09 - Befehl von oben
offizielle Fotograf begann, die offiziellen Begrüßungen abzulichteten; zwei TV-Kameras taten dasselbe, aber viel leiser.
»Ihr Telegramm war sehr liebenswürdig, Herr Ministerpräsident«, sagte Ryan und fragte sich, ob Arnaud es je gelesen hatte - nun, das wohl, aber vermutlich weder aufgesetzt noch abgeschickt.
»Ihre Rede zu den Kindern war sehr rührend. Ich bin mir sicher, jeder hier denkt genauso«, erwiderte der Ministerpräsident, ergriff Ryans Hand, prüfte ihre Festigkeit, sah ihm direkt und tief in die Augen und war sehr zufrieden mit sich ob der geschickten Unwahrheit seiner Grußbotschaft. Das Telegramm hatte er wirklich durchgelesen und für passend erklärt. Er genoß es jetzt, Ryans Reaktion darauf zu hören.
Belgien war Bündnispartner, und Arnaud war vom Chef seines militärischen Geheimdienstes gut informiert worden, der auf verschiedenen NATO-Konferenzen mit Ryan zusammengearbeitet hatte und voll Lob war für des Amerikaners Einschätzungen zu den Sowjets - und jetzt den Russen. Eine unbekannte Größe als politischer Führer, war Kernpunkt der Aussage, aber hervorragender Analytiker. Jetzt machte Arnaud, zufällig als erster in der Reihe, seine eigene Einschätzung, durch Handgriff und Ansehen und viele Jahre Erfahrung in solchen Dingen. Dann ging er weiter.
»Dr. Ryan, ich habe schon so viel von Ihnen gehört.« Er küßte ihre Hand auf sehr anmutige Art. Ihm hatte man nicht gesagt, wie attraktiv die neue First Lady war und wie zierlich ihre Hände. Na ja, sie war ja Chirurgin. Neu im Spiel und ein bißchen verlegen, machte sich aber soweit ganz gut.
»Danke, Ministerpräsident Arnaud«, erwiderte Cathy, genau informiert von ihrem eigenen Protokollbeamten (der direkt hinter ihr stand), wer dieser Herr war. Der Handkuß, dachte sie sich, war sehr theatralisch ... aber nett.
»Ihre Kinder sind die reinsten Engel.«
»Wie nett von Ihnen.« Und damit ging er weiter.
Überall im Raum bewegten sich Kameras, zusammen mit fünfzehn Reportern, denn dies war ja sozusagen ein Art Arbeitsveranstaltung.
Das Klavier in der Nordostecke des Zimmers spielte leichte Klassik - nicht gerade das, was im Radio als U-Musik bezeichnet wurde, aber nahezu.
»Robby! Entschuldigung, Admiral Jackson«, korrigierte sich der Prince of Wales.
»Captain.« Jackson schüttelte ihm freundlich die Hand.
»Wie kommt er zurecht - wirklich, meine ich«, fragte der Prinz, was Jackson ein wenig betrübte. Doch der Mann hatte einen Job. Offiziell als Freund hergeschickt, wußte Robby, daß die Entscheidung politisch, gewesen war und daß bei der Rückkehr zur Botschaft. Ihrer Britischen Majestät ein Begegnungsbericht diktiert würde. So war das Geschäft.
Andererseits verlangte die Frage nach Antwort. Die drei hatten in einer heißen, stürmischen Sommernacht einmal kurz zusammen >gedient<.
»Vor ein paar Tagen hatten wir eine Besprechung im Generalstab, und morgen haben wir eine Arbeitssitzung. Jack hat die Sache voll im Griff«, entschied sich der J-3 zu sagen, mit Überzeugung in der Stimme.
Das mußte er auch. Jack war jetzt Oberbefehlshaber der US-Streikräfte; Jacksons Loyalität ihm gegenüber war eine Sache von Ehre und Gesetz, nicht nur eine menschliche.
»Und Ihre Frau?« Er warf einen Blick zu Sissy Jackson, die sich gerade mit Sally Ryan unterhielt.
»Immer noch Klavier Nummer zwei im nationalen Symphonieorchester.«
»Wer ist denn Nummer eins?«
»Miklos Dimitri. Größere Hände«, erklärte Jackson. Er hielt es für ungelegen, selbst ein paar familiäre Fragen zu stellen.
»Im Pazifik haben Sie sich tapfer geschlagen.«
»Ja, nun, glücklicherweise mußten wir nicht so viele umbringen.«
Jackson schaute seinem Nahezu-Freund in die Augen. »Das macht einem echt keinen Spaß, wissen Sie.«
»Wird er mit der Aufgabe fertig, Robby? Sie kennen ihn besser als ich.«
»Captain, er muß mit der Aufgabe fertig werden«, gab Jackson zur Antwort und blickte zu seinem Oberbefehlshaber und Freund, wohlwissend, wie sehr Jack offizielle Veranstaltungen verabscheute. Beim Zusehen, wie sein neuer Präsident die Begrüßungsprozedur über sich ergehen ließ, war es unvermeidlich, daß seine Gedanken zurückschweiften.
»Ein langer Weg vom Geschichtsunterricht an der Academy, Eure Hoheit«, stellte der Admiral im Flüsterton fest.
Für Cathy Ryan war dies in erster Linie eine Übung darin, ihre Hand zu schützen. Seltsamerweise kannte sie den Drill solcher offiziellen Anlässe besser als ihr Mann. Als Oberärztin am Johns Hopkins Wilmer
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