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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Wächters.
    »Das war mein Bruder Cett, der jetzt als Gefängniswärter dient«, erwiderte Étromma.
    » Dein Bruder Cett?« fragte Fidelma, die sich über das Pronomen wunderte.
    Schwester Étrommas Ton blieb kühl. »Mein leiblicher Bruder wie auch mein Bruder im Glauben. Mein armer Bruder ist eine schlichte Seele. Als Kinder gerieten wir in einen Überfall der Uí Néill, und er wurde am Kopf verwundet, so daß er jetzt nur noch einfache Arbeiten verrichten kann und solche, die viel Kraft erfordern.«
    Schwester Étromma schob die eisernen Riegel an der Zellentür zurück.
    »Ruf mich, wenn du wieder gehen willst. Bruder Cett oder ich sind in Hörweite.«
    Sie öffnete die Tür, und Fidelma trat in die Zelle. Einen Augenblick blinzelte sie in den Lichtstrahl, der durch das vergitterte Fenster in der gegenüberliegenden Wand fiel.
    Eine überraschte Stimme rief aus: »Fidelma! Bist du das wirklich?«

Kapitel 5
    Als die Tür sich hinter ihr schloß und die Riegel knarrend vorgeschoben wurden, trat Fidelma in die Mitte des kleinen Raums und streckte dem jungen Mann, der sich rasch von seinem Schemel erhoben hatte, die Hände hin. Bruder Eadulf ergriff ihre Hände, und einen Moment schauten sich beide an. Kein Wort fiel, aber ihre Blicke trafen sich und drückten stumm ihre Besorgnis füreinander aus.
    Eadulf wirkte abgemagert. Er hatte sich nicht regelmäßig rasieren dürfen, und deshalb bedeckten Stoppeln seine Wangen. Sein lockiges braunes Haar war ungekämmt und verfilzt, und seine Kleidung war schmutzig und roch. Eadulf bemerkte das Entsetzen in ihrer Miene und lächelte entschuldigend.
    »Ich fürchte, die Gastfreundschaft in diesem Haus ist nicht gerade von der besten Art, Fidelma. Die gute Äbtissin hält nichts davon, Seife und Wasser an jemanden zu verschwenden, der nicht mehr lange in diesem Tal der Tränen zu verweilen hat.« Er hielt inne. »Aber ich freue mich so, dich noch einmal zu sehen, bevor ich diese Welt verlasse.«
    Fidelma gab einen undefinierbaren Laut von sich, der vielleicht ein kleines Schluchzen war, dann versuchte sie tapfer, ihre Gefühle zu verbergen.
    »Bist du sonst gesund, Eadulf? Hat man dich nicht mißhandelt?«
    »Grob hat man mich behandelt… zuerst«, gestand Eadulf gelassen. »Die Leidenschaften gehen hoch bei der Art von Verbrechen, das man mir zur Last legt. Es war ein junges Mädchen, das vergewaltigt und ermordet wurde. Aber wie geht es dir, Fidelma? Ich dachte, du wärst auf Pilgerreise in Iberia, zum Grab des heiligen Jakobus?«
    Fidelma machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Ich kam zurück, sobald ich die Nachricht erhielt. Ich eilte hierher, um dich zu verteidigen.«
    Einen Moment lächelte Eadulf froh, dann wurde er wieder ernst.
    »Hat man dir nicht gesagt, daß alles vorbei ist? Die sogenannte Gerichtsverhandlung dauerte nicht lange, und morgen habe ich eine Verabredung in dem Hof da unten.« Er nickte zu dem Fenster hin. »Hast du den Galgen gesehen?«
    »Man hat es mir gesagt.« Fidelma sah sich um und setzte sich auf den Schemel, von dem Eadulf aufgestanden war.
    Er nahm auf dem Bett Platz. »Hier vergesse ich schon meine Manieren, Fidelma. Ich hätte dich zum Sitzen auffordern müssen.« Das sollte spaßig klingen, aber seine Stimme war hohl und tonlos.
    Fidelma lehnte sich zurück, faltete die Hände im Schoß und sah Eadulf forschend an.
    »Hast du das getan, dessen man dich beschuldigt?« fragte sie abrupt.
    Eadulf hielt ihrem Blick stand.
    » Deus miseratur, ich habe es nicht getan! Darauf gebe ich dir mein Wort, obgleich ich fürchte, daß mein Wort in dieser Sache nicht zählt.«
    Fidelma nickte kurz. Wenn Eadulf sein Wort gab, dann glaubte sie ihm.
    »Erzähl mir die Geschichte. Ich verließ dich in Cashel, als ich abreiste, um das Pilgerschiff nach Iberia zu erreichen. Fang von da an.«
    Eadulf schwieg einen Moment und sammelte seine Gedanken.
    »Die Geschichte ist ziemlich einfach. Ich beschloß, deinem Rat zu folgen und zu Erzbischof Theodor nach Canterbury zurückzukehren. Ich war ja schon ein Jahr von dort fort. In Cashel hielt mich auch nichts mehr.«
    Er schwieg; Fidelma bewegte sich zwar leicht auf dem Schemel, sagte aber nichts.
    »Dein Bruder gab mir Botschaften für Theodor und für die angelsächsischen Könige mit.«
    »Mündlich oder schriftlich?« erkundigte sich Fidelma.
    »Die eine Botschaft an Theodor war schriftlich abgefaßt. Die anderen Botschaften an die Könige trug er mir nur mündlich auf, einfach Grüße und

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