088 - Die Alpträume des Mr. Clint
wirklich«, forderte Morna Larry auf.
»Wie hast du
meine Fährte aufgenommen?« fragte er scherzend. »Seit wann kannst du hellsehen?
Wie ist es möglich, daß du im Augenblick der größten Gefahr auftauchst und mich
aus der Patsche ziehst?«
»Viele Fragen
auf einmal, mein Lieber. Ich rede später mit dir darüber. Unter vier Augen.
Ich kann auch
hexen. Nur eins: Wir haben gemeinsam am selben Tau gezogen. Deshalb bin ich
hier. Ich war in Moodor-Clints Wohnung. Dort wollte man mich guillotinieren.
Das ging schief. Ich dachte: Rede mit Larry, hol dir den Rat deines großen
Freundes!«
»Du hast
wieder mal recht getan, Schweden-Girl.«
»Ich kam
gerade durch den Park, als ich dich nur wenige Schritte von mir entfernt auf
dem Weg gegenüber laufen sah. Ich wollte schon rufen. Da fiel mir auf, daß
jemand hinter dir herging. Das sah ein bißchen komisch aus. Normalerweise geht
man doch neben seinem Gesprächspartner, gerade dann, wenn der Pfad breit genug
ist. Ich dachte mir, daß da etwas nicht stimmt. Obwohl dein Hintermann keine
Kanone in der Hand hatte. Jedenfalls konnte ich keine ausmachen. Ich blieb am
Ball. Es war nicht umsonst.«
»Danke!«
Blitzschnell hauchte er einen Kuß auf ihre Lippen. »Und nun kümmere dich mal
schön um den Gentleman in der Ecke, bevor er in die Hosen macht.« Er deutete
auf Dr. Frelly.
»Drüben im
Haupthaus muß etwas passiert sein. Man hat den Schrei bis hierher gehört. Ich
habe einen Verdacht.« Aus den Augenwinkeln heraus warf er einen Blick auf den
toten Moodor. »Schade! Daß es so kommen würde, hat kein Mensch geglaubt. Aber
vielleicht meint das Schicksal es gut mit uns. Vielleicht hatten wir mehr als
nur einen Schutzengel, Darling, wer weiß? In diesem Raum hier wurden Kräfte
freigesetzt, über die wir nichts wissen und worüber wir uns demnach auch kein
Urteil bilden können. Kräfte und Gegenkräfte jedoch sind wie Ursache und
Wirkung. Sie gehören zusammen. Vielleicht war es Schicksal, vielleicht Zufall,
daß die Kugel, die mir bestimmt war, Moodor traf. Sein Tod ist bedauerlich wie
jeder Tod. Aber er war die einzige Möglichkeit. Ich hoffe es jedenfalls. Ich
hoffe, daß ihn seine magischen Fähigkeiten nicht überlebt haben.«
Larry beeilte
sich, nach drüben zu kommen. Morna hatte den Auftrag, mit Dr. Frelly zu folgen.
Im Sanatorium
angekommen, mußte sich Larry durch eine Menschentraube kämpfen, die sich auf
dem Gang versammelt hatte. Er hatte Mühe, durch die Tür zu kommen, hinter der
Harold Glancy lag.
Völlig
erschöpft traf er dort auf die bleiche Susy Wyngard, auf Nachtschwester Edith
und zwei weitere Leute vom Pflegepersonal.
Das Fenster
zu Harold Glancys Zimmer war eingeschlagen. Auf der Bank lagen bunt
durcheinandergewürfelt die kleinen braunen Männchen. Auf den ersten Blick war
nicht klar erkenntlich, ob es sich um fünfzig oder hundert Tonfiguren handelte,
die ins Zimmer eingedrungen waren.
Und sie
hatten etwas mitgebracht. Eine große Säge. Sie lag neben dem Bett von Harold
Glancy.
Dieses Instrument
war von der Terrasse herangeschleppt worden. Dort arbeiteten seit Tagen die
Handwerker, um einen Verbindungsweg von dieser Terrasse zu der
gegenüberliegenden zu bauen.
Susy Wyngard
berichtete: »Ich beobachtete den Monitor. Plötzlich wurde die Scheibe eingeschlagen.
Ich sah, daß zahlreiche dieser kleinen braunen Tonfiguren in das Krankenzimmer
rannten. Sie schleppten die Säge mit. Es war ein Alptraum, den ich sah, ich
fürchtete, wahnsinnig zu werden. Diese kleinen Männchen legten die Säge über
die Brust des schlafenden Mister Glancy. Dann rannte ich los. Ich glaube, ich
schrie gellend auf. Ich schrie das ganze Haus zusammen. Als ich im Zimmer war,
wachte Mister Glancy auf. Auch er schrie. Und dann war der ganze Spuk zu Ende.
Die Männchen fielen hin und rührten sich nicht mehr. Das Werk, das sie begonnen
hatten, konnten sie nicht zu Ende führen. Nämlich Glancy zu zersägen.«
»Für einen
normalen Menschen ist es schwer, die Vorgänge zu verstehen! Es war ein
Alptraum. Aber es war der von Mister Moodor-Clint. Und damit wird es jetzt ein
für allemal zu Ende sein. Die Figuren sind tot, der Lebensbogen zerstört. Aber
den Vorbildern ist offenbar nichts passiert.«
Er machte die
Probe aufs Exempel, nahm die ihm nachgebildete Skulptur aus der Tasche und
brach sie langsam mitten entzwei. Nichts geschah.
Larry atmete
auf. Er näherte seinen Kopf der hübschen Schwester und sagte: »Heute abend muß
ich hierbleiben, es hilft alles
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