0908 - Das Golem-Trio
der in zwei Tagen Abgabetermin hatte.
Etwas besorgt schaute er gegen den Rücken seiner blonden Frau, die vor kurzem noch eine Situation erlebt hatte, die man schon als lebensgefährlich bezeichnen konnte, denn beinahe wäre es einem bösartigen Puppendoktor gelungen, sie mit einem Messer zu töten. Zum Glück war sie nur leicht verletzt worden; ein Pflaster bedeckte die Wunde, das auch nicht mehr lange auf der Haut kleben würde. Bill war zu der Zeit nicht bei ihr gewesen und hatte nach seiner Rückkehr einen nicht eben gelinden Schreck bekommen. [2]
Wenn kein Besuch im Haus war, aßen die Conollys in der Küche. Bill erkundigte sich noch nach Johnny, aber Sheila hob nur die Schultern.
»Was willst du machen? Er ist unterwegs.«
»Mal wieder.« Bill setzte sich.
»Ja.«
»Das mag ich nicht.«
»Warst du anders früher?« Sheila hatte die beiden Tartes aus der Mikrowelle geholt und stellte sie auf den Tisch.
»Ich…?« dehnte Bill.
»Wer sonst?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»Das sagen sie alle. Ich glaube dir kein Wort. Du könntest doch mehr Verständnis aufbringen. Wenn ich daran denke, wie du dich in früheren Jahren benommen hast, ich meine, das weiß ich von John, mir selbst hast du ja nicht viel erzählt, dann…«
Bill wechselte rasch das Thema. »Was sollen wir eigentlich trinken?«
»Da steht noch eine halbe Flasche Rotwein neben dem Kühlschrank. Den Inhalt teilen wir uns.«
»Dann hole ich mal die Gläser.«
Sheila lächelte, als ihr Mann aufgestanden war. Es war ihm leicht peinlich gewesen, daß sie ihn an seine eigene Jugend erinnert hatte. Ein Chorknabe war Bill nie gewesen, das wußte seine Frau nur zu gut. Aber bei den eigenen Kindern sah man das ja immer anders.
Der rote Wein gluckerte in die Gläser, Bill bediente auch seine Frau, dann prosteten sie sich zu. »Auf daß die edle Jauche Wellen schlug in unserem Bauche.«
Sheila schüttelte den Kopf. »Von wem hast du denn diesen Spruch schon wieder?«
Bill trank erst. »Von wem schon? Von John.«
»Ach ja. Wie dumm von mir, dich danach zu fragen.« Sheila trank auch und aß einige Bissen. »Jetzt, wo du seinen Namen erwähnt hast, wo steckt John eigentlich?«
»In Germany.«
»Ho. Was macht er dort?«
Bill hob die Schultern. Zwischen zwei Bissen gab er die Antwort. Dabei konnte er ein anerkennendes Nicken über den Geschmack des Essens nicht unterdrücken. »Wie ich von Suko erfuhr, turnte er durch einen Wald, Was er genau dort treibt, kann ich dir beim besten Willen nicht sagen. Suko war auch nicht darüber informiert.«
»Ein verhexter Märchenwald?«
»Hör auf mit den Märchen. Davon solltest du doch die Nase voll haben, denke ich.«
»War nur eine Frage.«
»Na ja, jedenfalls erwarten sie ihn heute zurück.« Bill schaute auf die Uhr.
»Das ist gut.«
»Warum?«
»Dann könnten wir heute abend ja ein Glas zusammen trinken. Ich habe jetzt schon Durst.«
»Alki«, sagte Sheila.
»Alles nur in Maßen.«
»Ja, ja.«
Sie aßen weiter. Im Hintergrund dudelte leise das Radio. Plötzlich legte Sheila ihr Besteck zur Seite, ohne die Tarte aufgegessen zu haben. Bill sah es und schaute auf. Auf seinem Teller lag nur noch ein kleiner Rest.
»He, was hast du?«
»Da fällt mir etwas ein.«
»Und?«
»Ich war ja vorhin kurz weg.«
»Habe ich nicht bemerkt.«
»Etwas einkaufen, nicht mehr.«
»Weiter…«
»Warte doch mal ab, was ich dir zu erzählen habe. In der Gegend hat es einen Wasserrohrbruch gegeben. Wir waren für Stunden ohne Wasser.«
»Habe ich auch nicht bemerkt. Wobei ich hoffe, daß jetzt alles wieder okay ist.«
»Ja, ist es«, murmelte Sheila. »Das Wasser schon…«
Bill hatte seinen Teller geleert. Er schaute auf. »Warum hast du das mit einem so komischen Unterton in der Stimme gesagt? Stimmt da etwas nicht?«
»Es gibt ein Problem.«
»Ich höre.«
»Bill, ich weiß es nicht genau, aber du solltest mich schon ernst nehmen, denn ich habe aus zweiter Hand erfahren, daß den Arbeitern an der Baustelle etwas Unheimliches passiert ist. Einer von ihnen will ein Monster gesehen haben, das vor seinen eigenen Augen entstanden ist.«
Bill verzog die Lippen. »Ein Monster?«
»Ja.«
»Wo kam es her? Fiel es nicht doch vom Himmel?«
»Laß bitte die Witze, Bill, denn so witzig ist es nicht. Das Monster bildete sich aus dem Lehm, den die Bauarbeiter aus der Erde geholt hatten. Sie haben ihn neben dem Loch aufgetürmt. Und eben aus diesem Lehmhaufen entstand eine monströse Gestalt mit dem
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