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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geltend machen, deren Berechtigung mir außerordentlich zweifelhaft erschien. Ich hütete mich also, ein Wort über sie zu verlieren, obgleich ich die Erfahrung gemacht hatte, daß ich mit derartigen, scheinbar grundlosen Vermutungen und unwillkürlichen Gedankenverbindungen meist das Richtige traf. Aber wenn ich darüber auch schwieg, diese Stimme in mir auch zum Schweigen zu bringen, das wollte mir nicht gelingen. Und je länger ich sie hörte, desto wahrscheinlicher kam es mir vor, daß sie mir nichts Falsches sage.
    Als Schahko Matto davon sprach, daß Raller sich für einen Offizier ausgegeben hatte, war mir nämlich Douglas, der ‚General‘, eingefallen. Es gab keinen einzigen stichhaltigen Grund, diese beiden Personen in so nahe Beziehung zueinander zu bringen; sie waren Verbrecher; sie hatten sich unberechtigterweise einen militärischen Grad beigelegt; das war alles, und lange noch nicht genug, um annehmen zu können, daß sie ein und dieselbe Person seien, und doch wurden sie in meinem Innern, in meiner Vorstellung nach und nach so zusammengeschoben, daß sie schließlich nicht mehr zwei Figuren sondern eine einzige bildeten. Das Seelenleben des Menschen ist so reich an geheimnisvollen Gesetzen, Kräften und Erscheinungen, deren Wirkungen wir achtlos an uns vorübergehen lassen; aber wer soviel bei seinen Büchern gesessen und getüftelt hat wie ich, wer so viele Nächte unter dem Dach des Urwaldes oder unter dem Himmel der Wüste, der Savanne lag und tiefe Einkehr in sich hielt, der lernt, auf die Regungen und Stimmen seines Innern aufmerksam zu sein, und schenkt ihnen gern das Vertrauen, welches sie verdienen.
    Daß ich mit allen diesen Personen und Verhältnissen Old Surehand in Beziehung, und zwar in die engste Beziehung brachte, versteht sich ganz von selbst. Jedenfalls war er es, der im Mittelpunkt des Geheimnisses stand und der den Schlüssel zu demselben, jetzt noch ohne es zu wissen, in den Händen hielt. Darum nahm ich mir vor, meine Ahnungen noch für mich zu behalten und sie erst nach unserm Zusammentreffen mit ihm in Worte zu kleiden. Wir waren ja hinter ihm her und mußten ihn wahrscheinlich bald einholen.
    Diesen Gedanken hing ich, als wir uns zur Ruhe gelegt hatten, noch lange nach, ehe ich einschlief. Früh dann, beim Aufbruch, waren sie fest in mir geworden, und ich legte mir nur noch die eine Frage vor, wer unter Wawa Derrick gemeint sein könne. Erraten konnte ich das nicht, weil es höchstwahrscheinlich eine Person war, welche ich nicht kannte.
    Es war eine vollständig baum- und strauchlose Gegend, durch welche wir nun kamen. Wir befanden uns zwischen dem Nord- und Südarm des Salmon-River auf einer nur mit Büffelgras bewachsenen Prärie. Am Nachmittag kamen wir dem Südarm näher und sahen da einen einzelnen Reiter, welcher weit vor uns quer über unsere Richtung aus Norden kam. Wir hielten sofort an und stiegen ab, um uns nicht von ihm sehen zu lassen; aber er hatte uns schon bemerkt und richtete den Lauf seines Pferdes auf uns zu. Darum setzten wir uns wieder auf und ritten ihm entgegen.
    Als wir uns ihm so weit genähert hatten, daß wir ihn deutlich erkennen konnten, stellte es sich heraus, daß er ein Weißer war. Er stutzte und hielt an, als er entdeckte, daß unser Trupp aus Leuten von zweierlei Farben bestand, denn das ist stets geeignet, Verdacht zu erwecken. Das Gewehr schußfertig in den Händen, sah er uns entgegen. Als wir uns ihm bis auf ungefähr dreißig Pferdelängen genähert hatten, hob er das Gewehr und forderte uns auf, zu halten, widrigenfalls er schießen werde. Diese Drohung war etwas für unsern dicken Hammerdull; er trieb trotz ihr seine Stute weiter und rief dabei dem Fremden lachend zu:
    „Macht keine dummen Witze, Sir! Oder solltet Ihr Euch wirklich einbilden, daß wir uns vor Eurer Gartenspritze fürchten werden? Tut sie weg, und seid gemütlich, denn wir sind es auch!“
    Das volle Gesicht des Kleinen strahlte allerdings eine Freundlichkeit aus, welcher der Reiter nicht widerstehen konnte und ebensowenig sein Pferd, denn dieses ließ ein vergnügtes Wiehern hören, und er antwortete, indem er sein Gewehr sinken ließ:
    „Diesen Gefallen kann ich Euch schon tun. Übrigens bilde ich mir über Euch vorläufig gar nichts ein, weder etwas Gutes noch etwas Böses, obgleich Ihr zugeben werdet, daß ich allen Grund habe, Verdacht gegen Euch zu hegen.“
    „Verdacht? Warum?“
    „Weiße und Rote gehören nicht zusammen, und wenn man sieht, daß diese zwei

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