09 - Verschwörung der Druiden
Giles wollte aufwachen.
Warum konnte er nicht aufwachen?
George musste es tun. Er musste.
Nein! Lasst sie nicht näher kommen! Lasst es nicht zu!
Sie waren gescheitert. Die Beschwörungsformel seines Bruders hatte versagt. Seine Beschwörungsformel hatte versagt.
Er musste alles wieder gutmachen, nicht nur wegen der Jungen oder der anderen Ältesten, sondern wegen der Welt.
Der Stein hatte ihm den Weg gezeigt. Er hatte in seine Facetten geschaut und Blut gesehen. Er war den alten Symbolen nicht nahe genug. Um zu siegen, mussten sie alle zu den alten Lehren zurückkehren.
In gewisser Hinsicht war dieses ganze letzte Jahr ein Traum gewesen. Er hatte jeden Moment des Tages mit Visionen gelebt. Monatelang hatte er ihnen verzweifelt zu entfliehen versucht. Jetzt wollte er nichts anderes, als sie annehmen und zu seinen eigenen machen.
Er hatte den Tod seines Bruders immer wieder durchlebt. Aber schlimmer noch, er hatte versucht, sich vor den Bildern zu verschließen, die in jenem Augenblick, bevor sein Bruder gestorben war, auf ihn eingestürmt waren. Er hatte die andere Seite gesehen. Selbst jetzt fehlten ihm die Worte, das Gesehene zu beschreiben - die Überladung seiner Sinne, die Schreie der Wut, der Panik, der Verzweiflung; die spürbare Gegenwart eines durch und durch verderbten Bösen, das mächtiger war als alles, was er je zuvor erlebt hatte; eine Million Gesichter, zwei Millionen Hände, die alle versuchten, ihn zu sich in die Tiefe zu ziehen.
Eric war ein Vampir. George kannte sich mit Vampiren aus. Dies war viel schlimmer als Vampire. Vampire konnten sein Blut trinken; sie konnten ihn in eine Kreatur ohne Seele verwandeln. Aber diese Kreaturen konnten seine unsterbliche Seele in alle Ewigkeit martern.
Nein! Lasst sie nicht näher kommen! Lasst es nicht zu!
Er erlebte den Moment immer wieder, träumte immer wieder denselben Traum. In diesem Traum war er manchmal sein Bruder, lauthals um Erlösung flehend. In diesen Träumen wollte ein Teil von ihm sie näher kommen lassen. Er musste für sein Versagen bestraft werden. Er musste bestraft werden, weil er die falsche Wahl getroffen hatte. Er musste für den Tod seines Bruders bestraft werden.
Das Fegefeuer wartete. Vielleicht würde er am Ende seine Seele opfern, um die Welt zu retten. Aber es würde eine Form der Erlösung sein. Er konnte ein neues Leben haben und einen ehrenvollen Tod.
Es hatte alles mit Eric angefangen. George war von einem Vampir geweckt worden. Eric hatte ihn vor fast einem Jahr gefunden, nach der fehlgeschlagenen Beschwörung. Eric behauptete, dass ihn das Blut angezogen hatte, das bei der magischen Handlung vergossen worden war. Eric war ein verwerfliches Geschöpf, ohne jede Moral - aber er war uralt und auf seine Art weise.
Von Eric erfuhr George zum ersten Mal von der Existenz des Höllenschlundes. Er war der stärkste aller Orte der Macht, doch seine wahre Natur war den Druiden verborgen geblieben, bis sie die entsprechenden Gegenzauber entwickelt hatten, die ihnen seine täuschende Natur enthüllten. Und Eric hatte ihm in vielerlei Hinsicht geholfen.
George hatte geglaubt, dass er Eric losgeworden war, als er sich in diesen Teil der Welt begeben hatte. Als der Vampir dann doch wieder aufgetaucht war, hatte George mit Entsetzen reagiert und befürchtet, ihn nie mehr loswerden zu können.
Jetzt fand er die Gegenwart des Vampirs manchmal auf seltsame Weise tröstend.
Er hatte vor, Eric zu benutzen, so wie Eric zweifellos ihn benutzen wollte. Jede Zusammenarbeit konnte nur von kurzer Dauer sein und verlangte äußerste Vorsicht.
Verzweifelte Umstände erforderten verzweifelte Maßnahmen. Eric war an den Umgang mit normalen Menschen gewöhnt. Er konnte nichts von der wahren Macht und Stärke der Druiden ahnen.
George war entschlossen, die Untoten zu benutzen. Und er war entschlossen, auch Unschuldige zu töten, um die Lebenden zu schützen. Er hoffte, dass ihm seine Neffen - und die Ältesten seines Ordens - am Ende vergeben würden. Sie würden die Wahrheit erkennen, wenn sie in dieser besseren Welt lebten.
Er erinnerte sich, wie ihn Erics Auftauchen im Cottage überrascht hatte. Wieso hatte der Vampir in das Haus eindringen können? Vielleicht hatte ihm ein früherer Bewohner die Erlaubnis erteilt. Das war das Problem mit Mietshäusern: Man wusste nie, wer vor einem dort gewohnt hatte.
Andererseits konnte es auch mit dem Höllenschlund zusammenhängen. So nahe am Zentrum der Macht herrschten andere Gesetze.
Der
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