0901 - Die Zweidenker
über einen Translator verhört. Unter den Befragern war keiner der namhaften Terraner, mit denen Hergo-Zovran bisher Kontakt gehabt hatte.
Weder Julian, noch Tek noch dessen Gefährtin Jennifer waren bei dem Verhör anwesend, nicht einmal einer von den Wissenschaftlern, die an der ersten Verhandlungsrunde auf der THAMID teilgenommen hatten. Das zeigte dem Türmer, daß es sich hier höchstens um eine erste Voruntersuchung handeln konnte, bei der es galt, Goran-Vrans Geschichte zu erfahren.
Goran-Vran machte seine Sache gut. Er erzählte den Terranern, daß er beim Bau der Neunturmanlage mitgewirkt hatte und nach deren Fertigstellung die ihm zustehende Ruhepause dazu genützt habe, die marsianische Landschaft zu erforschen.
Er begründete dies mit der Ähnlichkeit des Mars zu seiner Geburtswelt Alkyra-II und vermischte so recht geschickt die Wahrheit mit Erfundenem.
Wäre Goran-Vran noch im Besitz seines Tiefenbewußtseins gewesen, hätte er nicht so glaubwürdig gewirkt. Als Zweidenker hätte er sich in seinem Tiefenbewußtsein seine ureigenste Persönlichkeit bewahrt, und mit dem Ordinärbewußtsein wäre es ihm nicht möglich gewesen, sich selbst so glaubhaft zu verleugnen.
Aber Goran-Vran, der keinerlei Hemmung besaß, konnte den Terranern weismachen, daß er zu weit von der Neunturmanlage abgekommen war und dann nicht mehr zurückfand.
In dieser Situation war er den Marskolonisten begegnet.
Die terranischen Befrager gaben sich anscheinend vorerst mit dieser Geschichte zufrieden und brachten Goran-Vran unter. An verschiedenen Einzelheiten war zu erkennen, daß die Terraner sich Mühe gaben, die Verhältnisse in dem Raum Goran-Vrans Bedürfnissen anzupassen.
Aber es war ein etwas linksicher Versuch.
Die dem loowerischen Körperbau angepaßten Einrichtungsgegenstände wirkten improvisiert, die Liege, die man als Ruhestätte für Goran-Vran gedacht hatte, wirkte auf den Türmer wie ein Folterinstrument, und trotz aller Bemühungen konnten die Terraner nicht einmal eine Lichtquelle installieren, deren Schein von Goran-Vrans Sehorganen nicht als unangenehm empfunden worden wäre.
Der Türmer hatte Mitleid mit seinem Spion, aber er konnte ihm keine Erleichterung schaffen. Es war ihm nicht einmal möglich, ihm auf den Stoßseufzer zu antworten den Goran-Vran von sich gab, als er allein war. „Hier komme ich entweder vor Schwermut um", sagte Goran-Vran. „Oder ich werde zu einem loowerischen Terraner. Ich weiß nicht, was wünschenswerter wäre."
Der Türmer schaltete die Direktübertragung aus. Es war wieder Zeit für die Abstrahlung des Impulses, der nicht nur ein Funkfeuer zur Orientierung für die über das Universum verteilten Splittergruppen des loowerischen Volkes war. Der Impuls der Marsturmanlage war gegenüber den anderen modifiziert. Er enthielt für die Loower die verheißungsvolle Botschaft, daß die gesuchte Materiequelle gefunden war.
Und für den Finder dieser Materiequelle, den Quellmeister Pankha-Skrin, war der Impuls der Wegweiser zum Versteck des Schlüssels zu der Materiequelle.
Wie nahe war der Quellmeister bereits?
Wie viele Intervalle würden noch verstreichen, bis er ins Solsystem kam? Würde man genug Zeit haben, das Auge rechtzeitig zu beschaffen, um es ihm bei seinem Eintreffen präsentieren zu können?
Es mußte gelingen! Der Türmer vom Mars lebte nur noch dafür. Was für eine Aufgabe, welch schöner Lebensinhalt, ein solch großes Ziel anzustreben!
Der Türmer ließ diese Gedanken auf sich einwirken, bevor er sich entschloß, sein Interesse wieder der terranischen Familie zuzuwenden, auf der im Augenblick seine Hoffnungen ruhten.
Hoffentlich war der Schock abgeklungen, damit Lank-Grohan mit der zielführenden Arbeit beginnen konnte.
Haman Gheröl war zu allem entschlossen.
Seine erste Wut war verraucht. Er hatte eingesehen, daß es ihm nichts einbrachte, wenn er die Einrichtung demolierte. Die Loower hinderten ihn nicht daran, sondern ließen ihn sich austoben. Die Einsicht, daß er mit seinem Zerstörungswerk nur sich selbst schadete, brachte in seinem Denken schließlich die Wende.
Er beruhigte sich nach außen hin und hoffte, daß die Loower ihn nun für „gezähmt" hielten. „Kann man jetzt mit dir reden, Haman?" fragte eine akzentuierte Stimme aus der Luft. „Mit wem habe ich es eigentlich zu tun?" fragte er, ohne aufzublicken.
Haman saß allein am Eßtisch. Aldina und die Kinder waren im eiterlichen Schlafgemach. Die anderen Räumlichkeiten waren praktisch
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