0886 - Der U-Bahn-Schreck
einmal nannte, hineingeworfen, und es war mehr als einmal nur haarscharf gewesen, aber diese Dinge waren eben der Kick im Leben eines Menschen, auch wenn vor seinem Alter schon die Zahl sieben stand.
Es war nicht mehr spannend genug, wie sie meinte. Sarah spürte das Kribbeln, die Unruhe. Ihrer Meinung nach wurde es Zeit, daß mal wieder etwas passierte.
Jane, die Detektivin, wurde auch nicht eben mit Aufträgen überschüttet.
Auch sie lauerte darauf, hin und wieder einen Fall an John Sinclairs Seite lösen zu können, doch in letzter Zeit hatte sich da wenig getan. Da konnte Jane mit Lady Sarah in ein Horn stoßen.
Das Jahr war bald vorbei. Vielleicht änderte es sich im nächsten. Man würde sehen.
Der Zug lief ein, begleitet von zahlreichen Geräuschen, die sich in der Station ausbreiteten.
Sarah stand auf. Es stiegen nicht viele Leute ein. Mit ihr zusammen noch ein dünner Bursche, der auf seinem Kaugummi kaute, eine Baseballmütze mit dem Schirm nach hinten auf dem Kopf trug und Lederkleidung. Die Hose hatte die Form einer engen Röhre. Im Gesicht des Jungen wuchsen graue Bartschatten, und beide Ohren waren mit Ringen geschmückt.
Sarah stieg vor ihm ein. Sie hörte noch, daß er irgendeinen Song summte.
Die Horror-Oma wandte sich nach links. Um diese Zeit konnte sie sich die Sitzplätze aussuchen. Die Wagen waren halbleer.
Sie entschied sich für einen Platz in der Mitte und bekam mit, als sie aus dem Fenster schaute, wie eine junge Frau an der Seite des Wagens entlanghetzte, es noch soeben schaffte, einzusteigen, denn eine Sekunde später schlossen sich die Türen.
Die junge Frau trug einen grauen Mantel, der nur nachlässig geschlossen war. Sie betrat den Wagen, in dem auch Lady Sarah und der junge Mann mit der Mütze saßen.
Auch sie suchte sich einen Platz aus und ließ sich nicht weit von Sarah entfernt nieder. Es waren die Sitze mit dem Rücken zur Innenwand.
Sechs Personen konnten nebeneinander ihre Plätze finden und die Beine in den Gang strecken. Der Knabe mit der Mütze hockte ebenso auf einem Außensitz wie auch Lady Sarah, und die junge Frau hatte ihren Platz zwischen den beiden eingenommen.
Wenn Sarah sie sehen wollte, mußte sie nach links schauen. Ein freier Sitz befand sich zwischen ihnen. Auch wenn es keine objektiven Anzeichen dafür gab, Lady Sarah hatte sofort das Gefühl, daß etwas nicht stimmte.
Irgendwas war mit der jungen Frau!
Sarah schielte sie an.
Keine Bedenken. Sie saß da wie jeder andere Fahrgast. Vielleicht etwas steifer oder zu steif, wie man es früher den höheren Töchtern zu sitzen beigebracht hatte. Die heutige Jugend war anders, lockerer, cool, mußte alles spannend finden, war zudem selbstsicher und verhielt sich auch dementsprechend, wobei viele allerdings übertrieben.
Nein, nicht so brav wie die junge Frau.
Sie hatte eine steife Haltung eingenommen. Die Hände hatte sie im Schoß verschränkt, ihre Blicke waren nach vorn gerichtet. Lady Sarah konnte sie nur im Profil anschauen.
Die Nase war nicht zu groß, nach vorn etwas in die Höhe gebogen. Ein breiter Mund, große Augen, die Haare waren blond und grau zugleich, als hätte jemand Strähnen hineingefärbt. So machte man sich älter, das war eher unvorteilhaft.
An der nächsten Station, die schnell erreicht wurde, füllte sich der Zug.
Da waren mehrere Schulklassen unterwegs. Vielleicht ein Ausflug oder eine Besichtigungstour. Lady Sarah wußte es nicht, aber es kam Leben in die Bude.
Plötzlich war der Wagen voll. Der Lärm der Stimmen überschnitt sich, es wurde bunt, was auch an der Kleidung lag, und das Lehrpersonal war überfordert. Ruhig würde es die Schüler nicht bekommen. Vielleicht etwas leiser.
Die junge Frau mit den aschblonden Haaren rutschte nach rechts. Direkt neben der Horror-Oma blieb sie sitzen und hatte der neuen Nachbarin beim Hinsetzen nicht mal einen flüchtigen Blick zugeworfen. Wieder blieb sie steif auf dem Platz hocken, die Hände in den Schoß gelegt.
Sarah runzelte die Stirn. Sie war eine kommunikative Person, man konnte sie aber auch als neugierig bezeichnen, denn sie interessierte sich für andere Menschen.
Und diese fremde junge Frau machte auf sie den Eindruck, als hätte sie Sorgen oder wäre in sich selbst versunken. Möglicherweise traf auch beides zu. Sarah hätte gern gewußt, welcher Mensch hinter dieser Fassade steckte.
Ob sie auch unterwegs war, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen? Vielleicht für ihren Freund oder ihre Eltern. Sarah spann den Faden
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