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0883 - Labyrinth der Kugelhöhlen

0883 - Labyrinth der Kugelhöhlen

Titel: 0883 - Labyrinth der Kugelhöhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Zamorra sah sich um. Das ewige Weiß, es schmerzte in den Augen des Betrachters. Der Professor konnte sich vorstellen, dass dies auch dazu betrug, dass die Bewohner einer solchen Überfallenen Welt irgendwann resignierten. Die Gebäude, die sich nach allen Seiten hin bis zum Horizont ausdehnten, waren von verschiedenster Bauweise - die sicher oft waghalsige, spannende Architektur wurde jedoch durch die Monotonie der Farbe abgetötet.
    »Ist eigentlich noch nie jemand auf die Idee gekommen, eine weiße Stadt mit Farbanarchie zu begegnen?« Artimus van Zant schien den gleichen Gedanken wie Zamorra zu hegen. »Ich meine, jede Menge Farbe… ein paar begabte Sprayer… dann würde die Sache gleich anders aussehen.«
    Vinca von Parom blickte seinen Kriegerbruder an. »So etwas wurde tatsächlich einmal versucht. Es waren junge Paromer, die eine Theorie hatten, die besagte: Wenn wir die Steine nicht besiegen können, dann sollten wir sie annehmen, bewohnen, sie gestalten, wie wir es lieben. Das Ergebnis war ernüchternd. Keiner der jungen Wilden hielt es länger als einen Tag in einem solchen Haus aus. Die Gebäude schienen sie psychisch und physisch abzulehnen, zu vertreiben; einige von ihnen waren dem Wahnsinn nahe, als sie die Flucht ergriffen. Und die Farbe, die herrlichen Bilder, mit denen man die Häuser grellbunt angemalt hatte, verschwand über Nacht. Einfach so. Sie wurde blass, durchscheinend, machte wieder dem reinen Weiß Platz.«
    Zamorra und Artimus sahen einander an. Die Städte schienen gegen jede Art der Attacke gewappnet zu sein. Natürlich war das wohl eher eine Art des Happening gewesen, doch die Stadt - ihre Wurzel, die Herrscher… wer auch immer - hatten selbst diesen Versuch sofort im Keim erstickt.
    Van Zant stieß Zamorra an. Mit dem Kopf deutete er in eine Richtung. Zamorra nickte nur - er hatte es bereits gesehen, zu übersehen war es ja auch nicht. Der Kokon. Mochte die Einfarbigkeit zu Depressionen führen, so war es dieser Anblick, der wie eine kalte Hand nach dem Herzen griff.
    Die mächtige Röhre stieß hoch bis in den Himmel Paroms. Aus dieser Entfernung wurde Zamorra die Monumentalität erst richtig deutlich. Weiß - natürlich! Doch immer wieder durchsetzt mit schwarzen Flecken, hässlich, wie bösartige Geschwülste, beinahe so, als hätte eine Titanenhand einen schmutzigen Lappen gegen den Kokon geklatscht.
    Zamorra wusste genau, wie diese Flecken aus der Nähe betrachtet erschienen. Jeder von ihnen zeigte das Symbol eines Knotens, geknüpft aus vier starken Seilen. Der Knoten - die Knotenwelten. Im Grunde war es erstaunlich für ein Gebilde, wie es eine weiße Stadt war, auf solch eine verfeinerte Symbolik zurückzugreifen. Vinca von Parom lag mit seiner Einschätzung der Ausmaße nicht falsch. Auch Zamorra schätzte den Durchmesser der Röhre auf sicher vier bis fünf Kilometer.
    Vinca von Parom beachtete die Anomalität nicht, schenkte ihr nicht einmal einen Blick. Mit gesenktem Kopf bewegte er sich in alle Richtungen, ganz wie der Spürhund, der seine Fährte noch nicht aufgenommen hatte. Zamorra und van Zant blieb nicht viel anderes übrig, als ihm zu folgen.
    Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. »Hier… direkt unter uns muss es sein, es muss ganz einfach der richtige Punkt sein…« Vinca bemerkte an den Gesichtern seiner Begleiter, dass die kein einziges seiner Worte richtig zu deuten wussten. »Als Kinder spielten wir immer Höhlenjäger. Unsere Eltern waren nicht gerade begeistert, wenn wir unsere kleinen Expeditionen starteten, aber sie konnten uns nicht halten.«
    »Was haben eure Religionsführer dazu gesagt? Die Höhlen der Kugelgötter müssen doch so etwas wie heilige Orte gewesen sein.« Artimus dachte an seine Südstaatenheimat. Gottesfurcht hatte man zu seiner Kinderzeit dort noch groß geschrieben. In einer Kirche spielen, oder gar auf einem Gottesacker - undenkbar. Vinca brachte ein Lächeln zustande.
    »Nein, Artimus, das kannst du sicher nicht miteinander vergleichen. Religionslehren, wie ihr sie auf eurer Welt kennt, waren uns fremd. Die Kugelgötter und ihre Höhlen im Bauch Paroms, das waren Geschichten, wie man sie vielleicht mit euren Märchen vergleichen kann. Die Götter, die ja nun am Himmel zu Sternen geworden über uns wachten, waren nichts weiter als freundliche Sinnbilder. Kein Paromer kam auf die Idee, daraus eine Doktrin zu machen. Wir sangen Lieder über sie, erzählten uns die Geschichten der so verschieden großen Götter, nannten unsere

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