0891 - Fu Longs Rückkehr
Long«, fügte der Meister des Übersinnlichen noch mitfühlend hinzu. »Aber ich fürchte wirklich, deine Familie hatte keine Chance gegen ihn.«
Fu Long hatte mit unbewegter Miene zugehört.
»Mich interessiert eigentlich nicht, für wie stark du ihn hältst, Zamorra. Ich würde gern etwas über seine Schwachstellen wissen. Vielleicht auch über seine Feinde.«
Nicole, die sich bislang kaum am Gespräch beteiligt hatte, schnaubte.
»Du meinst, außer, dass er völlig von sich eingenommen ist?«
»Das mag eine Schwachstelle sein, Mademoiselle Duval, aber wer seinen Feind nicht kennt, der wird nicht siegen.«
»Sun Zi, die Kunst des Krieges«, erwiderte Nicole ungerührt. Über Fu Longs hartes Gesicht huschte ein Lächeln. »In der Tat. Und dort heißt es auch: Verbünde dich mit den Feinden deines Feindes.«
»Moment mal.« Zamorra stand auf. »Stop. Ich kann verstehen, dass du Rachegelüste hast und dich rächen willst. Aber erwarte nicht von mir, dass ich dir dabei helfe.«
In Fu Longs Augen blitzte es auf. »Und warum nicht? Ich habe dir bereits mehr als einmal geholfen!«
»Das hast du, ja, ich habe das nicht vergessen. Aber vielleicht hast du ja vergessen, dass ich für die falsche Seite kämpfe«, erinnerte ihn Zamorra.
»Du kämpfst gegen das Böse. Das will ich auch tun.«
»Oh nein. Ich kämpfe für das Gute«, konterte Zamorra. »Das ist ein Unterschied. Ich werde dir nicht helfen, in der Hölle einen Krieg zu entfachen, der auch Auswirkungen auf unsere Dimension und unsere Welt hat. Lucifuge Rofocale stammt nicht aus unserer Dimension, sondern aus einer Spiegelwelt. Ich habe keine Ahnung, welche Kräfte er besitzen könnte, und ich werde nicht darauf hinarbeiten, dass er sie alle offenbart.«
Fu Long schwieg und suchte scheinbar in Zamorras Miene einen Hinweis darauf, dass er es sich anders überlegen könnte. Doch der Professor erwiderte den Blick furchtlos.
»Ich verstehe dich, Zamorra«, sagte er nach einer langen Pause. »Es tut mir sogar leid, dass ich dich darum gebeten habe. Ich werde dich in dieser Sache nicht mehr belästigen.« Damit stand er auf und ging in Richtung Tür.
»Ist deine Rache das denn wirklich wert?«
Fu Long drehte sich in der Türöffnung noch einmal um. »Ja. Lucifuge Rofocale hat mir mehr genommen als damals Kai-Xuan.«
Zamorra erinnerte sich schwach. Kai-Xuan war der chinesische Triadenboss gewesen, der vor über 140 Jahren Fu Longs Meister Li Si-Wen umgebracht hatte. Und dessen Tochter Xia-Ji, die Fu Long wohl, ohne sich das je einzugestehen, mehr geliebt hatte als sein eigenes Leben.
»Du bist Vampir. Du könntest dir wieder eine Familie schaffen«, sagte Nicole.
»Eine Familie? Ja, die könnte ich mir wieder schaffen. Aber ich habe wieder meinen Frieden verloren. Und diejenige, mit der ich diesen Frieden auf ewig hätte teilen können.«
Nicole schwieg betroffen.
»Lucifuge Rofocale hat Jin Mei getötet.« Zamorra sagte das eigentlich nur, um es einmal ausgesprochen zu hören.
»Ja«, sagte Fu Long nur.
Er sah noch einmal zum Meister des Übersinnlichen und zu dessen Gefährtin hinüber. »Ich wünsche euch eine gute Nacht.«
***
Stirnrunzelnd sah Zamorra dem alten, chinesischen Gelehrten hinterher.
»Ich weiß ja immer noch nicht, ob ich ihn mag oder nicht, Nici. Aber wenn ich mir vorstelle, dass du…«
»Mensch, wir sind doch Idioten!« Nicole unterbrach den Meister des Übersinnlichen unsanft, sprang vom Tisch, auf dem sie gesessen hatte, herunter und rannte wie angestochen aus dem Zimmer. Verwirrt sah Zamorra ihr hinterher.
»Was ist denn los, Nici?«, fragte er verständnislos, als seine Gefährtin wutschnaubend wieder zur Tür hereinkam.
»Dieser hinterlistige alte Langzahn!«, schimpfte sie. »Er hat uns nicht gesagt, wie er hier ins Schloss kam! - Na ja, ich werde gleich mit William mal die Kreidezeichen abgehen und den Schutz erneuern. Ach, und was seine Familie angeht - es tut mir leid für ihn, ja, aber ich glaube nicht, dass ihm das das Recht gibt, Lucifuge Rofocale so zu reizen, dass es der ganzen Welt…«
»Komm schon, Nicole, als ob du oder ich das in seiner Lage anders machen würden«, unterbrach Zamorra seine wütend vor sich hinschimpfende Gefährtin und fing sich prompt einen bösen Blick ein. »Ich muss ihm nicht helfen, aber vielleicht hätte ich ihm doch mehr erzählen sollen. Dann wüssten wir jetzt vielleicht auch, was er vorhat. Ich mag mir nicht vorstellen, was passiert, wenn Fu Long sich mit der Hölle
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