0892 - Der Höllenclub
Schnee, und die ersten Flocken würden sicherlich im Laufe des Tages noch fallen.
Der Eingang zum Studio befand sich neben dem breiten Schaufenster. Durch ihn konnte Suko das Haus nicht betreten, denn ein Rollo aus Metall verhinderte dies. Er hatte zwar damit gerechnet, sich es aber nicht gewünscht, und er wollte auch nicht so lange warten, bis jemand erschien und das Tor öffnete.
Suko wollte ins Studio, und er konnte sich vorstellen, daß es da noch einen zweiten Zugang gab.
Eine Frau fiel ihm auf. Sie trug ein Tuch um den Kopf, war in einen dünnen grünen Mantel gehüllt, stemmte sich gegen den kalten Wind und betrat die Türnische des normalen Eingangs. Dort stellte sie eine gefüllte Tasche ab, suchte darin nach dem Schlüssel, hatte ihn endlich gefunden und schloß auf.
Sie betrat das Haus, ohne sich umzuschauen.
Deshalb sah sie den Inspektor auch nicht, der sich lautlos in die Nische hineingeschoben hatte und die Tür mit dem hochkant gestellten Fuß festhielt.
Die Frau bewegte sich durch den Hausflur. Er hörte die Echos der Tritte auf dem Steinboden und nahm auch wahr, wie sie allmählich verklangen.
Dann drückte er die Tür auf und tauchte in den Flur, der düster war, in dem es nicht sehr angenehm roch, an dessen Wänden der Putz abblätterte, aber nicht das bunte Schild mit dem Pfeil nach rechts.
Es wies auf das Fitneßcenter hin.
Suko bewegte sich an der Wand entlang. Die Treppe nach oben lag vor ihm. Dort wollte er nicht hin, sondern wandte sich nach rechts, wo sich der Eingang zum Studio befand.
Eine neu aussehende Tür fiel ihm auf. Und er wunderte sich, daß sie nicht verschlossen war. Jemand hatte sie mit einem Keil festgestellt.
Warum?
Suko trat dicht an den Spalt heran. Er spitzte die Ohren und hörte die Stimme einer Frau. Zuerst dachte er, sie würde mit sich selbst sprechen, dann vernahm er ihren Gesang. Es war eine schwere, leicht tragisch klingende Melodie, und wenn die Person einmal Luft holte, bekam er jedesmal ein Klatschen mit, als wäre jemand dabei, etwas Nasses auf den Boden zu dreschen.
Suko analysierte die Geräusche und gab zu, eine gewisse Ahnung zu haben. Er wollte allerdings mit hundertprozentiger Sicherheit wissen, was dort ablief. Ein leichter Druck reichte aus, um die Tür nach innen schwingen zu lassen.
Der Gesang war verstummt. Statt dessen hörte Suko Tritte, die sich jedoch entfernten.
Das Glück schien heute auf seiner Seite zu stehen. Lautlos huschte Suko in das Center hinein.
Er kannte diese modernen Quälfabriken, weil er sich selbst schon oft genug darin herumgetrieben hatte. Auch hier sah es kaum anders aus, denn jenseits der Tür lag der kleine Vorraum, der als Anmeldung gedacht war.
Eine Theke oder ein Tresen, wo auch die Kasse stand und Prospekte auslagen. Fotos hingen vergrößert an den Wänden. Sie zeigten allesamt Menschen, die sich einen gestählten Körper geholt hatten. Die Positionen wirkten irgendwie lächerlich, weil sie so unnatürlich waren. Da fühlte sich jeder als kleiner Mr. Universum.
Suko ging weiter. Er passierte vier an der Wand stehende Metallstühle und stand wenig später vor der Tür zum eigentlichen Allerheiligsten. An der Decke gaben Leuchtstofflampen ihren kalten Schein ab, der sich auf dem blanken Boden spiegelte. An einigen Stellen schimmerte er feucht. Man hatte ihn erst vor kurzem gewischt, und Suko ging davon aus, daß er das Singen einer Reinemachefrau gehört hatte.
Er schob die Tür zum Fitneßraum auf. Aus der modernen Folterkammer strömte ihm ein unnatürlicher Geruch entgegen. Hätte es nach Schweiß gerochen, wäre dies noch verständlich gewesen, aber dieser frische Duft roch ziemlich künstlich. Es fehlte die frische Luft von draußen.
Die Zugehfrau sah er nicht. Suko erweiterte den Türspalt, aber auch jetzt geriet sie nicht in sein Blickfeld. Sie arbeitete weiter links in dem mit modernen Geräten vollgestellten Folterkeller, den Suko wenig später endgültig betrat.
Man legte bei den Studios Wert auf Design und Farben. So waren die Geräte mal blau, grün oder rot lackiert worden. Manche schimmerten aber auch chromblank.
Suko hörte die Frau wieder. Sie sang ein neues Lied in einer fremden Sprache. Den Text verstand er nicht. Der Inspektor ging davon aus, daß er in diesem großen Raum kaum etwas Verdächtiges finden würde. Wenn hier jemand ungesetzliche Dinge vorbereitet oder sich gegen etwas verschworen hatte, dann sicherlich in anderen Räumen oder in einem Keller, den es hier geben
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