09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift
das Vertrauen von Nadja Ratan enttäuscht. Sie war durch seinen Fehler in höchster Gefahr! Was konnte er jetzt noch tun?
Unruhig stand er wieder auf und untersuchte das Schloß der Zelle. Es war einfach. Mit einem Werkzeug hätte er es spielend öffnen können. Aber er hatte kein Werkzeug, und außerdem ging gerade der Wachtmeister vorbei und sagte: »Mach keine Dummheiten. Wir wissen, daß du so was kannst, und wir passen auf dich auf.«
Lennet machte sich Vorwürfe. Er schalt sich einen naiven Dummkopf...
Nach einer Viertelstunde voller trüber Gedanken kam ihm eine Idee. Er ging alles nochmals durch. Richtig! Er verstand plötzlich alles. Er wußte auf einmal, wie der Feind es geschafft hatte, sie immer wieder zu finden, egal, wo sie sich versteckten.
Und gleichzeitig war damit die Unschuld der Tänzerin erwiesen.
Und jetzt erschien ihm der Plan der Spione noch gerissener, als er zuvor geglaubt hatte und als die Spionageabwehr in Frankreich und Kanada jetzt noch glaubte...
Aber was hatte er nun von seinem Wissen?
Die List der gegnerischen Agenten
Es war halb ein Uhr nachts. Es war Lennet nicht gelungen einzuschlafen. In die Nachbarzelle hatte man einen Betrunkenen gebracht, der sich erfolglos bemühte, sich als großer Sänger zu erweisen. Lennets Gedanken drehten sich im Kreis.
Die Tänzerin hat das Bewußtsein wiedererlangt... Sie sieht, daß sie in der Gewalt ihrer Feinde ist... Sie schleppen sie zu einem geheimen Versteck... Sie steht Kanar gegenüber... Was werden sie mit ihr machen... Wird sie dem ersten Verhör standhalten?«
Im Korridor hörte man Schritte. Und dann zeichneten sich vor dem Gitter die vertrauten Umrisse des Wachtmeisters und Captain Phil Himbeers von der Bundespolizei ab.
»Phil!« rief Lennet glücklich. »Phil! Gott sei Dank!«
»Lassen Sie ihn sofort frei! Sie hätten uns in Montreal benachrichtigen müssen. Sie sind ein Dummkopf", fuhr Phil den Wachtmeister an.
»Ich brauche mir nicht von Ihnen befehlen zu lassen", antwortete der Wachtmeister. »Sie sind nicht mein Vorgesetzter.«
»Gut. Dann lassen Sie ihn nicht frei. Aber bereiten Sie sich darauf vor, daß Sie sich morgen eine neue Arbeit suchen müssen!«
»Gut, gut. Ich lasse ihn ja raus. Es war eben ein Irrtum.« Zwei Minuten später verließ Lennet das Gefängnis von Sankt Luc. Er setzte sich neben Phil in dessen Sportwagen.
»Wie hast du mich gefunden, Phil?«
»Kleinigkeit. Du hast ja die Nummer des Bauernhofes angegeben. Als ich zurückkam, habe ich dort angerufen. Ich habe nicht gesagt, wer ich bin. Eine gewisse Margot hat mir dann gesagt, du seist wahrscheinlich bei Harry. Dann habe ich bei ihm angerufen, und er hat mir gesagt, du seist nach Sankt Luc gefahren. Da ich angenommen habe, daß du mich brauchst sonst hättest du ja nicht mehrfach angerufen - habe ich mich in mein Auto gesetzt und bin hierher gefahren. Und wie ich zur Polizei kam, um mich zu erkundigen, hat mir der Wachtmeister stolz verkündet, daß du in der Zelle sitzt. Ich habe ihm erklärt, daß du für mich arbeitest... nun, das Weitere kennst du ja.«
»Danke, Phil. Das war Rettung in letzter Minute. Ich kann mir vorstellen, was es für dich bedeutet hat, hierher zu fahren. Du brauchst doch deine ganze Zeit für die Ermittlungen.«
»Die Ermittlungen sind abgeschlossen", antwortete Phil trocken.
»Und es war die größte Niederlage deiner Laufbahn, nicht wahr?«
Phils energisches Gesicht wurde noch härter.
»Woher weißt du das?«
»Ich habe mehr Einzelheiten in der Hand als du. Und außerdem hatte ich im Gefängnis Zeit zum Nachdenken. Auf dem Plan, den wir von Kanar haben, standen die Namen der zukünftigen Agenten dieser Leute, nicht wahr?«
»Richtig.«
»Eine ganze Menge. Und du hast sie alle verhaften lassen?«
»Richtig.«
»Und die Verhöre haben nichts ergeben?«
»Richtig.«
»Weil sie in Wirklichkeit alle nichts wußten.«
»Es sieht so aus.«
»Und der arme Kerl, der mit Kanar den Smoking tauschen sollte, hatte keine Ahnung, in welche Lage er dadurch kam?«
»Richtig.«
»Ich werde dir sagen, was passiert ist, Phil. Erster Schritt: Der Feind gründet die Ballett-Truppe, um die Sache hier ins Laufen zu bringen. Zweiter Schritt: Ein Spitzel benachrichtigt meine Leute in Frankreich. Dritter Schritt: Statt die Sache abzublasen, erfindet der Feind die Geschichte Kanar-Smoking-Falscher-Plan und läßt uns dies durch einen Doppelagenten zukommen.«
»Um uns auf eine falsche Fährte zu führen?«
»Zum Teil. Zum
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