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0897 - Monster-Maar

0897 - Monster-Maar

Titel: 0897 - Monster-Maar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Vermutlich kannte er das ein wenig zu forsche Verhalten des Beamten bereits, und sei es auch nur aus den Erzählungen seiner Tochter.
    Zamorra wollte schon Einspruch erheben, doch der selbstsichere Tonfall in der Stimme des Kommissars ließ ihn zögern. Der hört sich an, als hätte er alles schon einmal gesehen - das hier inklusive , dachte er und musste trotz des Ernstes der Lage leicht schmunzeln. Na dann mal los, Herr Kommissar. Lassen Sie hören.
    ***
    Eins muss man Baumeister lassen, dachte Zamorra, der Mann hat Phantasie. In den vergangenen Minuten hatte ihnen der Mayener Beamte eine Theorie nach der anderen aufgetischt, allesamt aus der Luft gegriffen und ganz offensichtlich Ausgeburten eines völlig verqueren Selbstverständnisses, und Zamorra war um die Kaffeetasse in seiner Hand dankbar. Mit ihr hatte er so manches Schmunzeln kaschiert.
    Zugegeben: Was Zamorra hier machte, war nicht gerade fair. Er wusste genau - nein, er spürte sogar, wie sehr sich der Weißhaarige irrte. Mal sprach Baumeister von einem Dummejungenstreich, dann dichtete er Lessbrück eine Affäre mit irgendeiner psychopathisch veranlagten Dame an oder vermutete den Täter in den Reihen der Stammgäste der Krone. Ein Satz von Zamorra hätte diese sinnfreie Scharade beendet, doch… So ungern der Professor es sich auch eingestand, bot Michael Baumeister eine viel zu große und dankbare Angriffsfläche, um ihn nicht machen zu lassen. Der Mann war ein geborener Selbstdarsteller; seine jovial zur Schau getragene Überheblichkeit gehörte schon zu seiner Natur, und es wäre ein Akt äußerster Willensanstrengung gewesen, in die Bresche zu springen und den Kommissar daran zu hindern, sich zum Affen zu machen.
    Gut, dass Nicole noch schläft , dachte der Meister des Übersinnlichen amüsiert. Wäre sie hier, würde sie mir jetzt die Hölle heiß machen. Und das nicht zu Unrecht.
    Baumeister kam gerade richtig in Fahrt. Mit erhobenem Zeigefinger stand er in der Mitte des Schankraumes und deklinierte Wirt Lessbrück und seiner Tochter, einen möglichen Tathergang nach dem anderen vor. Ulrich nahm sie alle schweigend und mit nahezu stoischer Ruhe zur Kenntnis. Die junge Polizistin hatte sich zwar schon einige Male protestierend eingeschaltet, beschränkte sich aktuell aber darauf, genervt die Augen zu rollen. Es nützte ja eh nichts.
    »… und deshalb, mein lieber Herr Lessbrück, besteht die reele Möglichkeit - natürlich rein theoretisch - dass sich die Mutter Ihres unehelichen Kindes heute Nacht in Ihr Lokal geschlichen und einen irrationalen Racheakt ausgeübt hat«, endete der Beamte seinen jüngsten Vortrag.
    Das war zu viel. Zamorra biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut loszulachen, aber das half auch nichts mehr. Es war der Situation alles andere als angemessen, doch konnte sich der französische Parapsychologe zumindest ein Kichern nicht verkneifen. Baumeister hörte es - und reagierte erstmals seit seiner Ankunft auf Zamorras Anwesenheit.
    Mit einem leisen Seufzer baute er sich vor dem Franzosen auf und ließ seinen Blick über den Meister des Übersinnlichen schweifen, als wäre er ihm erst jetzt aufgefallen. Das rote, halb aufgeknöpfte Hemd, der weiße Anzug, die ledernen Stiefel… Man musste kein Gedankenleser sein, um zu ahnen, wie Zamorras Erscheinung auf den Beamten wirkte - das verriet schon sein Gesicht.
    »Darf ich fragen, wer Sie sind?«, fragte Baumeister sachlich, und seine Stimme klang schneidend, elitär.
    Der Professor schmunzelte. »Zamorra, französischer Wissenschaftler und Gast des Hauses.«
    »So so. Und Sie glauben also, den Fall schon gelöst zu haben, ja? Sind Sie etwa Kriminologe?«
    »Muss man das sein, um die Fehler in Ihrer Logik zu erkennen?«, gab Zamorra unbeeindruckt zurück. »Oder ist Ihnen bereits aufgefallen, dass es sowohl an der Tür als an den Fenstern keinerlei Spuren eines gewaltsamen Eindringens gibt? Hatte die uneheliche Affäre aus Ihrer Theorie vielleicht einen Hausschlüssel?« Das war nur ein Bruchteil dessen, was Zamorra zum Tathergang sagen konnte - insbesondere die Bedeutung des Gemäldes interpretierte er völlig anders -, aber für den Moment würde es genügen.
    Baumeister sog Luft durch die Nase ein und taxierte den Professor einige Sekunden lang mit abschätzendem Blick. Nein, das war ihm ganz offensichtlich noch nicht aufgefallen. Und er mochte es nicht, wenn man ihn auf Fehler aufmerksam machte.
    »Jetzt hören Sie mal zu, Herr Zamorra…«, begann er, dann brach er ab und

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