0908 - Das Golem-Trio
gebaut, daß die von ihnen am meisten frequentierten Zimmer zur Gartenseite hin zeigten.
Bill Conolly starrte durch die Scheibe. Er bewegte sich dabei nicht, nur der Garten war für ihn interessant.
Für Sheila ebenfalls, denn als sie hinausschaute, da sah sie, was geschehen war.
An der rechten Seite, vor der Hecke, stand eine mächtige, braune, erdige und lehmige Gestalt.
Der Golem war erschienen!
***
Cigam also!
Ich merkte, wie ich mich innerlich veränderte. Nein, mein Blut verwandelte sich nicht in Eiskörner, das war nur der Vergleich, aber so ähnlich fühlte ich mich. Mich durchströmte eine Kälte, die mich hatte starr werden lassen, und auch das Flugzeug schien sich in eine Eiskammer verwandelt zu haben.
Er hatte sich wieder gemeldet!
Ich nickte vor mich hin, und das Eis auf meinem Rücken schien sich allmählich in flüssiges Wasser zu verwandeln, bevor es gänzlich verschwand.
Cigam war nicht vernichtet. Ich wußte es. Das Kunstgeschöpf des Teufels lebte, und meine Gedanken glitten zurück in die Hauptstadt der Republik Tschechien, wo ich mit diesem vom Teufel geschaffenen Kunstmonstrum zum letztenmal zusammengerasselt war. Da war es uns gelungen, Cigams Sündenfall, eine Kunstfrau namens Altea, zu vernichten. Ich erinnerte mich noch gut an das schreckliche Finale auf dem alten jüdischen Friedhof, wo Alteas Existenz vergangen war, die zudem noch mit der Londoner Mafia zusammengearbeitet hatte.
Cigam aber war entkommen. Dieses Geschöpf, entstanden aus reiner Magie, war uns den berühmten Schritt voraus gewesen, daran hatte Suko und ich nichts ändern können. Lange genug hatte er sich zurückgezogen gehabt, nun aber war er wieder präsent und hatte aus dem Unsichtbaren hervor zugeschlagen. Wer war Cigam?
Man brauchte den Namen nur rückwärts zu lesen, um der eigentlichen Lösung näherzukommen. Aus Cigam wurde das Magic, und er war tatsächlich ein magisches Wesen, hergestellt vom Teufel, der hatte schöpfergleich sein wollen. Dabei waren ihm allerdings einige Fehler unterlaufen, denn Cigam konnte man auf keinen Fall als einen perfekten Menschen bezeichnen.
Für mich war er eine Abstraktion, ein Kunstgeschöpf des Bösen. Er war auch ähnlich mit einem Golem, eine absolut widerliche Kreatur. Dem Bösen war es nicht gelungen, ihn so perfekt zu schaffen, wie es eigentlich hätte sein sollen. Da waren bei seiner Erschaffung die Proportionen in seinem Gesicht verrutscht. Es sah aus wie eine flache Spiegelfläche, die irgendwann einmal zerbrochen worden war, wobei es dem Erbauer nicht gelungen war, die Scherben wieder so zusammenzusetzen, wie es sich gehörte. Es war wirklich nicht mehr als ein Zerrbild mit seinem schiefen Mund, einer strichartigen Nase und den beiden Augen, die selbst in diesem hellgrauen Spiegelflächengesicht noch auffielen.
Sie waren da, einfach so. Kalte, tote Gewässer, völlig blicklos und ohne Gefühl. Wenn es Menschen gab, bei denen die Augen Kälte ausstrahlten, so gehörte Cigam nicht dazu. Diese Augen waren blicklos, tot, und vielleicht erinnerte ich mich deshalb noch so gut daran.
Ich atmete so laut ein und auch wieder aus, daß es andere Passagiere hätten hören müssen, aber das Paar hinter mir kümmerte sich nicht um mich. Die Stewardeß erschien wieder, kam auf mich zu, und ich sah ihr an, daß sie mich nach irgendwelchen Wünschen fragen wollte, doch als sie in mein Gesicht schaute, verschwand das Lächeln auf dem Gesicht, und sie erbleichte.
»Sir, ist etwas mit Ihnen?«
»Warum?«
»Sie sehen etwas mitgenommen aus.«
»Stimmt.«
»Vertragen Sie das Fliegen nicht?«
»Das schon.«
»Möchten Sie einen Cognac?«
»Ich habe schon einen Whisky getrunken, danke.«
»Wie Sie wollen, Sir.« Die junge Frau ging wieder nach vorn, und ich schaute wieder aus dem Fenster.
Ein herrlicher Himmel ohne Wolken. Azurblau leuchtete er. Ich konnte sehr weit schauen, was auf der einen Seite wunderbar war. Auf der anderen aber erschreckte mich diese Endlosigkeit auch, denn sie drückte plötzlich aus, wie klein und winzig ich doch war.
Ich kam mir verloren vor. Eingesperrt in ein Flugzeug, auf dessen Kurs ich keinen Einfluß hatte. Mein Schicksal lag in der Hand des Piloten oder in der des teuflischen Cigam…
Cigam war furchtbar. Das wußte ich. Aber es war einfach zuwenig. Ich hätte mehr von ihm erfahren müssen, von seinen eigentlichen Kräften, die in ihm steckten, die er auch freilassen konnte, um das Grauen zu verbreiten.
Was wollte Cigam?
Er wollte
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