0896 - Das Psychonauten-Kind
jetzt Hunger?«
»Nicht nur ich.«
Der Killer verzog den Mund. »Was will er denn fressen?«
»Weiß ich nicht.« Gordy stand auf. »Aber irgend etwas werden wir schon bekommen.«
»Das denke ich auch.« Huxley hatte es aufgegeben, sich zu wundern. Er nahm seine Jacke und streifte sie über. Daß der Junge seine Waffe gesehen hatte, störte ihn nicht weiter. Daran hatte sich Gordy mittlerweile gewöhnt. Er hatte auch nie nachgefragt, was es bedeutete, er freute sich einfach nur, bei Hubert sein zu können. Für ihn war es kein Problem, für Huxley schon, aber darüber wollte er jetzt nicht nachdenken, sondern später, in einigen Tagen, wenn der Job erledigt war.
Huxley schloß ab, als auch Gordy und sein vierbeiniger Freund das Zimmer verlassen hatten. Nebeneinander gingen sie über den Flur bis zur Treppe hin.
Die Beleuchtung war schwach. Das Haus gehörte nicht zu den besten. Es roch muffig. Die schweren Balken unter der Decke schienen das Gewicht kaum tragen zu können.
An der Treppe blieben sie für einen Moment stehen. Huxley war nachdenklich geworden. Er räusperte sich, und Gordy fing an, sich zu wundern. »Hast du was?«
»Nein, nein, schon gut.«
»Doch!«
»Wieso?«
»Ich spüre es.«
»Nein, nein, da irrst du dich, wirklich.«
»Laß uns gehen. Und noch eines.« Gordy legte seine Hand in die des Mannes. »Was auch immer geschehen mag, was immer dich bedrückt, ich bin bei dir.«
Huxley schaute nach rechts. Er senkte den Blick, um in die Augen des Jungen schauen zu können.
»Das ist seltsam«, sagte er und lächelte. »Ich hätte mir nie vorstellen können, daß ich einmal zu einem Kind Vertrauen fasse.«
»Bin ich ein Kind?«
»Du siehst so aus.«
»Ja, ich bin auch ein Kind.«
Gordy hatte es so gesagt, daß der andere ihm nicht trauen konnte. Das spielte jetzt auch keine Rolle mehr.
Beide gingen nach unten.
Und Eden, der Bluthund, trottete wieder neben ihnen her…
***
Dem kleinen Hotel angeschlossen war ein düsterer Gastraum. Kein Tisch war besetzt, trotzdem lief das Radio, und eine ältere Bedienung lauschte Uralthits.
Das Radio stand auf einer Theke neben zahlreichen Gläsern, die gespült worden waren. Auch eine Glotze stand auf einer schmalen Kommode, die aber war nicht in Ordnung, wie die Frau den beiden erklärte.
Sie hatten an einem Tisch am Fenster ihre Plätze gefunden. Huxley sprach davon, daß sie Sandwichs bestellt hatten, und die Kellnerin mit den grauen Haaren nickte. »Das habe ich gehört, sie sind auch schon fertig.« Dann verzog sie den Mund. »Aber was ist mit dem Hund da? Das ist ja ein Riesentier. Einer, der mir Angst einjagen kann.«
»Er tut nichts«, sagte Gordy und drückte Eden zu Boden. »Wenn Sie auch für ihn etwas hätten.«
»Was denn?«
»Wasser wäre gut. Vielleicht auch etwas Fleisch.«
»Da müßte ich mal nachschauen.«
»Bitte, Miß, tun sie das.«
»Miß?« Die Frau lachte knarrend.
»Ich bin eine Missis, mein Sohn - leider.« Sie schüttelte den Kopf und verschwand.
Der Killer und der Junge blieben zurück. Gordy freute sich, er rutschte auf seinem Stuhl hin und her, rieb sich die Hände, lächelte, und seine blauen Augen strahlten. »Ich finde es toll, daß wir jetzt zu dritt sind, Hubert.«
»So?«
»Du nicht?«
Der Killer wußte nicht so recht, was er sagen sollte. Er wollte auch keine falsche Antwort geben und meinte, während er die Schultern anhob: »Ich muß mich erst noch daran gewöhnen, verstehst du?«
»Das ist klar, aber wir drei werden es schon schaffen.«
O ja, dachte Huxley und versuchte, ein möglichst gleichgültiges Gesicht zu machen. Wie soll das noch alles enden? Wie soll ich an den Mann herankommen, den ich ins Jenseits schicken muß? Er eignete sich nicht als Familienvater, nein, nicht er. Außerdem war er vom Äußerlichen her auch nicht der Typ eines Vaters. Sein Haar war braun, kurz geschnitten, fast zu einer Bürste. Auf der Lippe wuchs der Bart wir ein Strich. Er war hauptsächlich deshalb da, um eine Narbe zu verstecken.
Der Mann, der sie ihm mit einer Messerklinge beigebracht hatte, lebte nicht mehr. Er war schließlich in seine eigene Klinge gefallen. Natürlich hatte Huxley nachgeholfen.
Die Kellnerin kam an den Tisch. Sie ging sehr forsch, bis sie in die Nähe des Hundes kam, der sich plötzlich erhob, weil er das Fleisch gerochen hatte. Es lag auf einem Teller, den die Frau in der linken Hand balancierte. In der rechten trug sie eine mit Wasser gefüllte Schale. Beides stellte sie vorsichtig
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