0901 - Die Zweidenker
unbenutzbar. Haman hatte sich dort ausgetobt und alles zerschlagen, was irgendwie zu zerschlagen war. „Ich heiße Lank-Grohan. Aber du kannst mich Lank nennen."
„Okay, Lank", sagte Haman und blickte immer noch nicht auf. „Mit mir kann man immer reden."
„Dann komme ich zu dir."
„Moment!" Haman sprang von seinem Platz auf und blickte sich suchend um. „Da ist noch ein Problem.
Ich weiß nicht, wie meine Frau und die Mädchen bei deinem Anblick reagieren würden. Kann ich nicht zu dir kommen?"
„Deine Frauen werden sich an mich gewöhnen müssen. Ich habe vor, von Angesicht zu Angesicht mit ihnen zu arbeiten."
„Es sind nicht meine Frauen", erregte sich Haman. „Die beiden Mädchen sind meine Töchter - und außerdem noch Kinder."
„Entschuldige, Haman. Es war nicht so gemeint. Kann ich also kommen?"
„Ich weiß nicht recht..." Haman tat, als müsse er sich die Sache überlegen. „Ich möchte, daß sich vor allem die Kinder erst ein wenig eingewöhnen, bevor sie mit einem von euch konfrontiert werden. Können wir uns nicht außerhalb der Wohnung treffen?"
Haman sagte absichtlich „Wohnung" und nicht „Gefängnis", weil er in den Loowern den Eindruck erwekken wollte, als hätte er sich bereits akklimatisiert. „Das ließe sich schon machen", sagte die Stimme aus der Luft. „Deine Wohnungstür ist offen. Dahinter ist ein Verbindungsgang. An seinem Ende liegt ein neutraler Raum. Wäre er dir als Treffpunkt recht?"
„Wann?"
„Sofort, wenn du willst."
„In Ordnung."
Haman erhob sich und ging ins Schlafzimmer. Kerinnja sah ihm mit großen, ängstlichen Augen entgegen, Baya saß mit stupidem Gesichtsausdruck neben ihr. Aldina lag apathisch auf dem Bett, sie blickte nicht einmal auf, als er hereinkam. „Alles in Ordnung", sagte Haman zu seinen Kindern und drückte Kerinnja kurz an sich. Baya lächelte ihn dümmlich an. Haman wandte sich schnell von ihr ab. Er war schon immer der Meinung gewesen, daß sie geistig etwas zurückgeblieben war, und ihr Verhalten in dieser Situation bestärkte ihn nur in seiner Ansicht.
Sie schien überhaupt nicht mitzubekommen, was überhaupt los war, und Haman beneidete sie fast darum.
Er beugte sich über seine Frau und schlang seine Arme um ihren Körper.
Für die beobachtenden Loower mußte es so aussehen, als nehme er von ihr Abschied. Aber in Wirklichkeit langte er unter ihren Rücken, wo sie den Fauststrahler versteckt hatte.
Als er sein Gesicht an ihrer Wange rieb, flüsterte er ihr ins Ohr: „Ich werde es jetzt tun. Die Gelegenheit ist günstig. Sei tapfer und - kein Wort zu den Kindern."
Er holte verstohlen die Waffe unter ihrem Rücken hervor und schob sie sich unters Hemd. Dann erhob er sich und verließ das Zimmer. Er spürte förmlich Kerinnjas Blicke in seinem Rücken, aber er zwang sich, sich nicht nach ihr umzudrehen. Ihr mitleiderregender Anblick hätte ihm die Sache nicht gerade erleichtert.
Er erreichte die Tür und stellte fest, daß sie sich tatsächlich öffnen ließ. Dahinter war ein langer, schmaler Korridor, der in das orangefarbene Licht gehüllt war, das alle Dinge von sich aus leuchten ließ und ihnen eine gewisse Art von Transparenz gab.
Arn Ende des Ganges war eine neuneckige Öffnung. Haman trat hindurch und kam in einen kahlen Raum, der etwa so groß war wie ihr Schlafzimmer. Darin stand ein Loower.
Ohne lang zu überlegen, holte Haman den Strahler hervor und schoß.
Der Energiestrahl erfaßte die Gestalt und brachte sie zur Auflösung.
Das war alles. Haman wußte sofort, daß man ihn genarrt hatte.
Links von ihm ertönte die bereits bekannte Stimme des Loöwers. „Habe ich dich also richtig eingeschätzt, Haman", sagte Lank-Grohan. „Du hast deine Aggressionen noch immer nicht abgebaut. Warum wolltest du mich töten?"
„Das fragst du noch, du Bastard!" schrie Haman in maßloser Wut. „Ihr okkupiert die Erde! Habt ihr in einer Blitzoffensive unseren Widerstand gebrochen. Ihr habt uns gefangengenommen und verschleppt! Glaubst du, das würde sich ein Mensch alles einfach bieten lassen?"
„Wir haben die Erde nicht erobert", erklärte Lank-Grohan. „Alles, was wir taten, war, dich und deine Familie zum Mars zu bringen. Wir wollen bloß mit euch reden und euch unseren Standpunkt klarmachen. Auf der Erde geht das Leben wie immer weiter."
„Und das soll ich glauben?"
„Ich kann es dir beweisen. Ich kann dir Liveaufnahmen aus allen Städten der Erde zeigen, von jedem gewünschten Ort. Du wirst sehen, daß nichts
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