091 - Ein Geist kehrt zurück
suchte das Büro mit wachsendem Unbehagen auf.
Irgend etwas beunruhigte sie. Sie klopfte an die Tür, die in Vance Wingers Büro führte. Seine Sekretärin forderte sie auf, einzutreten. Suzies Nervosität nahm ständig zu.
»Mein Name ist Suzie Trane«, sagte sie mit belegter Stimme. »Ich bin mit Mr. Lane Campas befreundet. Man hat ihm den Blinddarm herausgenommen. Er hätte - nehme ich an - am Freitag entlassen werden sollen. Ich wollte ihn besuchen, aber sein Bett ist leer. Können Sie mir helfen?«
Die blonde Sekretärin musterte sie mit dem selben Blick wie Ken Anderson zuvor. Ernst - irgendwie mitleidig. Es mußte irgend etwas passiert sein!
Dr. Wingers Sekretärin brauchte nicht nachzusehen. Sie wußte über den Fall Campas Bescheid. »Mr. Campas ist letzte Nacht gestorben, Miß Trane. Es tut mir leid.«
Das rothaarige Mädchen riß ungläubig die Augen auf. Sie begriff gar nicht, was die Sekretärin da gesagt hatte. »Gestorben?« fragte sie verwirrt. »Das… das ist unmöglich. Sie müssen sich irren.«
»Leider nein.«
»Aber… aber wie kann er sterben, wo er sich so gut fühlte? Man wollte ihn doch entlassen, am Freitag schon.« Suzie schwankte. Jetzt erst traf sie der Schock. Ihr war, als hätte sich der Boden unter ihren Füßen aufgetan, und eine riesige Eisfaust würde sie umschließen.
Die Sekretärin stand auf und schob ihr schnell einen Stuhl hin. Suzie ließ sich darauf fallen. Ihre Augen schwammen in Tränen. Sie klammerte sich verzweifelt an die Hoffnung, daß ein schrecklicher Irrtum vorlag.
Eine Namensgleichheit! Es gab noch einen zweiten Lane Campas, und der war gestorben!
Aber Lanes Bett war leer gewesen, und sein ungewöhnlicher Name kam wohl in ganz England kein zweites Mal vor. Die Sekretärin mußte den richtigen Lane meinen. Ihren Lane!
Suzie verstand die Welt nicht mehr. Lane war voller Optimismus gewesen. Er hatte sich gut erholt. Wie konnte er plötzlich tot sein? Sie wollte es wissen, aber die Sekretärin sagte, über die Todesursache könne Sie keine Auskunft geben.
Wie vor den Kopf geschlagen saß Suzie da. Sie fühlte sich mit einemmal schrecklich allein. Über Nacht war sie zum einsamsten Menschen von der Welt geworden.
Da Lane keine Verwandten hatte, fragte Suzie heiser, ob sie seine persönlichen Dinge haben könne. Die Sekretärin nannte ihr das Zimmer, wo ihr die Habseligkeiten des Verstorbenen ausgehändigt werden würden.
Wie in Trance erhob sich Suzie und verließ mit schleppenden Schritten das Büro des Chefarztes.
Welche Zimmernummer ihr die Sekretärin genannt hatte, hatte sie nach einer Minute schon wieder vergessen. Sie fragte sich durch.
Und schließlich betrat sie einen nüchternen Raum, in dem sich vier Metallregale befanden. Vor einem großen Schreibtisch blieb sie stehen und stierte die magere schwarzhaarige Frau geistesabwesend an, die zu ihr aufblickte.
»Sie wünschen?«
»Die Sachen von Lane Campas«, hörte sich das rothaarige Mädchen sagen.
»Wann ist er gestorben?«
»Letzte Nacht.«
»Augenblick.«
Die magere Frau erhob sich und ging zu den Regalen. Sie sagte, Suzie hätte etwas mitbringen sollen, wo man die Sachen des Verstorbenen hätte hineinpacken können. Eine Reisetasche oder ähnliches.
»Ich… ich wußte nicht… daß er… Es kam so überraschend«, sagte Suzie. Jedes Wort strengte sie an und schmerzte sie in der engen Kehle.
Die schwarzhaarige Frau legte Lanes Habseligkeiten vor. Suzie kämpfte gegen die Tränen an. Sie mußte unterschreiben, und dann stopfte die Frau alles in einen großen orangefarbenen Nylonsack.
Das Ende eines Menschen. So deprimierend nüchtern sah es aus!
Suzie murmelte einen Gruß und ging. Als sie aus der Klinik trat, vernahm sie zwischen Büschen ein helles Fiepen, und als sie sich umdrehte, entdeckte sie ein graues Fellbündel.
Eine Ratte!
Das Tier kroch ohne Furcht näher. Suzie holte mit dem Nylonsack aus und schlug damit nach der Ratte.
Der Nager flitzte herum und verschwand, und Suzie Trane setzte ihren Weg fort. Daheim holte sie Lanes Habseligkeiten aus dem Sack und legte sie im Wohnzimmer auf.
Unendlich traurig blickte sie sich um. Das war alles, was ihr von Lane Campas geblieben war.
Sie war so unglücklich, daß sie Lane am liebsten in den Tod gefolgt wäre.
»Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt«, zitierte Noel Bannister am Abend diesen wahren Spruch.
»Was ist passiert?« fragte ich den Amerikaner.
»Oh, im Grunde
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