starb durch eine Stricknadel, die ihm in die
Schläfe gestoßen wurde. Und zwar durch zwei andere Tonfiguren, die sich zu
diesem Zeitpunkt in seinem Zimmer aufhielten. Es sind dieselben Skulpturen, die
der Inspektor an sich nahm.«
Das Bild
rundete sich ab. »Und diese Skulpturen wiederum sind für Dixons Tod
verantwortlich zu machen«, murmelte Larry. »Die Story von dem Unbekannten, der
die Skulpturen holen wollte, stimmt also nicht.«
»Nein, sie
stimmt nicht. Es stimmt vieles nicht. Obwohl Sie ein Außenstehender
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