0918 - Höllen-Engel
hatte der junge Polizist dann von Dingen erfahren, die ihm bisher fremd gewesen waren, und er hatte bemerkt, daß Cheryl aus diesem Kreis herauswollte.
»Ich werde dir helfen!«
»Wie?«
»Hast du Vertrauen?«
»Ja!«
»Dann wird alles gut werden!«
Cheryl war skeptisch gewesen. Sie hatte zu bedenken gegeben, daß man sie so ohne weiteres nicht loslassen würde, weil sie einfach zu viel über die Aktivitäten der anderen wußte, aber dafür hatte Dan Walcott nur ein Lächeln übrig gehabt und sie gefragt, ob sie bei ihm für die nächste Zeit wohnen wollte, weil sie dort sicher war.
Spontan hatte sie zugestimmt und war anschließend enttäuscht gewesen, als Dan ihr erklärte, daß er ihr wohl nicht hundertprozentig helfen könnte, er aber jemand wußte, der darauf spezialisiert war.
Er hatte ihr zwei Namen genannt.
John Sinclair und Suko.
Es war zu einem ersten Treffen zwischen Cheryl und mir gekommen, und dann zu einem zweiten, einem wichtigen, bei dem mein Freund Suko nur indirekt beteiligt war, denn er sollte dafür sorgen, daß uns beiden der Rücken freigehalten wurde.
Cheryl Lupa war über ihren eigenen Schatten gesprungen. Es gab jetzt kein Zurück mehr für sie.
Wenn sie erwischt wurde, mußte sie um ihr Leben fürchten.
Aber sie wollte es durchstehen, denn sie hatte erlebt, so kitschig es auch klang, daß die Liebe stärker war.
Wir beide konnten nur hoffen, daß es so blieb…
***
»Nervös?« fragte ich sie.
»Und wie.«
Wir hatten abgemacht, uns zu duzen, deshalb sagte ich: »Das brauchst du nicht zu sein. Wir haben die Sache im Griff.«
Cheryl Lupa schaute mich zweifelnd an. »Dein Optimismus ist ja toll, aber du kennst die nicht.« Sie hob die Schultern und korrigierte sich. »Selbst ich kenne sie nicht genau, obwohl ich ja zu ihnen gehörte. Doch in den inneren Kreis hat man mich nicht hineingelassen. Vielleicht ist das auch gut so.« Sie hob die Schultern. »Ich weiß es selbst nicht.«
»Aber die Ziele der Gruppe kennst du?«
Sie verzog die Lippen. »John, das ist keine Gruppe. Das ist eine Bande, eine brandgefährliche Sekte. Diese Leute sind gefährlich, und an ihrer Spitze steht eine Göttin. Ein Engel, ein Höllen-Engel, wie er auch genannt wird.«
»Eine Göttin also.«
»Ja.«
»Kein Gott und auch kein Götze.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wie ich es dir sagte, es ist eine weibliche Person, die von ihnen verehrt wird. Die ihre Diener oder Leute losschickt. Die Göttin, der Höllen-Engel, will das Grauen, und sie schafft es, die Faszination dessen rüberzubringen. Das ist gewaltig, das ist Wahnsinn, aber leider eine Tatsache.« Sie atmete tief durch und griff nach ihrem beschlagenen Glas, das noch über die Hälfte mit Bitter Lemon gefüllt war.
Ich hatte Kaffee bestellt und schenkte mir aus der kleinen Kanne nach. Dabei beobachtete ich die vor mir sitzende junge Frau. Sie war knapp über Zwanzig. Die Grundfarbe des Haares war nicht mehr zu erkennen. Sie hatte sie sich zu oft gefärbt. Jetzt schimmerten sie silberblond mit schwarzen Strähnen. Ein Fransenpony fiel ihr in die Stirn. Er bildete praktisch das Ende der glatten Haarseite, denn zum Hinterkopf hin war es gelockt. Irgendwie sah der Kopf deshalb aus, als wäre er künstlich geschaffen worden.
Ein schmales Gesicht, in dem dunkle Augen auffielen. Die glatte Stirn, der kleine Mund, die Grübchen in den Wangen. Bis dorthin reichten auch die langen Ohrringe, die wie zwei Spiralen in den Ohrläppchen steckten. An ihren Fingern sah ich keine Ringe. Allerdings hatte Cheryl des öfteren welche getragen, das erkannte ich an den hellen Streifen auf beinahe allen Fingern.
Sie trug enge schwarze Jeans, mit hellen Biesen an den Seiten. Ihre Bluse war violett, die Weste darüber schwarz.
Ich konnte den Kollegen Dan Walcott verstehen, daß er sich in diese Frau verliebt hatte. Beide hatte es wie ein Blitzschlag getroffen, und keiner von ihnen wehrte sich dagegen.
Cheryl setzte das Glas wieder ab. »Tja, jetzt sitzen wir hier und warten, und ich weiß nicht mal, ob das auch eintritt, was wir erwarten, John.«
»Warum sollte es anders sein?«
»Keine Ahnung. Aber sie riechen die Gefahr, John. Das sind Typen, denen kannst du so leicht nichts vormachen. Ich kenne auch kaum Namen, nicht mal den richtigen Namen des Höllen-Engels weiß ich. So weit hat man mich noch nicht vordringen lassen.«
»Aber du weißt, daß sie die Zerstörung wollen.«
»Ja, und den Tod.«
Es war schon etwas seltsam, in dieser Umgebung von Tod und
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