0891 - Fu Longs Rückkehr
überhaupt Rache unter diesen Umständen? Vielleicht sollte ich lieber meinen Status Quo bewahren, wie ich das immer habe tun wollen. Harmonie, die Waage halten und was dergleichen mehr ist.
Nein!, rebellierte es in seinen Gedanken. Ich will Rache, unter allen Umständen! Jin Mei soll gerächt werden! Wieder drohte ihn die Trauer zu übermannen. Der einzige Grund, warum er Jin Mei damals zur Vampirin gemacht hatte, war der, dass sie hatte leben sollen. Ewig, wenn es sein musste - aber zusammen, zu zweit, hätten er und sie diese Ewigkeit gemeinsam meistern können.
Sie zu rächen ist das Einzige, was ich noch für sie tun kann.
Fu Long riss seinen Anblick von dem Pfingstrosenstrauch, den Jin Mei so gemocht hatte, weg. Er war sich das erste Mal seit Wochen sicher, was er zu tun hatte. Er hatte ein Ziel.
Es tat gut, wieder zu wissen, warum man im Gegensatz zu seinen Lieben am Leben geblieben war. Doch die Rache war ein Gericht, das kalt gegessen werden musste, dessen war sich Fu Long bewusst. Siegen wird der, der gut vorbereitet darauf wartet, den unvorbereiteten Feind anzugehen, rief er sich einen Satz des berühmten Kriegsphilosophen Sun Zi ins Gedächtnis.
Ja, so musste er das angehen. Wenn er Satans Ministerpräsidenten wirklich treffen wollte, dann musste er erst einmal dessen Achillesferse finden.
***
Doch diese schwache Stelle bei dem Dämon zu finden, der in der Höllenhierarchie ganz oben und damit direkt unter LUZIFER persönlich stand, erwies sich als schwieriger als gedacht.
Fu Long klapperte alle Bibliotheken in der realen Welt ab, in denen er Texte über die Hölle vermuten konnte, doch er hatte keinen Erfolg.
Nun, das war auch nicht zu erwarten, dachte er leicht missmutig, als er sich wieder einmal aus einem kleinen Antiquariat in einer Nebengasse von Paris nach Choquai zurückversetzte. Er hatte dort nach Unterlagen gesucht, die ihn über die derzeitige Dämonenhierarchie in der Hölle hätten aufklären können, und in der Regel war der kleine Laden mit dem scheinbar uralten Mann darin auch eine wahre Fundgrube der Magie und des Wissens.
Doch diesmal hatte er Pech gehabt, so wie auch an allen anderen Orten der Erde, an denen er gesucht hatte. Nirgendwo war etwas zur gegenwärtigen Lage und Situation der Hölle verzeichnet. Nun gut, überlegte Fu Long, eigentlich sollte mich das nicht wundern und ich hätte es auch nicht erwarten dürfen. In diesem Zeitalter glaubt man an so etwas wie die Hölle nicht mehr, man könnte Dinge, die dort geschehen, wohl nur an harmlosen Nachrichten erkennen.
Obwohl Fu Long durchaus mit so modernen Diensten wie Internet oder Zeitung umgehen konnte, wusste er, dass es ein geradezu unmögliches Unterfangen sein würde, auf diese Weise etwas darüber in Erfahrung zu bringen, wer Lucifuge Rofocale eigentlich war und wer möglicherweise seine Gegner sein konnten.
Wahrscheinlich wird es einfacher, wenn ich mich direkt mit Zamorra und seinen Freunden unterhalte. Er hatte auch schon vorher überlegt, ob diese Vorgehensweise nicht vielleicht sogar den Weg zu Informationen abkürzte, aber immerhin war Fu Long Vampir. Das Vertrauen Zamorras hatte er sich über Jahre hinweg mühsam erarbeitet.
Wieso eigentlich?, schoss es ihm durch den Kopf. Ja, weil ich nicht wollte, dass das Ende der Welt kommt, und ich alles dafür tun wollte.
Eins war klar, es gab keine bessere Quelle über das, was in der Hölle vor sich ging, als den Meister des Übersinnlichen.
Und er ist mir wegen meiner Hilfe rund um seinen Geist auch immer noch etwas schuldig. Nun, das werde ich mit entsprechenden Informationen einlösen, dachte der Vampir zufrieden.
***
»Puh. Ich hasse solche Alltäglichkeiten.«
Professor Zamorra ließ sich stöhnend im großen Salon im Erdgeschoss von Château Montagne in ein Sofa fallen. Draußen war es bereits dunkel - er und Nicole Duval waren den ganzen Tag von Paris aus hier nach Lyon zurückgefahren, wo Zamorra an der Sorbonne eine seiner obligatorischen Pflichtvorlesungen gehalten und wo Fashion-Junkie Nicole währenddessen wieder die Boutiquen geplündert hatte.
Das war nicht nur eine Marotte von Nicole, sondern diente auch als ihre Art der Stressbewältigung. Schließlich hatten sie in den letzten Wochen genug um die Ohren gehabt. Erst die Ereignisse um Sabeth und ihren Blutdurst, der Auswirkungen auf die Patienten im Krankenhaus von Lyon gehabt hatte. Sabeths Blutdurst hatte sich für sie als Wächterin von Armakath als großes Problem erwiesen. Der Ductor der
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