0883 - Die große Pyramide
die einfache, aber geschmackvolle Inneneinrichtung des Restaurants deutete darauf hin, daß diese Stadt einmal mitten im Orient gelegen war. Das Hotel, nicht besonders groß, war kaum besetzt. Als Cherto und Yana das Hotelrestaurant betraten, winkte ein Mann, der allein an einem Tisch saß. Alles, was Cherto sehen konnte, mißfiel ihm gründlich. Er machte ein steinernes Gesicht und ging mit Yana, die vor Fröhlichkeit geradezu tänzelte, auf den Tisch zu.
Der Fremde stand auf; es war deutlich, daß er es eigentlich weit unter seiner Würde fand. Seine Augen hatten einen träumerischen, abwesenden Ausdruck.
Er schien ein Gäa-Albino zu sein, sah überraschend jung und unreif aus.
„Guten Abend", sagte er.
„Das ist Cherto Sakero", stellte Yana vor. „Und das ist mein Freund." Ein winziges Zögern, das Cherto genau registrierte. „Er heißt Bont Ma-nor und ist sehr an meiner Arbeit interessiert."
„Nett, uns kennenzulernen", gab Cherto kühl zurück. Im selben Moment geschah etwas mit ihm, was ihn erschrecken ließ. Es war, als ob ein haarfeiner eisiger Strahl oder ein Hitzestrahl seine Schädeldecke durchbohren und mitten im Hirn langsam platzen würde. Unsinn, sagte sich Sakero. Die Hirnsubstanz ist völlig schmerzunempfindlich. Er war nicht sicher, was das zu bedeuten hatte, setzte sich aber links neben den Fremden. Fast magisch wurde sein Blick von einem Amulett angezogen, das der Weißling an einem stabilen, ovalen Reifen um den Hals trug.
Das Amulett glich einem unbearbeiteten Quarzkristall von Walnußgröße. Etwa zehn Sekunden lang hing der Blick Chertos an dem Klumpen, und allmählich schälte sich flimmernd das Bild eines menschenähnlichen Wesens heraus. Es schien mit der rechten Hand zu winken. Cherto Sakero hatte für derlei Spielereien keinen Sinn und sagte trotzdem: „Hübsches Spielzeug haben Sie um den Hals, Manor."
Manor schien die Bemerkung nicht gern zu hören. Er war wohl, sagte sich der Chef, laute Beifallsbezeigungen für seinen guten Geschmack gewohnt.
„Ein wertvolles Erinnerungsstück an meinen Vater", erklärte der Fremde. „Wie gehen die Arbeiten Voran?"
„Würden wir weniger oft sabotiert werden", erklärte Sakero, „würden wir eher fertig."
„In der Tat!" sagte der hochgewachsene, dünne und schmalbrüstige Mann mit der weißen Haut.
Sein Oberkörper wirkte kurz und mißgebildet. Überrascht bemerkte Cherto plötzlich zum erstenmal, daß Yanas Freund ein ungewöhnlich gutes Gesicht hatte. Die vollen Lippen, eine schmale und edel wirkende Nase und gleichmäßige Gesichtszüge, die eines relativ jungen Mannes, tiefblaue Augen und dieses merkwürdig metallisch schimmernde Haar ... Chertos Mißtrauen wuchs noch mehr, als er förmlich spürte, daß sich Yana voll im Bann oder unter dem Einfluß dieses Bont Manor befand.
„Falls Sie die Idee haben, hier zu essen; ich muß passen. Ich habe schon in unserer Kantine gegessen", erklärte Cherto. Wieder fühlte er undeutlich, wie etwas nach ihm tastete. Er war sicher, daß er sich diesen Effekt nur einbildete, aber der Umstand, daß es passierte, verstärkte seine Abneigung.
Dieser Mann war zumindest rätselhaft, vielleicht auch gefährlich.
„Fühlen Sie sich nicht gezwungen", sagte Manor. Er schien verdrossen zu sein. Er wirkte wie jemand, dem ein vielversprechendes Vorhaben fehlgeschlagen war.
„Keineswegs."
Margor-Manor war tatsächlich verblüfft und verärgert. Er hatte zweimal versucht, Cherto zu seinem Paratender zu machen. Er war an einer undurchdringbaren Mauer des Widerstands abgeprallt. Dabei wußte er, daß der Projektleiter sich nicht bewußt gegen ihn sträubte, sondern daß einfach mangelnde Affinität und irgendein biologischer Trick oder besser eine Unfähigkeit die Gründe waren, daß Cherto ihm nicht im entscheidenden Moment willenlos helfen würde. Er wandte sich Yana zu und fragte in gespieltem gutgelaunten Ton: „Macht die Arbeit Spaß?" .„Spaß ist nicht der richtige Ausdruck", erklärte die Ägyptologin und himmelte Manor derart an, daß sich Cherto verlegen zur Seite wendete. Ihr fiel es nicht im mindesten auf. „Wir sind ein hervorragendes Team. Wir tun alles, um der Pyramide das /Geheimnis zu entreißen - falls es eines gibt."
„Vermutlich nicht. Soviel ich gehört habe, hat man die Pyramide schon tausendmal vermessen, durchforscht und durchsucht."
Das Essen kam. Cherto orderte einen doppelten Whisky und wünschte den beiden einen Guten Appetit. Langsam füllte sich das Restaurant mit
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