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0891 - Knochenklaue

0891 - Knochenklaue

Titel: 0891 - Knochenklaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kraft den Hals der Puppe ganz um und zerstörte ihn.
    Aus und vorbei!
    Sie war tot. Die Puppe lebte nicht mehr. Ann spürte es überdeutlich. Ihr kam es vor, als hätte die nicht sichtbare Kraft ein Leben zerstört. Einfach weggerissen, aus der Welt geholt.
    Der Kopf war ab. Körper und Kopf schwebten für einen Moment über dem Boden, bevor die unsichtbaren Hände sie losließen. Auf dem Boden schlugen die Teile auf und blieben liegen. Einen Meter voneinander entfernt. Anns Blick wechselte zwischen dem Kopf der Puppe und dem Körper hin und her.
    Erst jetzt war sie wieder in der Lage, sich zu bewegen. Sie hob sehr langsam die Arme an, bis die Hände das Gesicht erreicht hatten. Dann preßte sie ihre Handflächen dagegen und schob die Haut zusammen, so daß ihr Gesicht einen Ausdruck bekam wie das Abbild in einem Zerrspiegel. Sie erschrak über sich selbst. Sie wollte weinen und konnte es nicht. Sie wollte weglaufen, es war nicht möglich. Sie blieb auf der Stelle stehen und spürte etwas Furchtbares, das in ihren Körper geströmt war. Eine andere Welt, andere Dinge, von denen sie keine Ahnung hatte. Schlimme Sachen, die zwar vorhanden waren, die sie aber nicht erklären konnte. Es hatte sie etwas erwischt, es war etwas um sie herum, das sie nicht sehen konnte.
    Möglicherweise hatte sie noch ein etwas kindliches Gemüt, was ihr nun zugute kam. Sie schrie nicht, sie rannte nicht weg, sie verfiel nicht in Panik, sie bewegte sich aber auf die Verkaufstheke zu, und ging mit sehr langsamen Schritten und hörte kaum, wie sie die Füße aufsetzte. An der Theke blieb sie stehen, legte die Hand darauf. Die Finger zuckten. Sie drehte den Kopf und schaute dorthin, wo sich das Schaufenster befand.
    Es war ein normaler Blick, nur kam er ihr nicht normal vor. Er war in eine Ferne und ein Ziel gerichtet, das es nicht gab oder nur für sie sichtbar war.
    Zwischen ihr und dem Schaufenster befand sich etwas. Dort lauerte das Unsichtbare, das Unheimliche und Starke. Da war eben die andere Kraft, die dabei war, auch sie zu vernichten. Ann rechnete damit, daß es nicht nur die Puppe erwischen würde. Mit ihr war der Anfang gemacht worden. Es ging weiter, immer weiter.
    Die Furcht hatte sich noch weiter gesteigert. Dennoch hielt sich Ann tapfer. Ihre Arme hingen nach unten. Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt, die Lippen zuckten, Anzeichen, daß sie sprechen wollte.
    Und sie schaffte es. »Wer, wer, bist du?«
    Keine Antwort.
    Ann pumpte die Luft in ihre Lungen. Die Augen bewegten sich suchend. Die nächste Frage: »Wer bist du?«
    Ein Schatten?
    Hatten sie einen Schatten gesehen, oder war ihr nur ein Irrtum unterlaufen. Noch einmal sprach sie.
    »Wer bist du?«
    Keine Antwort.
    Diesmal war es kein Schatten. Da hörte sie plötzlich eine Antwort, aber keine gesprochenen Worte.
    Es klang wie ein scharfes Flüstern, und Ann erschrak noch mehr.
    Nein, da flüsterte niemand. Da kicherte jemand. Aus dem Unsichtbaren hervor hörte sie das Kichern, das so voller Häme steckte. Es war einzig und allein an sie gerichtet, es wollte sie auslachen, es war grauenhaft, obwohl es so leise klang, aber sie hörte jeden verfluchten Ton. So laut, so hämisch und zugleich auch wissend, im Gegensatz zu ihr, denn sie wußte nichts mehr.
    »Bist du ein Geist?« fragte Ann und bibberte dabei.
    Das Kichern nahm zu. Ann schloß für einen Moment die Augen, und dann stieß sie einen Schrei aus. Einen Schrei des Entsetzens, denn sie hatte sehr genau gespürt, daß etwas Eiskaltes an ihrer Kehle vorbeigekrochen war und sie für einen Moment nur berührt hatte.
    Eiskalt und - knochig?
    Ja, in dem Moment, als man sie berührte, da hatte sie daran gedacht, von einer Knochenhand gestreichelt zu werden. Von einer Klaue, die aus einem Grab gekommen war und in der Luft schwebte. Ann Cordy fühlte sich verflucht. Innerlich leer und trotzdem voller Angst steckend.
    Der zweite Schrei löste sich.
    Dann erst kam in die junge Frau Bewegung. Plötzlich war ihr alles egal. Sie stürmte auf die Ladentür zu, begleitet von ihrem eigenen Schrei, der an ihren Ohren entlanghuschte. Sie rammte die Klinge nach unten, riß die Tür auf und bekam von der Kälte einen Schlag gegen ihr Gesicht. Darum kümmerte Ann sich nicht. In wilder Panik lief sie nach draußen, rutschte auf einem Stück Eis aus und fiel hin.
    Daß ein Auto in ihrer Nähe hielt, bekam sie nicht mit.
    ***
    Auf der Fahrt nach Ripon hatte Donata McBain wenig gesprochen. Auch ich hatte mich zurückgehalten, um sie in

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