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09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift

09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift

Titel: 09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Volkoff
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Gesichtern lag der gleiche Ausdruck tiefster Güte.
    »Ich wundere mich gar nicht, daß ich Sie gleich so sympathisch gefunden habe", sagte Mister Goodfellow gerade und strahlte vor Wohlwollen. »Sie sind genau wie ich: Sie glauben an den tiefen Sinn der Toleranz, der Einsicht und der umfassenden Geduld.«
    »Genau", rief Herr Kanar und triefte geradezu von Edelmut.
    »Das Verstehen ist der Schlüssel für gute Beziehungen zwischen den einzelnen Menschen und zwischen den Völkern. Aber offenbar gibt es Menschen, die dies nicht verstehen.«
    »Oh, es gibt nicht viele. Aber es gibt eben alles auf der Welt.«
    »Sie haben ja so sehr recht. Sehen Sie, dieser arme fehlgeleitete junge Mann, ich traue ihm nichts Böses zu.«
    »Ohne Zweifel, ohne Zweifel!«
    »Er glaubte, richtig zu handeln.«
    »Davon bin ich tief überzeugt.«
    »Er ist irregeleitet durch ein Mißverständnis, durch Übermut, eben durch die Dinge, die das Unglück über die Welt bringen.«
    »Ts, ts, ts.«
    »Es wäre also nicht einmal von Vorteil, ihn aufzuwecken.
    Obgleich er schlecht gehandelt hat, kann man ihm nicht absprechen, daß er es gut gemeint hat. Und ich möchte ihn nicht in eine unangenehme Lage bringen. Denn trotz allem ist er ein sympathischer Bursche, ein wenig schwach im Kopf...«
    Lennet warf einen Blick auf Claudius. Der betrachtete ihn mit einem höhnischen Grinsen.
    Mister Goodfellow schüttelte mißbilligend den Kopf und machte: »Ts, ts, ts... das ist traurig, sehr traurig. Und er kam mir so sympathisch vor. Sehen Sie, fast so sehr wie Sie.«
    Kanar fuhr fort: »Auch die liebe Nadja, sie ist so ein gutes Wesen, aber so leicht zu beeinflussen... Sie hat so ein romantisches Gemüt, wie ich vorhin schon gesagt habe. Sie hat offenbar diesen armen, etwas beschränkten Burschen bei dem Empfang gestern abend kennengelernt und hat sofort beschlossen, mit ihm zu fliehen. Sie hat ihm offenbar erzählt, daß sie bei uns unglücklich ist. Ich weiß allerdings nicht, weshalb. Aber sie wird sicher die erste sein, die diese ungerechtfertigte Flucht bedauern wird. Sie müssen wissen, daß sie eine liebenswürdige junge Frau ist, vielleicht ein wenig nervös. Wie alle Künstler. Aber wir lieben sie. Beim Ballett Stella hat sie nur Freunde. Aber lassen wir einmal diese Freundschaften beiseite - sie würde ihre ganze Karriere zerstören, wenn sie von unserer Truppe wegginge. Sie wissen, wie schwer es ist, in der Welt des Tanzes etwas zu werden.
    Nadja Ratan ist unser Star. Ich bin ganz sicher, daß sie sich für uns entscheiden wird, wenn Sie mir die Gelegenheit geben, nur ein paar Augenblicke mit ihr zu sprechen.«
    »Ganz sicher, ganz sicher, aber... nehmen Sie doch noch ein wenig Kaviar, Herr Kanar... Doch ich meine... es wird bald Tag... und ich sehe nicht, warum Sie es so eilig haben. Nach allem, was sie mitgemacht hat, ist das arme Kind jetzt gerade eingeschlafen...«
    Die beiden jungen Männer sahen sich an. Claudius nickte: »Er wird ihn natürlich herumkriegen", flüsterte er. »Das kann noch eine halbe Stunde dauern. Ich kenne den Ablauf bei meinem Vater.«
    Auf Zehenspitzen schlichen sie wieder die Treppe hinauf. Im Gang fragte Lennet: »Warum haben Sie mich gewarnt?«
    »Weil ich in diesem Haus unter all dem guten Willen ersticke", sagte Claudius. »Alle sind so gut, so sympathisch, so tolerant, so verständnisvoll... Ich kann einfach nicht mehr. Ich möchte etwas machen, das nicht sympathisch, nicht tolerant, nicht verständnisvoll und nicht gut ist. Irgend etwas Besonderes und Verrücktes! Ich habe den Eindruck, daß ich Ihnen helfen kann, während dieser Herr Kanar, der mit einem Mercury mit Chauffeur gekommen ist, meine Hilfe offensichtlich nicht braucht.«
    Lennet streckte ihm die Hand entgegen.
    »Danke", sagte er. »Ich brauche ein Auto und einen Beutel mit alten Nägeln. Können Sie das auftreiben?«
    »Das mit dem Wagen ist einfach: Ich habe einen kleinen Triumph in der Garage. Der steht Ihnen zur Verfügung. Mit den Nägeln weiß ich nicht; aber ich will es versuchen. Die Tür hinten im Gang führt auf eine Treppe, und die geht direkt in die Garage. Gehen Sie gleich hinunter, wenn Sie Ihre schlafende Schöne geweckt haben.«
    Lennet brauchte Nadja nicht zu wecken. Als er an ihre Tür klopfte, antwortete sie sofort: »Wer ist da?«
    »Ich bin's, Marie-Joseph Lafleur. Mademoiselle, Sie müssen aufstehen. Schnell!«
    Er brauchte nicht lange zu warten. Die Tänzerin war noch gar nicht eingeschlafen. Sie zog sich im Handumdrehen an

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