0898 - Der Saboteur
verra-ten, was Sie herausgefunden haben? Hat es etwas mit diesem Kind zu tun?"
Die Mutantin hatte mit dieser Frage gerechnet. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper. „Ich habe nur einen vagen Ver-dacht", sagte sie leichthin.
Reginald Bull starrte sie mißtrauisch an. „So sehen Sie auch gerade aus", stellte er fest. „Man könnte meinen, Sie wären einem Gespenst begegnet."
Die Mutantin unterbrach die Ver-bindung. Sie hoffte, daß Bull - wenn er tatsächlich die richtige Fährte er-wischte - die Beherrschung behielt und schwieg. Die Lage war auch so schon kritisch genug. Die Solgeborenen wa-ren nervös, und Irmina Kotschistowa fürchtete, es könnte zu spontanen Reaktionen kommen, wenn sie erfuhren, daß eines der Kinder an Bord parapsy-chisch begabt war und das Schiff aus-einandernehmen könnte - sie würden kaum darauf Rücksicht nehmen, daß Sternfeuer unbewußt handelte.
Irmina Kotschistowa verdankte ih-ren eigenen Fähigkeiten eine gewisse Langlebigkeit, und sie hatte - gerade in Hinsicht auf Mutanten - genug erlebt, um die verschiedenen Gefahren eini-germaßen treffend einzuschätzen. Im Augenblick bestand das größte Risiko darin, daß Sternfeuer mit der Wahrheit konfrontiert wurde. Das Kind war noch längst nicht reif dazu, solche Er-kenntnisse zu verkraften.
Außerdem gehörte Sternfeuer allen Eigenheiten zum Trotz zu den Solgeborenen. Sie respektierte das riesige Raumschiff, und sie würde niemals auf den Gedanken kommen, etwas an Bord der SOL zu zerstören. Das mußte man berücksichtigen. Sobald das Mädchen erfuhr, was es gegen seinen Willen an-gestellt hatte, konnte es leicht die Ner-ven verlieren - und was Sternfeuers Unterbewußtsein dann unternahm, ließ sich nicht vorhersagen. Es war denkbar, daß es in einer Reaktion von Scham versuchte, die Spuren seines schrecklichen Wirkens zu vernichten, und dabei das Schiff zum Untergang verurteilte.
Das war nur eine Möglichkeit. Ir-mina Kotschistowa hoffte, keine prak-tischen Erfahrungen auf diesem Sek-tor sammeln zu müssen, denn gefähr-lich wurde es in jedem Fall nicht nur für die Mutantin und die SOL und alle Bewohner dieses Schiffes, sondern auch für Sternfeuer selbst. „Sie sollten das Kind wegbringen", sagte Douc Langur überseinen Trans-lator.
Die Mutantin drehte sich um. Ver-blüfft sah sie den Forscher an. „Welches Mädchen meinen Sie?"
„Ich sprach nur von einem Kind", korrigierte Douc Langur. „Ich habe versucht, mit ihm über die Angelegen-heit zu reden, aber ich fürchte, Stern-feuer hat keine Ahnung, was über-haupt passiert."
Irmina Kotschistowa nickte vorsich-tig.
Sie wußte nicht, wie sie auf die Er-öffnungen des Forschers reagieren sollte. Trotzdem war sie froh, über-haupt jemanden gefunden zu haben, mit dem sie über Sternfeuer sprechen konnte. Douc Langur würde keine fal-schen Reaktionen zeigen. Auf ihn glaubte die Mutantin sich verlassen zu können. „Haben Sie schon mit jemandem darüber gesprochen?"
„Nein", erwiderte der Forscher. Er bewegte seine federförmigen Sinnes-organe. Es schien, als wäre er unruhig. „Vorhin hat die Aktivität kurz nach-gelassen", fuhr er fort. „Es scheint, als übten Sie einen beruhigenden Einfluß auf das Mädchen aus."
Die Mutantin dachte an den Roboter nnd schüttelte sich unwülkürlich. „Das Kind wird Ihnen nichts tun", sagte Douc Langur, der das Verhalten der Terranerin nicht richtig auslegte. „Davor fürchte ich mich auch nicht", murmelte Irmina Kotschistowa. „Aber ich fürchte, daß die Lösung nicht so einfach ist. Sternfeuer wird sich be-stenfalls für kurze Zeit beruhigen. Wir müssen das Problem an der Wurzel fas-sen. Ich weiß nur noch nicht recht, wo diese Wurzel zu finden ist."
„Auf der Erde", erwiderte der For-scher prompt. „Sie möchte gern nach Terra reisen", nickte die Mutantin nachdenklich. „Ich bin nie ganz dahintergekommen, was diese Sehnsucht zu bedeuten hat. Sternfeuer erzählte mir, daß ihr Großvater auf Terra geblieben ist. Man sollte meinen, daß ein Kind im Lauf der Zeit über eine solche Trennung hin-wegkommt."
„Äußerlich schon", stimmte Douc Langur zu. „Aber erstens ist dieses Kind ein latenter Telekinet, und zwar einer von besonderem Kaliber, und zweitens habe ich den Eindruck, man hätte besser daran getan, sich mit Sternfeuers Vorfahren genauer zu be-schäftigen."
Irmina sah den Fremden verwundert an.
Douc Langur wirkte oft beinahe schüchtern und gehemmt, aber wenn er sich mit einer Angelegenheit befaßte, dann
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