0883 - Labyrinth der Kugelhöhlen
»Verschwinde einfach. Geh weiter, kaufe dir ein paar Huren oder was auch immer. Aber belästige mich nicht weiter.«
Es war, als habe er ihre Worte überhaupt nicht gehört. Er bückte sich zum Objekt seiner Begierde, zog die nackte Frau an ihren Zöpfen auf die Füße. Ungeniert griff er zu.
»Nicht übel. Dafür zahle ich dir natürlich einen guten Preis. Sie ist ein wenig klein, aber alles andere. Ja… wirklich nicht übel. Wo hast du sie her? Eine solche Ware findet man heute nicht mehr überall, das gebe ich gerne zu. Ich…«
Er hörte etwas unangenehm laut knacken, als bräche jemand trockenes Holz entzwei. Das es kein Holz, sondern sein eigenes Genick war, das hier einen so hässlichen Ton erzeugte, wurde ihm nicht mehr bewusst, denn da war er bereits tot.
Die Frau fing das Gewicht des Toten spielerisch leicht auf, setzte ihn mit dem Rücken gegen eine Wand. Dann griff sie nach dem Lederriemen, der um den Hals der Nackten gewunden war, zog sie daran hinter sich her wie einen jungen Hund.
»Hast du es bemerkt? Er wollte dich. Und ich habe ihn getötet, weil er dich angefasst hat. Niemand fasst dich an - nur ich. Du bist schön, regst die Männer mächtig auf, nicht wahr?«
Die Nackte gab keine Antwort, trottete nur mit hängendem Kopf hinterher.
»Van Zant hast du auch aufgeregt.« Sie lachte. »Er wird kommen, da bin ich sicher, denn er will dich zurückhaben. Krst einmal muss er uns aber finden. Nun, das schafft er schon. Du solltest anfangen dir zu wünschen, dass er bald kommt, denn ich bin nicht sehr geduldig. Ich kenne da ein paar Sachen, die würden dir überhaupt nicht gefallen. Je länger ich warten muss, umso größer wird die Chance, das ich sie an dir ausprobiere. Hältst du gut Schmerzen aus?«
Die Nackte geriet ins Stolpern, fing sich noch gerade rechtzeitig ab. Der Boden hier war holperig, voller Steine, Kot und dem üblichen Unrat, den man auf Sklavenmärkten in den Schwefelklüften so finden konnte.
Sinje-Li zog wütend an der Leine, riss Rola DiBurn schmerzhaft nach vorne.
Wo bist du, Artimus? Komm schnell, sonst ist das hier mein Ende…
Rola konnte ja nicht ahnen, in welcher Lage van Zant sich selbst befand.
***
Vinca von Parom machte sich Sorgen.
Er hatte nicht mitgezählt, dass wievielte Dach er bereits erklommen hatte, um von dort einen besseren Rundblick zu bekommen.
Das allerdings hatte noch keinerlei Erfolg gebracht - er konnte Artimus einfach nicht finden. Natürlich war es leicht, sich hier unsichtbar zu machen. Man musste nur in irgendein Gebäude gehen, schon nutzte der beste Ausblick nichts mehr.
Van Zant kam mit dieser Situation sicher nicht klar.
Die Praetoren samt ihrem Ductor hatten sich zurückgezogen. Vinca hatte Lakir auf Distanz gehalten, denn er erkannte seine Frau einfach nicht wieder. Irgendetwas musste hier mit ihr geschehen sein. Wahrscheinlich war die verfluchte Wurzel Auslöser dieser Sinneswandlung gewesen. Lakir war nun wieder voll und ganz auf die Ziele der weißen Stadt eingeschworen.
Der Paromer lachte leise auf.
Nun, wenn er ehrlich zu sich war, dann suchte er van Zant nicht nur, weil er sich Sorgen um den Freund machte. Er selbst war es, der einen Gesprächspartner brauchte.
Hoffentlich kam Artimus nicht auf dumme Gedanken? Nein, Vinca schallt sich einen Narren - das kam bei van Zant sicher nicht in Frage. Es war eher denkbar, dass der bereits an einer Lösung, an einem Fluchtplan arbeitete.
Vinca ließ sich am Rand des Daches nieder.
Was brachte die nun kommende Zeit?
Was brachte der Plan?
Es war lange her, dass der Paromer sich so etwas eingestanden hatte: Ja, er hatte Angst vor der Zukunft…
ENDE
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