09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
ein Küchlein vom Kohlenbecken und zog sich gerade noch rechtzeitig zurück, um nicht von ihrem furchterregenden Kochlöffel erwischt zu werden. Am besten aß man sie heiß, wenn sie von Honig und Butter trieften. Der Duft des Specks lockte bald auch Ente aus dem Frachtraum. Er schnupperte über dem Kohlenbecken, bekam seinen Klaps mit Ysillas Löffel und ging zum Heck, um über die Reling zu pissen, wie jeden Morgen.
Tyrion watschelte hinterher und gesellte sich zu ihm. »Na, das ist mal ein Anblick«, scherzte er, während sie ihre Blasen entleerten, »ein Zwerg und eine Ente machen die mächtige Rhoyne noch mächtiger.«
Yandry schnaubte verächtlich. »Mutter Rhoyne braucht dein Wasser nicht, Yollo. Sie ist der größte Fluss der Welt.«
Tyrion schüttelte die letzten Tropfen ab. »Groß genug, damit ein Zwerg darin ertrinken kann, da stimme ich zu. Der Mander ist allerdings genauso breit. Und der Trident auch, nahe seiner Mündung. Und der Blackwater ist tiefer.«
»Du kennst den Fluss doch gar nicht. Warte nur ab, du wirst schon sehen.«
Der Speck wurde knusprig, die Küchlein goldbraun. Der Junge Greif kam gähnend auf Deck. »Guten Morgen allerseits.« Der Junge war kleiner als Ente, aber sein schlaksiger Körperbau ließ vermuten, dass er seine volle Größe noch nicht erreicht hatte. Dieser bartlose Jüngling könnte jede Jungfrau in den Sieben Königslanden bekommen, ob nun mit blauem Haar oder ohne. Diese Augen würden sie alle dahinschmelzen lassen. Wie sein Vater hatte der Junge Greif blaue Augen, doch waren sie nicht so hell wie Greifs, sondern dunkel. Im Lampenschein erschienen sie schwarz, und im Licht der Dämmerung wirkten sie violett. Seine Wimpern waren so lang wie die einer Frau.
»Ich rieche Speck«, sagte der Junge und zog seine Stiefel an.
»Guten Speck«, sagte Ysilla. »Setz dich.«
Das Essen gab es auf dem Achterdeck, und Ysilla drängte dem Jungen Greif Honigküchlein auf, während Ente einen Schlag mit dem Löffel auf die Hand bekam, wann immer er nach dem Speck langte. Tyrion zog zwei Küchlein auseinander, füllte sie mit Speck und trug eins zu Yandry am Ruder. Anschließend half er Ente, das Dreiecksegel zu setzen. Yandry lenkte das Schiff hinaus auf die Mitte des Flusses, wo die Strömung am stärksten war. Die Scheue Maid war ein gutes Boot. Sie hatte so wenig Tiefgang, dass sie selbst die kleinen Nebenflüsse hinauffahren konnte, über Untiefen hinwegglitt, wo größere Schiffe gestrandet wären, und trotzdem mit Segel und Strömung eine gute Geschwindigkeit erreichte. In den oberen Abschnitten der Rhoyne konnte das über Tod und Leben entscheiden, hatte Yandry behauptet. »Oberhalb der Gram gibt es kein Gesetz, seit tausend Jahren nicht.«
»Und keine Menschen , so weit ich sehen kann.« Am Ufer hatte er einige Ruinen gesehen, Haufen behauener Steine, die von Ranken und Moos und Blumen überwuchert waren, doch ansonsten keine Anzeichen von menschlichen Siedlungen entdeckt.
»Ihr kennt den Fluss nicht, Yollo. Hinter jeder Biegung kann ein Piratenboot lauern, und in den Ruinen verstecken sich oft entlaufene Sklaven. Die Sklavenjäger lassen sich so weit im Norden selten sehen.«
»Sklavenjäger wären eine willkommene Abwechslung von den Schildkröten.« Da Tyrion kein entlaufener Sklave war, fürchtete er sich nicht davor, eingefangen zu werden. Und Piraten würden sich vermutlich wenig aus einem Stechkahn machen, der flussabwärts unterwegs war. Die wertvollen Waren wurden von Volantis aus den Fluss hinauf befördert.
Als der Speck verspeist war, schlug Ente dem Jungen Greifen auf die Schulter. »Zeit, für ein paar blaue Flecken. Heute sind Schwerter dran, glaube ich.«
»Schwerter?« Der Junge Greif grinste. »Die wären gut.«
Tyrion half ihm, sich für den Kampf umzuziehen: schwere Hose, gepolstertes Wams und eine verbeulte alte Stahlrüstung. Ser Rolly rüstete sich in Kettenhemd und gehärtetes Leder. Beide setzten Helme auf und wählten stumpfe Langschwerter aus einem Bündel in der Waffentruhe. Auf dem Achterdeck hauten sie kräftig aufeinander ein, während der Rest der morgendlichen Gesellschaft zuschaute.
Wenn sie mit Streitkolben oder stumpfer Langaxt kämpften, konnte Ser Rolly aufgrund seiner Größe und Kraft den Schüler schnell überwältigen; mit Schwertern stand die Sache ausgeglichener. Keiner der Männer hatte sich heute Morgen für einen Schild entschieden, es fand somit ein Spiel aus Hieb und Abwehr statt, das sich über Deck hin und her
Weitere Kostenlose Bücher