090 - Der Verlorene der Todeswelt
Niborees wichen zurück. Jack Nancy und mich ließen sie liegen.
Auch der Kerl mit dem Krummdolch hatte sich in Sicherheit gebracht. Grabesstille herrschte. Die Situation war unheimlich: Zwischen den Felsen, vom flackernden Feuerschein beleuchtet, stand ein Gerippe, das von einer schwarzen Kraft am Leben erhalten wurde.
Wen würde sich Yilmaz aussuchen? Den, der als erster seine Aufmerksamkeit auf sich zog? Das wollte ich versuchen. Ich richtete mich auf, nicht besonders schnell, aber auch nicht langsam.
Yilmaz »blickte« nicht in meine Richtung, aber als ich mich erhob, wandte sich die grinsende Knochenfratze sogleich mir zu. Ich war bereit, gegen ihn zu kämpfen. Ich hoffte, mit einem Sieg über Yilmaz die Niborees für mich gewinnen zu können.
Aber würden sie mir dafür, daß ich eine große Gefahr von ihnen abgewandt hatte, dankbar sein? Kannten die Niborees den Begriff der Dankbarkeit?
Yilmaz setzte sich in Bewegung. Seine Gelenke knarrten bei jedem Schritt, und seine pendelnden Arme klapperten hin und wieder.
Er sah so schwach aus, als könnte man ihn umpusten, doch ich hatte erlebt, welche Schwierigkeiten mir George Heston gemacht hatte, und beging nicht den Fehler, meinen Gegner zu unterschätzen.
Ich nahm meinen Dämonendiskus samt Kette ab, schlang mir die Kette einmal um die Hand und wartete auf den Knochenmann. Er blieb stehen.
Witterte er die Gefahr, die sich in der milchig-silbrigen Diskusscheibe befand? Langsam hob er die Hände und ballte sie zu Fäusten. Ich erwartete mit brennender Ungeduld seine erste Attacke. Wenn es mir gelang, ihn sofort richtig mit dem Diskus zu treffen, war er erledigt.
Yilmaz duckte sich. Es sah so aus, als würde man eine Sprungfeder zusammendrücken. Augenblicke später wurde sie losgelassen, und Yilmaz flog mir entgegen.
Obwohl ich mit diesem Angriff gerechnet hatte, überraschte mich doch die Schnelligkeit, mit der mich das Skelett attackierte. Ich vermochte nicht schnell genug zu reagieren.
Ich sprang zur Seite. Dadurch entging ich einem Faustschlag, der mich niedergestreckt hätte. Die Knochenhand wischte knapp an meiner Kinnspitze vorbei.
Ich schlug mit dem Diskus zu, aber dort, wo sich Yilmaz eben noch befunden hatte, war er nicht mehr, als der Diskus die Stelle erreichte.
Schwarze Kraft und ungeheure Schnelligkeit, zwei Komponenten, die mir trotz der starken Waffe zum Verhängnis werden konnten. Ich mußte höllisch aufpassen.
Yilmaz erwischte meinen rechten Arm und drehte ihn mir auf den Rücken. Der Schmerz riß mir einen Schrei von den Lippen. Ich konnte den Diskus nicht einsetzen, und Yilmaz drückte mir den Arm immer weiter nach oben.
Ich wußte, was er wollte: Ich sollte mich vom Diskus trennen, sollte die Kette loslassen. Noch war ich dazu nicht bereit, aber Yilmaz wußte meinen Schmerz so sehr zu steigern, daß ich die Kette nicht länger halten konnte.
Meine Finger öffneten sich. Ich spürte, wie die Kette abrutschte, und schließlich landete die Scheibe auf dem Boden.
Yilmaz ließ mich los. Sein Faustschlag preßte mir die Luft aus der Lunge, und dann wollte mich der Knochenmann mit beiden Händen ins Feuer stoßen.
Ich tat zwei Dinge gleichzeitig: Ich wich wie ein Matador vor dem herandonnernden Stier zur Seite und stellte Yilmaz ein Bein. Sein eigener Schwung riß ihn vorwärts, und er landete auf den brennenden Holzscheiten.
Die Flammen loderten durch seinen Brustkorb, aber sie konnten ihm nichts anhaben.
Es war ein grauenerregendes Schauspiel, als er dem Feuer entstieg. Dürres, brennendes Gezweig hatte sich zwischen seinen Rippen verfangen.
Er entfernte es unwillig und konzentrierte sich wieder auf mich. Aber ich hatte die Zeit genutzt, um mir meinen Diskus wiederzuholen. Jetzt drehte ich die Scheibe über meinem Kopf.
Einmal, zweimal, dreimal…
Yilmaz griff an, und ich ließ die Kette los. Der Diskus flog dem Knochenmann mit großer Wucht entgegen und traf die Wirbelsäule.
Das war das Aus für Yilmaz. Er torkelte, hob die Arme, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Der Diskus fiel aus seinem Brustkorb und landete abermals auf dem Boden, und Yilmaz stürzte zum zweitenmal ins Feuer, doch diesmal konnte er sich nicht mehr erheben.
Die Niborees hatten meinen Kampf aus sicherer Entfernung verfolgt. Nichts war ihnen entgangen, doch trauten die Eingeborenen dem Frieden noch nicht ganz.
Sie blieben vorläufig noch im Hintergrund. Ich hängte mir den Diskus wieder um und hielt nach Tarik Ausschau. Er kam hinter einem Felsen
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