Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0897 - Monster-Maar

0897 - Monster-Maar

Titel: 0897 - Monster-Maar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
Vom Netzwerk:
Mühe war ihr der Sprung in Deckung gelungen. Hätte der Geistliche sie erwischt, wäre die Sache für Holger vermutlich übel ausgegangen. Jetzt kauerte sie auf dem Boden und spähte durch die Buchreihen des vor ihr stehenden Regals zu dem Neuankömmling hinauf, einem grauhaarigen und stämmigen Mann in Klosterkutte. Allem Anschein nach hatte er sie nicht bemerkt.
    Hoffentlich verhalten sich die anderen auch ruhig, dachte sie besorgt. Und dann glaubte sie ihren Augen nicht!
    Es war wie im Kino. Wie in einem dieser Kriminalfilme, die sie früher so gerne gesehen hatte. Der Mönch war an ein Regal an der Rückseite des Raumes geschritten, und hatte aus dessen oberem Fach ein Buch gezogen - ein blaues, schmales Bändchen mit goldenem Lesezeichen -, als das ganze Regal plötzlich zur Seite schwang und den Blick auf einen schmalen Gang von vielleicht einem Meter Breite freigab. Astrid stockte der Atem.
    Ein Geheimgang! Unfassbar.
    Stumm beobachtete sie, wie der Mönch im Gang verschwand und sich das Regal hinter ihm wieder an seinen Platz zurückschob. Dann stand sie auf. Sie musste Zamorra suchen, das musste er sich ansehen. Der Franzose hatte vielleicht doch Recht mit seinen Vermutungen; irgendetwas fand hier statt.
    ***
    »Und was soll das werden, wenn ich fragen darf?«
    Wie ein Skalpell schnitt Germut Bauerschwans Stimme durch die Stille. Der Abt hatte gerade den Raum betreten, und für einen Moment wusste Holger nicht, was er ihm sagen sollte. Man hatte sie erwischt.
    »Nun? Ich warte?«
    »Hochwürdiger Vater«, begann der junge Mann, »dies sind…« Hilfesuchend sah er Zamorra an. Der reagierte prompt.
    »… Religionswissenschaftler aus Frankreich«, setzte er den Satz fort, machte einen Schritt nach vorn und streckte dem Abt wie selbstverständlich seine rechte Hand entgegen. »Mein Name ist Zamorra, meine Partnerin heißt Duval. Wir sind auf der Durchreise und Bruder Holger war so freundlich, uns in ihre Bibliothek zu führen. Wissen Sie, es scheint da ein Kommunikationsproblem innerhalb des Bischöflichen Dekanats gegeben zu haben. Kann es sein, dass unser Besuch Ihnen gar nicht angekündigt wurde?«
    Es war ein billiger Bluff, doch Zamorra hatte die Erfahrung gemacht, dass die simpelsten meist am überzeugendsten waren. Dieser stellte keine Ausnahme dar.
    »Sie kommen vom Bischof?«, fragte der Abt ungläubig.
    Zamorra nickte. »Ganz recht. Wie gesagt, sind wir unterwegs und nur heute vor Ort, um uns hier unseren Forschungen widmen zu können. Das Dekanat hatte sie eigentlich über unser Kommen unterrichten sollen, aber schon Bruder Holger wusste nichts davon.«
    Bauerschwan schüttelte energisch den Kopf. »Nein, nein, nein. Selbst wenn Sie der Papst persönlich schickt, müssen Sie sich an das übliche Prozedere halten. Unsere Bibliothek ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Ich muss Sie alle drei bitten, den Raum umgehend zu verlassen. Und Sie beide«, sein Blick streifte erst Zamorra, dann Nicole, »kommen bitte wieder, wenn das Dekanat Sie ordnungsgemäß angemeldet hat.«
    Der Abt wandte sich um, um ihnen die Tür zum Flur zu öffnen. Das war Zamorras Chance. Fieberhaft sah er sich nach Astrid um. Die Polizistin hatte der Abt noch nicht bemerkt; sie könnte immer noch finden, was ihnen nun zu suchen verwehrt war. Nur wo steckte sie?
    Da! Mehrere Meter den Gang entlang, der zwischen den Regalen zum Ende des Raumes führte, bog Astrid Lessbrück in Zamorras Blickfeld. Sie schien in Eile zu sein, und für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. Mit einer kurzen Geste bedeutete Zamorra ihr, zurückzubleiben.
    Astrid sah ihn fragend an, sagte aber nichts. Dann öffneten sich ihre Augen weit, sie hatte den Abt bemerkt. Die Polizistin begriff sofort und reagierte genauso, wie Zamorra es von ihr erhofft hatte. Im Nu war sie wieder hinter einem Regal und somit aus dem Blickfeld des Klostervorstehers verschwunden. Der Professor sah noch, wie sie ihm aufmunternd zunickte, dann konnte auch er ihren blonden Kopf nicht mehr erkennen.
    Ich hoffe, du weißt, was du tust, dachte er besorgt und war sich nicht ganz sicher, ob er damit Astrid oder nicht doch eher sich selbst meinte.
    ***
    Holger Lessbrücks Herz schlug bis zum Hals, als Bauerschwan ihn und die Franzosen zur Klostertür geleitete. Hatte er wirklich gerade seinen Abt belogen? Noch dazu wegen zweier Fremder, mit denen seine kleine Schwester erst vor wenigen Stunden hier aufgetaucht war? Dieses Verhalten war so untypisch, dass er sich selbst

Weitere Kostenlose Bücher