0883 - Mörderisch
gebraucht und hoffte, daß sie noch nicht eingerostet war.
Vor der kleinen Station blieb er stehen. Zur Tür hoch führten drei schmale Stufen. Das Licht gab ihnen einen matten Glanz. Auch die Fenster glänzten, trotz der an ihnen vorbeitreibenden Nebelschleier. Sie waren erst am vergangenen Tag geputzt worden.
Den Schlüssel zur Tür trug der Konstabler in der rechten Seitentasche seiner Uniformjacke. Er holte ihn hervor, ließ die Stufen hinter sich und schloß die Tür auf.
In einem kleinen Flur fand er sich wieder. Er machte Licht. Rechts von ihm führte die schlichte Holztreppe zu seinen Privaträumen hoch. Geradeaus und direkt vor ihm befand sich der Eingang zu seinem Dienstzimmer. Von dort konnte er auch in die beiden Zellen gelangen, die zumeist leer standen.
Auch die Tür des Dienstzimmers schloß er auf, das heißt, er wollte es, und er stellte plötzlich fest, daß sie gar nicht abgeschlossen war. Der Konstabler blieb noch vor der Schwelle stehen und runzelte seine Stirn. Angestrengt dachte er nach.
Hatte er nun abgeschlossen oder nicht?
So genau konnte er sich daran nicht erinnern, und er mußte ehrlicherweise zugeben, daß er schon des öfteren vergessen hatte, die Tür zu seinem Dienstzimmer abzuschließen. Es war also nichts Ungewöhnliches, was er hier erlebte, und trotzdem war er mißtrauisch geworden, denn er dachte wieder an das fremde Gesicht.
Unsinn, du bist keine Memme!
Er drückte die Tür auf, ging einen Schritt nach vorn und blieb urplötzlich stehen.
Zum erstenmal hatte er den Eindruck, nicht mehr allein zu sein!
***
Da ist jemand. Da muß jemand sein. Hier hat jemand einen Einbruch verübt.
Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf, dabei fing er an zu schwitzen.
Noch immer in der Tür stehend schaute er sich um. Er kannte sein Dienstzimmer so gut wie seine eigene Geldbörse. Er fand sich auch im Dunkeln darin zurecht. An der linken Seite sah er einen kantigen Schatten. Es war der Aktenschrank. Vor ihm befand sich der Schreibtisch mit dem Telefon darauf. Auch einen Computer nebst Bildschirm und Fax-Gerät hatte man ihm hingestellt, das war alles in Ordnung und hatte seine Daseinsberechtigung. Er konnte die Umrisse auch im Dunkeln erkennen, aber den Eindringling sah er nicht. Vorausgesetzt, es war jemand da.
Er schnupperte.
Ihn störte einfach der Geruch, den er nicht gewöhnt war. Preston hatte den Eindruck, als hätte sich ein fremder Gestank zwischen den Wänden seines Dienstzimmers festgesetzt. Identifizieren konnte er ihn nicht, er war eben fremd.
Seltsam…
Halloween…
Mist, ich will nicht daran denken, sagte sich Preston. Ich will es einfach nicht. Und doch dachte er daran. Dieser Abend und die folgende Nacht waren nicht normal, da turnten die Geister und Dämonen durch den Ort, auch wenn es nur verkleidete Menschen waren, dennoch brachten sie stets ein unheimliches Flair mit.
Vom Flur her fiel wenig Licht in den Raum. Ein schmaler, heller Streifen, mehr nicht. Er erreichte nicht mal den Schreibtisch, sondern versickerte zuvor. Deshalb gab es genügend dunkle Stellen im Raum, wo sich jemand verstecken konnte.
Die Kehle wurde dem Konstabler etwas eng. Er spürte fast körperlich, daß sich eine Gefahr zusammengebraut hatte.
Am liebsten hätte er kehrtgemacht und Verstärkung geholt, um mit einigen mutigen Männern sein Dienstzimmer und die Zellen zu durchsuchen. Aber er hätte sich ebensogut lächerlich machen können. Schließlich war Halloween…
Da war alles anders, ein Gruselspaß.
Nicht bei ihm.
Preston bewegte seine rechte Hand. Sie schleifte leise an der Wand hoch, dem Lichtschalter entgegen. Er fand ihn normalerweise mit traumwandlerischer Sicherheit, nicht jedoch in diesem Fall.
Seine Hand gelangte erst gar nicht bis zum Schalter, denn dicht neben ihm, direkt an der Wand, bewegte sich etwas in die Höhe.
Und dann packten kalte, teigige Finger sein Gelenk, und er hörte eine neutrale, flüsternde Stimme.
»Ich will dein Fleisch…«
***
Zuerst hatte ich schon meine Schwierigkeiten gehabt, mit dem ungewohnten Gefährt zurechtzukommen, aber nach einigen Minuten der Übung klappte es einigermaßen.
Ich kannte den Namen des nächsten Ortes nicht. Ich wußte nur, daß er noch näher an London lag und ich von dort aus telefonieren konnte. Sollte es in diesem Dorf eine Polizeistation geben, würde ich von dort aus anrufen.
Ich rollte durch einen dichten Dunst, typisch für diese Jahreszeit. Mit einer plötzlich auftauchenden Gefahr mußte ich immer
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