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0919 - Die Rache

0919 - Die Rache

Titel: 0919 - Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ein großer, grüner, einfach nicht aufzuhaltender Schatten, in dem sich zahlreiche Gefahren verbargen, die ein Fremder nicht einschätzen konnte.
    Ludmilla spürte ihren Magen. Er war schwer wie ein dicker Stein.
    Sie merkte auch das Brennen in den Augen, aber Tränen vergoß sie nicht mehr.
    Die Frau schaute nur nach draußen, wo sie den Wald sah und auch den Himmel darüber, der eine nahezu perfekte Bläue zeigte, die bereits eindunkelte, denn die Sonne stand nicht mehr so hoch und verlieh ihm auch nicht den mittäglichen Glanz.
    Wann kam die Dämmerung?
    In der Nähe des Äquators rasch: erst die Dämmerung, dann die blitzschnell folgende Dunkelheit, und danach zeigte sich die Welt verändert.
    Man hatte Ludmilla die Papiere abgenommen. Bei einer Flucht wäre sie nicht weit gekommen, und wenn sie sich an die Behörden wandte, würde man mit ihr kaum Mitleid haben und sie selbst für ihre Lage verantwortlich machen.
    Außerdem kannte sie die Korruption aus ihrem eigenen Land, und hier war es kaum anders. Da steckten die staatlichen Organe mit den mächtigen Bossen unter einer Decke.
    Ihre Chance war minimal.
    Sie dachte an Moskau, an ihr Zuhause, an die Eltern, die sie vor dieser Reise gewarnt hatten. Sie dachte an ihren Job im Krankenhaus, wo sie sehr angesehen war. Alles das würde nicht mehr wiederkehren, das wußte Ludmilla. Es gehörte der Vergangenheit an und war schon jetzt für sie Geschichte.
    Ludmilla merkte, wie die Verzweiflung in ihr hochstieg. Sie würde sich auch nicht mehr wehren können, denn diese Kraft war ihr ebenfalls abhanden gekommen. Sie war kein Mensch mehr, sie war nur ein Stück Vieh, ein Stück Dreck, ein alter Teppich, der als Fußabstreifer diente.
    »Gott im Himmel, was habe ich nur getan? Was habe ich getan? Nichts, gar nichts. Warum gerade ich…?«
    Ihre Worte tropften in die Stille, und wieder spürte sie das Brennen in den Augen.
    Auf einmal zuckte sie zusammen. Zuerst wußte sie nicht, weshalb sie es getan hatte. Irgend etwas mußte ihr aufgefallen sein, und sie schüttelte den Kopf.
    Habe ich etwas gehört?
    Auf diese Frage konnte sie keine Antwort geben, denn um sie herum war es still.
    Auch draußen.
    Aber dort bewegte sich etwas.
    Ludmilla stand am Fenster und hielt den Atem an. Noch einmal wischte sie ihre Augen klar, um sehen zu können, was sich vor dem Haus tatsächlich abspielte.
    Etwas schwebte durch die Luft. Erkennen konnte sie es nicht, weil das Grün des Waldes einfach zu dicht war und einen Großteil des Gegenstandes verschluckte.
    Aber Ludmilla hatte den Eindruck, daß dieser Gegenstand dort nicht hingehörte. Sie wußte auch nicht, woher ihr Interesse kam, aber es gab tief in ihr ein Gefühl der Hoffnung.
    Da kam etwas…
    Zunächst sah sie die Reaktionen auf einen plötzlichen Windstoß, der mit dem Laub der Bäume spielte. Es bewegten sich große Blätter, sie glänzten und schimmerten, gaben einige Lücken frei, die sich sofort wieder schlossen, aber durch eine dieser Lücken hatte der Gegenstand seinen Weg gefunden.
    Jetzt erkannte Ludmilla ihn besser.
    Es war ein Kopf!
    ***
    »Mein Gott!« sagte ich nur.
    »Wieso?«
    »Schau dir das an, Bill!«
    Mein Freund hob nur die Schultern. »Ich kann dich verstehen, John, denn ich habe ähnlich gedacht, als ich dies zum erstenmal sah. Aber das Biomische ist, daß man sich leider daran gewöhnt. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier. Er nimmt das Elend irgendwann als normal hin, so wie er auch den Luxus akzeptiert. Von einigen Ausnahmen natürlich abgesehen, aber die Masse denkt so.«
    Was ich sah, glich einer bösen Kulisse aus einem dieser Endzeit-Filme, wo die Katastrophe schon stattgefunden hatte. Aber wir beide standen nicht vor oder in einer riesigen Leinwand, die Szenerie war leider echt, ebenso auch die Gerüche, die uns umgaben. Sie schmeckten für mich nach Asche, Tod und Verwesung.
    Der Himmel bedeckte alles wie eine blaugraue Decke aus Blei.
    Darunter aber zeichnete sich dieses hügelige Bild ab, nur konnte man nicht von normalen Hügeln sprechen, denn diese hier bestanden aus Müll. Was sich auf den Hügeln bewegte, waren keine Ameisen oder andere Tiere, sondern einfach Menschen, die um die Hügel herum in primitiven Hütten und von dem lebten, was sie in den Müllbergen fanden.
    Das war schon schlimm genug, aber noch schlimmer war der Geruch, der immer vorhanden war. Ich konnte ihn nicht beschreiben, aber wir beide konnten ihn sehen, denn über den Kippen schwebte ein immerwährender Nebel, der selbst

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