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0909 - Drachentod

0909 - Drachentod

Titel: 0909 - Drachentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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hat.«
    Die Bemerkung traf wie beabsichtigt ins Schwarze. Selbst Lees ungeheure Selbstbeherrschung verhinderte nicht, dass der junge Chinese leicht zusammenzuckte.
    Die Abkehr der ehemaligen Profikillerin von dem Geheimorden wurde von vielen Drachendienern immer noch als Hochverrat angesehen. Immerhin hatte zumindest Meister Shiu inzwischen seinen Frieden mit der jungen Kriegerin geschlossen. Zamorra vermutete, dass das Drachen-Oberhaupt insgeheim eingesehen hatte, dass Chin-Li im Recht gewesen war.
    Das hinderte Meister Shiu freilich nicht daran, immer wieder moralischen Druck auf die Kriegerin auszuüben, damit sie trotzdem ab und zu Missionen für die Bruderschaft übernahm. Ganz würde Chin-Li es wohl nie schaffen, sich aus dem Bann der Drachen zu befreien, dachte Zamorra traurig.
    Lee räusperte sich, bevor er ungewöhnlich förmlich fortfuhr. »Wie Sie meinen. Die Bruderschaft der Neun brachen möchte, dass Sie sich etwas ansehen.«
    »In Hongkong? Das liegt nicht gerade um die Ecke.«
    »Nein, in Paris. Es hat dort einen… Vorfall gegeben, in einem chinesischen Restaurant in einem der Vororte.«
    »Was für ein Vorfall?«, fragte Zamorra.
    »Ein Überfall. Mit sehr vielen Toten. Keiner der Gäste oder Angestellten hat das Massaker überlebt.«
    Zamorra hörte, wie Nicole neben ihm scharf die Luft einsog.
    »Das ist schlimm«, sagte er ernst. »Aber was könnten wir da tun? Bandenkriege sind mehr Ihre Spezialität.«
    »Normalerweise würde ich Ihnen zustimmen, Professor. Aber das war keine normale Auseinandersetzung innerhalb der Triaden.« Lee holte aus einer Jacketttasche eine CD hervor und legte sie vor sich auf den Tisch. »Eine Überwachungskamera hat den Überfall aufgezeichnet. Wie Sie selbst sehen können, fällt die Täterin mehr in Ihren Bereich.«
    ***
    Das Tier schrie in Lin. Es schrie nach dem Blut der Kriegerin, die viele Meter über ihr durch das zerborstene Fenster in den Regen starrte. Lin knurrte leise. Die Metamorphose hatte ihre Sinne geschärft. Trotz der Entfernung sah sie genau, dass Chin-Li sich nur mit Mühe davon abhalten konnte, dem unbekannten Killer durch das Fenster hinterherzustürzen.
    Ja, komm. Spring. Und dann werde ich dein Blut trinken.
    Noch hatte die ehemalige Profikillerin sie nicht entdeckt. Und sie hätte sie wohl auch kaum erkannt. Von der anmutigen jungen Frau, die Simon Wang auf der Suche nach einem schnellen Abenteuer heftig umworben hatte, war nichts mehr übrig geblieben.
    Lins Lippen verzogen sich zu einem raubtierhaften Grinsen, als sie an den entsetzten Blick dachte, mit dem Simon ihre Metamorphose verfolgt hatte. In Sekundenschnelle waren ihr überall Haare gewachsen, bis ihr ganzer Körper mit einem dichten gelben Fell mit schwarzen Streifen bedeckt war. Doch das hatte der Börsenprofi kaum wahrgenommen. Zu sehr verstörte ihn die Transformation ihres Schädels, der sich vor seinen Augen in einen gewaltigen Tigerkopf verwandelte.
    Gierig hatte sie das Fleisch des Analysten zerrissen und sein Blut getrunken. Doch Simon Wang hatte sie nicht befriedigt. Zu viele Drinks, zu viel rotes Fleisch und zu viel Kokain hatten seinen Körper innerlich verfaulen lassen und den Geschmack verdorben.
    Das Blut der Kriegerin dagegen würde kräftig und würzig schmecken. Ein raues Knurren entwich Lins Kehle, als sie nur daran dachte. Das Verlangen in ihr war kaum zu besänftigen, doch dann dachte sie widerwillig an ihren Auftrag. Ihr Herr würde sie grausam bestrafen, wenn sie seine Befehle missachtete. Und die waren eindeutig.
    Töte den Lockvogel. Hinterlasse der Kriegerin den Brief, aber rühre sie nicht an. Du darfst sie auf keinen Fall töten. Hast du verstanden?
    Ja, das hatte sie. Und sie hatte gedacht, es sei kein Problem, sich daran zu halten. Aber jetzt hatte sie, das Blut von Simon Wang getrunken und alles in ihr schrie nach mehr.
    Halt dich zurück , warnte eine innere Stimme. Er wird dich töten, wenn du sie schon hier erledigst. Halt dich an den Plan, deine Chance kommt noch.
    In diesem Moment entdeckte die Kriegerin sie. Die Wertigerin erstarrte, als Chin-Li ihr für eine Sekunde direkt in die Augen sah. Fast automatisch spannte sie ihre Muskeln, bereitete sich darauf vor, die Raubtierzähne in das saftige Fleisch zu bohren.
    Nein. Er wird dich töten. Nicht heute.
    Mit einem Ruck riss Lin ihren Blick los, wandte sich ab und rannte los. Etwas in ihr hoffte, dass Chin-Li die Verfolgung aufnehmen würde. Dann müsste sie sich verteidigen, und…
    Nein, er würde

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