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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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reglos an einem Strick vom Galgen herab. Niemand war zu sehen.
    Einen schrecklichen Augenblick lang schien es Fidelma, als erstarre ihr Blut zu Eis, denn sie glaubte, es wäre Eadulfs Leiche und sie wäre allen Versicherungen zum Trotz zu spät gekommen. Sie blieb jäh stehen und starrte benommen hinüber.
    Als Schwester Étromma merkte, daß sie ihr nicht folgte, kam sie zurück. Sie machte ein unglückliches Gesicht und vermied es, die Leiche anzusehen.
    »Wer ist das?« fragte Fidelma, die inzwischen erkannt hatte, daß der Tote die Tonsur des heiligen Johannes trug und nicht die des heiligen Petrus wie Eadulf.
    »Das war Bruder Ibar«, erklärte die Verwalterin leise.
    »Aus welchem Grunde wurde er hingerichtet?«
    »Mord und Diebstahl.«
    Fidelmas Mund wurde schmal. »Kommt diese Art der Bestrafung nach den Bußgesetzen hier in der Abtei jetzt in Mode?« fragte sie bitter. »Kennst du die Einzelheiten seines Verbrechens?«
    »Ich wohnte seinem Gerichtsverfahren bei, Schwester. Die ganze Gemeinschaft tat das, auf Befehl von Äbtissin Fainder. Es war das erste Verfahren, das zu einer Hinrichtung nach den neuen Bußgesetzen führte, und er gehörte unserer Gemeinschaft an.«
    »Du hast Mord und Diebstahl erwähnt?«
    »Bruder Ibar wurde schuldig befunden, unten am Kai der Abtei einen Flußschiffer getötet und beraubt zu haben.«
    »Wann war das?«
    »Vor ein paar Wochen.«
    Fidelma betrachtete den sanft schaukelnden Leichnam.
    »Es gibt anscheinend viele Todesfälle am Kai der Abtei«, überlegte sie laut. Ihr kam ein Gedanke. »Du sagtest, vor ein paar Wochen hätte Ibar einen Flußschiffer am Kai getötet und beraubt? War das vor oder nach dem Verbrechen, das Bruder Eadulf zur Last gelegt wird?«
    »Ach, danach. Gleich am nächsten Tag.«
    »Ungewöhnlich, nicht wahr? Zwei Mordtaten am selben kleinen Kai innerhalb von zwei Tagen, und dann werden zwei Mönche zum Tode verurteilt, und einer ist bereits tot.«
    Schwester Étromma runzelte die Stirn. »Aber zwischen den beiden Ereignissen bestand kein Zusammenhang.«
    Fidelma wies angeekelt auf den Leichnam.
    »Wie lange soll er dort noch hängen?«
    »Bis Sonnenuntergang. Dann wird er abgeschnitten und draußen in ungeheiligtem Boden begraben.«
    »Wie gut kanntest du ihn?«
    »Nicht sehr gut. Er war ziemlich neu in der Gemeinschaft. Ich glaube, er stammte aus Rathdangan, nach Norden zu. Von Beruf war er Schmied. Als Schmied hat er auch in der Gemeinschaft gearbeitet.«
    »Warum hat er den Flußschiffer getötet und beraubt?«
    »Man nimmt an, daß ihn die Habgier getrieben hat. Er hat einen Beutel Goldmünzen und eine goldene Kette erbeutet, nachdem er den Mann erstochen hatte.«
    »Wozu braucht ein Schmied, der in dieser Abtei arbeitet, noch Geld? Ein Schmied wird so hoch geachtet, daß er jeden Preis für seine Arbeit verlangen kann. Sein Sühnepreis beträgt zehn seds, genausoviel wie der eines aire-echta, eines Brehons von geringer Qualifikation.«
    Schwester Étromma zuckte ausdrucksvoll die Achseln. »Hier wird es kühl, Schwester«, sagte sie, »gehen wir lieber weiter.«
    Fidelma folgte ihr über den Hof, den an allen vier Seiten hohe Gebäude umstanden, und durch eine weitere kleine Tür. Schwester Étromma stieg die Steinstufen empor über zwei Stockwerke in einen hochgelegenen Gang. Das Gebäude war feucht und roch muffig. Fidelma empfand tiefe Niedergeschlagenheit. Die Düsternis, die so bedrohlich und bedrückend auf dem Ort lastete, ließ in ihr nicht das Gefühl aufkommen, im Hause einer Gemeinschaft zu weilen, die sich dem christlichen Leben widmete. Es umgab sie eine Atmosphäre nahenden Unheils, die sie sich schwer erklären konnte.
    Schwester Étromma ließ Fidelma verschnaufen, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann führte sie sie einen schmutzigen Gang entlang, der an einer kleinen Eichentür mit eisernen Riegeln endete.
    Dort tauchte plötzlich ein riesiger Schatten aus der Dunkelheit auf.
    »Wer ist da?« fragte eine rauhe Stimme. »Bist du das, Étromma?«
    »Ja«, antwortete die Verwalterin. »Bei mir ist Schwester Fidelma, eine dálaigh, die die Erlaubnis der Äbtissin hat, den Gefangenen zu verhören.«
    Fidelma spürte den Geruch von Zwiebeln im Atem des stämmigen Mannes, der näher trat und sie musterte.
    »Na gut«, brummte er. »Wenn Étromma das sagt, dann darfst du rein.« Die Gestalt verschwand wieder in der Dunkelheit.
    »Wer war das?« flüsterte Fidelma, beeindruckt von der riesigen Statur des

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