0892 - Der Höllenclub
Schmatzen, was letztendlich auf die Existenz eines Ghouls hingewiesen hätte.
Die Stille blieb.
Kompakt, gefährlich, bedrückend und von einem widerlichen Geruch durchzogen.
Suko gefiel die gesamte Umgebung nicht. Obwohl er nichts hörte und noch weniger sah, kam er von dem Gedanken nicht los, nicht der einzige hier unten zu sein. Oder zumindest nicht das einzige Lebewesen.
Er bewegte sich weiter.
Den Fuß senken, die vor ihm liegende Stufe abtasten, noch tiefer laufen, wieder vorgehen, ein Spiel, an das er sich allmählich gewöhnt hatte und das endete, als er die letzte Stufe erreichte. Vor ihr blieb der Inspektor stehen.
Abermals stellte er seine Lauschsensoren auf scharf, aber die Dunkelheit behielt ihre Geheimnisse für sich. Dieser verfluchte Keller führte ein Eigenleben, er würde sich dem Eindringling gegenüber erst öffnen, wenn er es für richtig hielt.
Es war für Suko nicht ungefährlich, im Dunkeln durch den Gang zu schleichen. Er schob die Hand in die Tasche und holte die dünne Leuchte hervor, schaltete sie allerdings noch nicht ein, sondern wartete mit der Lampe in der Hand zunächst einmal ab.
Was hatte sich verändert?
In der Umgebung wohl nichts, aber der Geruch war intensiver geworden, wie alter Schleim stinkend, der aus irgendwelchen Wunden rann.
Die Existenz eines Ghouls wurde immer wahrscheinlicher. Suko suchte bereits nach dem Zusammenhang zwischen einer derartigen Gestalt und dem Höllenclub oder der Bruderschaft der Mystiker.
Er fragte sich, ob es möglich war, daß sie einen Ghoul verehrten oder anbeteten.
Zwischen den Fingern spürte er die Lampe. Sie war dünn wie ein Füllfederhalter, und er richtete sie mit dem Glas nach vorn, um das durch die Linse scharf gebündelte Licht abstrahlen zu können.
Zwei Sekunden später riß der helle Streifen eine Gerade in die Finsternis.
Und er traf ein Ziel.
Es war eine Wand, nur eine Wand, was Suko beinahe ein wenig enttäuschte. Er bewegte seine Hand, richtete sie auch nach oben, wo der Strahl über die Decke huschte und plötzlich an einer Säule entlang wieder nach unten glitt. Säule war vielleicht nicht der richtige Ausdruck, es war mehr ein Stempel, der den Boden mit der Decke verband, und Suko entdeckte, als er die Lampe bewegte, noch weitere dieser Stempel, die eine Decke abstützten, über die er nur den Kopf schütteln konnte.
Sie war gewellt und wirkte so, als wollte sie jeden Augenblick nach unten stürzen.
Suko vergaß den Gestank um ihn herum und kümmerte sich um die Anordnung der Pfeiler.
Was ihm beim ersten Blick schon aufgefallen war, setzte sich auch weiterhin fort. Die Pfeiler waren im Halbkreis angeordnet. Im Hintergrund befand sich die rauhe Wand, die von mehreren Nischen unterbrochen wurde.
Und dann sah Suko noch etwas, als er durch den Spalt zwischen zwei Pfeilern leuchtete.
Der Strahl traf einen Gegenstand, der relativ hoch und kantig war, und Suko kam mit diesem Anblick zunächst nicht zurecht, bis er ihn in der Breite und Länge abgeleuchtet hatte und feststellen mußte, daß dort ein steinernes Sitzmöbel stand.
Suko wollte es genauer wissen. Aber er mußte auch vorsichtig sein, deshalb bewegte er sich so leise wie möglich auf das neue Ziel - den Steinsessel - zu.
Da die Lehne sehr hoch reichte, war für ihn nicht zu sehen, ob jemand darin saß. Suko mußte den Sessel schon umrunden, um zu erkennen, ob er besetzt war.
Nach den ersten Schritten bewegte er sich schneller. Unter seinen Füßen knirschte der Schmutz und wurden kleine Steine zu Staub zermalen, die sich auf dem Boden angesammelt hatten. Er war dem Zentrum nahe, das merkte er auch an diesem schrecklichen Geruch, der ihn wie ein Pesthauch erwischte, als er den Sessel von der Rückseite her umrundet hatte und nun vor ihm stand.
Die Lampe zeigte nach unten, und Suko ließ den Strahl weiter wandern. Der erfaßte die Gestalt auf dem steinernen Sessel. Zunächst zwei schmutzige Schuhe, in denen die Füße steckten. Die Beine waren nicht zu sehen, weil die Person einen langen Mantel oder eine Kutte trug. Das Licht glitt über die Knie hinweg und zwei mit Flecken übersäte Hände gerieten in den Bereich des Lichts, wobei zwischen den Händen noch etwas Dunkles schimmerte. Ein modernes Telefon, über dessen Existenz Suko nur den Kopf schütteln konnte.
Er leuchtete höher.
Welche Überraschung erwartete ihn.
Der Strahl zuckte hoch.
Hals, Gesicht - und…
Plötzlich zitterte selbst Suko, und er brachte nur ein »Großer Himmel«
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