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0897 - Monster-Maar

0897 - Monster-Maar

Titel: 0897 - Monster-Maar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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sich selbst. Eine Theo-irgendwastische Gesellschaft.
    Nur: Was hatten die Schriften einer bekannten Okkultistin mit einem Kloster in der Eifel zu tun? Solche Texte gehörten sicherlich nicht zu der Art von literarischem Bildungskanon, den Rom den Seinen anempfahl.
    Auf einem der Beistelltische befand sich ein kleines, maßstabsgetreues Modell eines Flugzeugs, allem Anschein nach älterer Bauart. Auf einem anderen fand sie einen ganzen Stapel in kostbares Leder gebundener Bücher, mehrere Ausgaben des gleichen Titels: »Das kommende Geschlecht«, von einem gewissen Edward Bulwer-Lytton. Ein Name, der ihr nichts sagte. Das Buch hatte in dieser gebundenen Ausgabe keinen Klappentext, also schlug sie es auf und blätterte wahllos über ein paar Seiten.
    Offensichtlich handelte es sich um einen frühen Science-Fiction-Roman. Astrid las von einer unterirdisch lebenden Sorte Mensch, die durch eine geheimnisvolle Substanz übernatürliche Kräfte und weitere außergewöhnliche Eigenschaften bekam. »Jules Verne auf Drogen…«, murmelte sie amüsiert.
    Dann stockte ihr der Atem!
    Sie hatte umgeblättert und war auf die Zeichnung eines dieser Übermenschen gestoßen. Der Mann, ein beachtlich gebauter Hüne mit blondem Haar und muskulösem Oberkörper, stand im Inneren einer Höhle und blickte dem Betrachter selbstbewusst entgegen. Unter dem Bild stand ein Wort; der Name, mit dem der Autor seine fiktive Menschenart betitelt hatte.
    Vril-Ya..
    Mit einem Mal war die Verbindung da! Was hatte Zamorra gesagt? Franz sei medial begabt und habe Bilder empfangen, die er verbal nicht ausdrücken, mit denen er nicht umgehen konnte. Also hatte er sie aufgezeichnet, an die Wand der Krone.
    »Und ihren Namen gleich dazu?« Astrid bekam eine Gänsehaut. Sie hatte zwar immer noch keine Ahnung, was hier eigentlich gespielt wurde, doch so langsam schienen zumindest einige Teile dieses Puzzles zusammenzufinden.
    Streng dich an, Mädchen, sagte sie sich in Gedanken. Wo ist der Zusammenhang? Was hat das alles miteinander zu tun?
    »Sie kommen nicht drauf, oder?«
    Die Stimme kam von direkt hinter ihr. Astrid erschrak, drehte sich um - und stieß mit dem Lauf einer Pistole zusammen, der auf ihren Kopf zu raste. Dann wurde es dunkel.
    ***
    30. August 1942, Laacher See
    Admiral Ben Jackson trat aus dem Dickicht der Büsche am Seeufer. Mondlicht fiel auf sein Gesicht und spiegelte sich in den Orden und Abzeichen auf seiner Uniformjacke. Der kühle Nachtwind spielte mit seinen kurz geschnittenen, dunkelblonden Haaren. Jackson sah besorgt aus. Besorgt, und auf eine schon unheimlich anmutende Art und Weise traurig.
    Harry glaubte seinen Augen kaum. Jackson - hier?!
    Er wollte aufstehen. Aufstehen und salutieren, wie es sich für einen Angehörigen der Armee Seiner Majestät Georgs des Sechsten gehörte. Und er wollte dem Admiral mitteilen, wie überaus leid es ihm tat, die Mission nicht erfüllt zu haben, welche ihm der König selbst erst Tage zuvor übertragen hatte. Doch sein Körper verweigerte ihm den Dienst, sein triefend nasser, schmerzender und unsäglich müder Körper. Das Seeufer war kühl und weich, und die Schwärze, die hinter seinen Augenlidern auf ihn wartete, verheißungsvoll und verlockend.
    Harry seufzte. Und für den Bruchteil einer Sekunde - willentlich und oh, so unglaublich dankbar! - gab er ihr nach.
    »Sie enttäuschen mich, Sully.« Jacksons Stimme war schwer. Er klang wütend. »Sie enttäuschen England. Nicht nur, dass Sie bitterlich versagt haben und dadurch Ihre Mission, und mit ihr vielleicht das Schicksal der ganzen Welt in Gefahr gebracht haben. Nein, jetzt wählen Sie auch noch den Feiglingsweg.«
    Harry öffnete die Augen, blickte nach oben. Er sah Baumwipfel im Mondschein und viele winzige Sterne an einem mit kleinen Wolken durchzogenen Nachthimmel. Irgendwo sang eine Eule ihr trauriges Lied.
    Den Feiglingsweg? Er wollte protestieren. Wollte dem Admiral erklären, dass ohnehin alles verloren war. Dass es jetzt auch nicht mehr darauf ankam, ob er lebte oder ebenso starb, wie seine Kameraden aus der Halifax, die wie ein Feuerball vom Himmel gestürzt und irgendwo weiter hinten im See versunken war. In dem See, aus dem er, Harry Sullivan, Sonderbeauftragter der britischen Regierung, in einer Mischung aus Wahnsinn und Glück gerade entkommen war.
    Der See, in dem sein Kästchen lag, und mit ihm alle Hoffnung. Verloren für immer.
    Warum war er überhaupt aus dem Wrack geklettert und an die Wasseroberfläche geschwommen?

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