0891 - Fu Longs Rückkehr
wirkenden Chinesen, der ihn offenbar zu sich gebeten hatte.
Fu Long, der mit einem gehörnten, womöglich dunkelhäutigen teufelartigen Wesen gerechnet hatte, das mit lautem Knall und beinahe unerträglichem Schwefelgeruch erschien, erwiderte den Blick erstaunt. Er hatte damit gerechnet, dass Asmodis sich lautstark über die Beschwörung beschweren würde. Stattdessen blickte der ehemalige Fürst der Finsternis ihn nur aus seinen unergründlich wirkenden Augen streng an.
Bevor sich jedoch ein unangenehmes Schweigen zwischen den beiden ausbreiten konnte, trat der wie ein Geschäftsmann aussehende Ex-Dämon aus dem Kreidekreis.
»Nun, ich muss sagen, das ist eine Überraschung«, sagte er und ließ seinen Blick erneut über die Bibliothek schweifen. »Für einen Moment glaubte ich, ich sei aus einer anderen Zeit heraus beschworen worden.«
Fu Long lächelte höflich. »Dies ist eine Kunst, die ich nicht beherrsche. Ich denke, in dieser Dimension sind wir alle der Zeit unterworfen. Auch Dämonen wie Asmodis.«
»In der Tat«, erwiderte Asmodis. »Allerdings bevorzuge ich in diesen Tagen meiner Existenz den Namen Sam Dios.«
Fu Long neigte den Kopf. »Gern, Mister Dios. Ich darf mich vorstellen, mein Name ist Fu Long.«
Asmodis nahm auf eine Geste des Vampirs hin Platz an einem kleinen Teetisch. »Ich muss gestehen, ich bin neugierig, was einen chinesischen Gelehrten veranlasst, mich zu beschwören. Ich bin sicher, dieser Ort hier liegt nicht in der normalen Welt. Oder doch?«
»Das ist richtig«, sagte Fu Long und goss grünen Tee in winzigen Tassen. »Sie befinden sich in Choquai, falls Ihnen das etwas sagt. Eine Welt, die im Traum des Wolfsdämons Kuang-Shi besteht und in der Vampire eine friedliche Existenz führen konnten. Ich selbst bin Vampir und regiere in dieser Welt.«
Asmodis sah mit neu erwachtem Interesse auf die in schlichten dunkelblauen Brokat gehüllte Gestalt neben ihm. »Fahren Sie fort.«
»Ich hätte Sie sicher nicht auf diese seltsame Art behelligt, Mister Dios, wenn ich nicht in der Verlegenheit wäre, Informationen über Lucifuge Rofocale zu benötigen.«
Der uralte Dämon stutzte und lachte dann leise auf. »Lucifuge Rofocale. Ich habe der Hölle bereits vor Jahren den Rücken zugekehrt und beteilige mich nicht mehr an ihren Intrigen.«
»Dann wissen Sie nichts über diesen Teufel? Oder über die Hölle als solche?«
Asmodis - oder Sam Dios - machte eine Pause. »Doch. Und ich werde Ihnen erzählen, was ich über ihn weiß - wenn Sie mir Ihrerseits sagen, warum Sie das wissen wollen.«
Fu Longs Augen verdunkelten sich, und erstaunt nahm Asmodis zur Kenntnis, dass er mit einem Mal Respekt vor diesem ein wenig schmächtig wirkenden Gelehrten bekam.
»Lucifuge Rofocale hat einen magischen Stein, dem ein großer Teil der Macht Kuang-Shis innewohnt und der sich in meinem Besitz befindet, entführt. Es gelang Professor Zamorra und mir, ihm den Hong Shi wieder abzujagen. Er kam daraufhin hierher, um Kuang-Shi doch noch aus seinem ewigen Traum zu wecken, doch es gelang ihm nicht. Meine Familie konnte ihn aufhalten. Doch ein großer Teil meiner Familie musste das mit ihrem Leben bezahlen. Darunter war auch meine Frau.«
Asmodis zog die Brauen hoch, erwiderte aber nichts. Er versuchte, die Konsequenzen des eben Gesagten abzuschätzen. Fu Long hatte offenbar große Kenntnisse in der Magie. Wenn er sich nun gegen diesen Erzdämon stellen wollte? Dann wäre in der Hölle förmlich der Teufel los.
Er überlegte. Seine Beschwörung war völlig korrekt ausgeführt worden, ohne Fehler, sauber, ordentlich, ohne Interpretationsspielraum seinerseits. Das geschah selten, immer war irgendein winziger Fehler zu verzeichnen - der Kreidestrich nicht lang oder nicht dick genug, die Kerzen nicht mit dem richtigen Wachsanteil und was dergleichen mehr war. Doch hier nicht.
Asmodis nahm für sich nicht in Anspruch, jeden Dämon zu kennen, aber er wusste dank Zamorra und seinem Sohn Robert Tendyke einiges über den Kampf des Professors gegen Kuang-Shi und seine Diener, die wolfsköpfigen Tulis-Yon. Es hatte viele Opfer gegeben und hatte mehrere Jahre gedauert, Kuang-Shi wenn schon nicht zu vernichten, so doch unschädlich zu machen.
Wenn das hier der Vampir war, der Zamorra seinerzeit geholfen hatte, diese Gefahr einzudämmen, versprach das nichts Gutes für die Hölle - und auch nicht für Lucifuge Rofocale. Vielleicht war es besser, sich mit diesem Vampir gut zu stellen, dachte Asmodis und nippte noch
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