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092 - Schreie aus dem Sarg

092 - Schreie aus dem Sarg

Titel: 092 - Schreie aus dem Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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lebendig begraben. Vielleicht hatte er deshalb verfügt, man möge ihn in einem Sarg mit einem Fenster beisetzen.
    Damit er sich bemerkbar machen konnte, falls er noch rechtzeitig zu sich kam. Das Trommeln der Erdbrocken schien ihn geweckt, ins Leben zurückgeholt zu haben.
    Er brauchte einige Sekunden, bis er begriff, wo er war, was mit ihm geschah. Dann verzerrte sich sein Gesicht, und er schrie um Hilfe.
    Gleichzeitig wollte er den Sargdeckel hochdrücken, doch das war nicht möglich, weil er verriegelt war. Quinn schlug mit den Fäusten gegen den gepolsterten Deckel und brüllte wie von Sinnen.
    Die Trauergäste reagierten mit Fassungslosigkeit. Einer starrte den anderen an. Keiner wußte, was in so einem ungewöhnlichen Fall zu tun war. Niemand kam auf die Idee, George Quinn zu helfen.
    Als Mildred Quinn sah, daß ihr Mann noch lebte, war sie einem Nervenzusammenbruch nahe. Sie schwankte, und Barry McQuaide mußte sie wieder stützen, sonst wäre sie zu George in die Grube gefallen.
    »Man muß den Sarg öffnen«, sagte jemand krächzend. »Jemand muß ins Grab hinuntersteigen und den Deckel öffnen, sonst erstickt George noch.«
    Das sieht ihm ähnlich, dachte Mildred verzweifelt. So viele Menschen sterben und werden begraben, und man hört nie wieder von ihnen. Aber George muß von den Toten zurückkehren. Jetzt geht das ganze Martyrium wieder von vorn los.
    Der Totengräber arbeitete seit zwanzig Jahren auf diesem Friedhof, aber ein Scheintoter war ihm noch nicht untergekommen. Jetzt war er der erste, der seine Fassung wiedergewonnen hatte. Er blickte seine beiden Gehilfen an. »Los, helft mir.«
    Sie packten ihn und ließen ihn langsam in das Grab hinunter. Mildred Quinn befürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Zitternd klammerte sie sich an Barry. Aber durfte sie das noch tun? George konnte es durchs Fenster sehen. Er würde sich vielleicht später daran erinnern und Fragen stellen.
    Die Welt stand für Mildred kopf. Nichts schien mehr seine wahre Gültigkeit zu haben.
    Schnaufend bückte sich der Totengräber. Er war dick, und der feiste Bauch war ihm im Weg. George Quinn gebärdete sich im Sarg immer verrückter. Vielleicht hatte er Platzangst. Sie konnte sich zur Panik ausweiten, und diese konnte den Mann umbringen.
    »Bitte beruhigen Sie sich, Mr. Quinn!« schrie der Totengräber. »Sie sind ja gleich frei. Eine Sekunde! Nur eine Sekunde!… Wo ist denn nur der verdammte Riegel?«
    Er fand den ersten, öffnete ihn, suchte den zweiten. Es gab insgesamt drei.
    »Gleich, Mr. Quinn! Einen Augenblick nur noch… Wo ist denn der verfluchte dritte Riegel?«
    Als er ihn endlich entdeckt und geöffnet hatte, drückte der Mann im Sarg den Deckel so wild hoch, daß der Totengräber beinahe die Balance verloren hätte.
    Quinn japste gierig nach Luft. Knallrot war sein Gesicht und blau die bebenden Lippen.
    »Ein Wunder!« sagte jemand. »Es ist ein Wunder geschehen!«
    »Blödsinn. Der Mann war scheintot«, widersprach ihm ein anderer Trauergast.
    »Mr. Quinn, nehmen Sie meine Hand«, sagte der Totengräber. »Himmel, hatten Sie Glück. Wenn Sie eine halbe Stunde später aufgewacht wären… Ich möchte lieber nicht daran denken. Mein Gott, da kriegt man einen Toten zum Beerdigen, und dann ist er gar nicht tot. Ich habe ein ganz scheußliches Gefühl, das kann ich Ihnen sagen. Und was für ein Gefühl werde ich erst bei den nächsten Beerdigungen haben. Ich kann auf einmal nicht mehr sicher sein, daß die Menschen, die ich begraben soll, tatsächlich tot sind. Das ist ja schrecklich.«
    Quinn ergriff seine Hand. Der Totengräber zog ihn aus dem Sarg, und seine Gehilfen halfen ihm, den Mann aus dem Grab zu hieven.
    Mildred wußte, was sie jetzt tun mußte: Sie mußte sich von Barry trennen und ihren Mann umarmen. Sie tat es, und sie weinte dabei, aber es waren keine Freudentränen.
    »George«, preßte sie kaum hörbar hervor.
    »Mildred… Es war entsetzlich dort unten… Es war so eng, so heiß. Ich hatte Angst wie nie zuvor in meinem Leben. Ich dachte, ich würde sterben…«
    »Das muß in die Zeitung«, sagte jemand. »Und den Arzt muß man ins Gefängnis stecken.«
    Niemand beachtete das Mädchen, das zwischen den hohen Grabsteinen erschien. Sie war rothaarig und hatte grüne Augen. Sie trug ein Gewand, das bis zum Boden reichte.
    Es war Yora, die Totenpriesterin. Sie war gekommen, um sich George Quinns Seele zu holen, wie sie es Chet Bosco versprochen hatte. Der Mann würde dabei zum Zombie werden.
    Fast wäre

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